Es steht für Börsianer fest, dass die US-Währungshüter um Jerome Powell am Mittwochabend die lang ersehnte Zinssenkung liefern werden. Denn die Inflationsdynamik in den Vereinigten Staaten zeigt klar nach unten. Allerdings zeigte sich die von Volkswirten besonders beachtete Kernrate zuletzt hartnäckig hoch. Das könnte einen grossen Zinsschritt in Höhe von 50 Basispunkten verhindern - und manchen Marktteilnehmer enttäuschen.
Der September als saisonal schwächster Monat des Jahres könnte für die Anleger demnach holprig bleiben. Allerdings war in der abgelaufenen Woche nicht viel davon zu sehen. Der Dow und Nasdaq 100 erzielten Kursgewinne von insgesamt 2,6 beziehungsweise 5,9 Prozent, der Swiss Market Index kam auf ein Plus von 1,1 Prozent, der deutsche Dax 1,5 Prozent.
«Aktien wandeln auf einem schmalen Grat zwischen Zinssenkungshoffnungen und Wachstumsängsten», sagen die Strategen der Helaba. Bei der EZB gehen einige Börsianer davon aus, dass die Geldpolitik unter EZB-Chefin Christine Lagarde restriktiv bleiben wird und weitere Senkungen erst zum Jahresende anstehen. «Grund dafür ist die nach wie vor erhöhte Inflation, die hauptsächlich auf anhaltenden Preisdruck im Dienstleistungssektor zurückzuführen ist», sagte Pimco-Portfolio-Manager und Zinsexperte Konstantin Veit.
Die EZB hatte ihre Zinswende im Juli eingeleitet und vollzog am Donnerstag den zweiten Zinsschritt nach unten. Der für die Finanzmärkte massgebliche Einlagesatz, zu dem Banken bei der EZB kurzfristig überschüssige Gelder parken, wurde um einen Viertelprozentpunkt auf 3,50 Prozent gekappt. Hinsichtlich des weiteren Vorgehens liess sich Lagarde alle Optionen offen. Die Frage, ob die nächste geldpolitische Lockerung im Oktober oder Dezember erfolgt, dürfte die Anleger entsprechend umtreiben.
«50 Basispunkte müssen her!»
In den USA steht die Fed Experten zufolge unter Druck und darf sich nicht mehr viel Zeit lassen, um das Zinsniveau abzusenken. «Die US-Notenbank verfolgt eine Geldpolitik, die sich an einem 'dualen Mandat' orientiert: stabile Preise und maximale Beschäftigung. Aktuell sieht es so aus, als würde die Notenbank beide Ziele verfehlen», sagt Eckhard Schulte, Vorstandsvorsitzender von MainSky Asset Management. Daher müsse die Fed nun sehr schnell die Zinsen in Richtung neutrales Niveau senken: «50 Basispunkte müssen her!»
Dagegen spreche allerdings, dass die Fed sich damit eingestehen würde, die Abschwächung der Konjunktur unterschätzt zu haben, sagen die Strategen der LBBW. «Und ein solches Signal könnte die Märkte verunsichern, wenn unterstellt wird, dass die Fed die Lage als kritisch einschätzt.» Viele Ökonomen erwarten deshalb nur eine Senkung um einen Viertelprozentpunkt. Seit Juli 2023 liegt der Schlüsselsatz in der Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent.
Weiteren Aufschluss über die Konjunktur liefert der Empire-State-Manufacturing-Index am Montag sowie die Einzelhandelsumsätze, die Industrieproduktion und der Baugewerbe-Index am Dienstag. Am Donnerstag steht zudem der Philadelphia-Fed-Index an. Insgesamt sollte sich mit den Daten das Szenario eines «soft landings» der US-Wirtschaft bestätigen, so dass davon keine Signale eines forcierten Kurses der Fed ausgehen sollten, sagen die Helaba-Strategen.
Am Donnerstag wird die Bank of England über den Zins entscheiden. Experten gehen davon aus, dass die Notenbank die Füsse diesmal stillhalten wird. «Allerdings ist dies wohl lediglich eine Atempause», heisst es bei der Helaba. «Die Kerninflation sollte sich weiter verringern und damit die Tür für mehr Lockerungen öffnen.» Auch bei der am Freitag tagenden Bank of Japan werden keine Änderungen erwartet.
Bei den Unternehmen dürften Anleger die im Zentrum von Übernahmespekulationen stehende Commerzbank im Blick behalten. Unicredit hat neun Prozent erworben und wirbt für ein Zusammengehen der beiden Institute. Die Bundesregierung ist einem Insider zufolge nicht grundsätzlich dagegen. Anleger setzen bereits auf eine Fusion: Die Aktien des zweitgrössten börsennotierten deutschen Geldinstituts sind in der abgelaufenen Woche um rund 21 Prozent gestiegen.
(Reuters)
1 Kommentar
50pb würde eine falsche Erwartungshaltung erzeugen. Im Prinzip sind schon 25bp mehr eine Konsession an die Aktienmärkte als makroökonomisch wirklich indiziert.
Ich wünsche mir dennoch 50bp, gegen meinen Sachverstand, weil ich will sehen, wie der Orange rot anläuft und sich sein Kopf danach blutentleert, nachdem die Börsen bei 50bp so kurz vor der Wahl nach oben springen. Er wird täubele wir ein Dreijähriger, der Randensalat essen muss.