11. Juli 2015, 16.11 Uhr: Sanft fährt der ICN der SBB in Lugano Richtung Zürich ab. Nach 30 Sekunden rutscht mein Handy zwischen der Sitzlehne und der Seitenwand weg und verschwindet unauffindbar. Aber halt: Da ist doch ein Loch, ein Schlitz in diesem Heizungs-Schutzgitter – dort muss es sein. Unerreichbar.

Ich melde mein Malheur dem Zugführer. Kein Problem. Der Zug habe in Zürich 20 Minuten Aufenthalt, er bietet einen Techniker auf. Keine 30 Sekunden nach der Ankunft stürmt ein Techniker mit Werkzeugkasten in den Wagen. "Hoppla",  sagt er, "in dem Loch sind noch zwei andere Handys!" Leider könne er aber nichts
ausrichten, weil er sonst die ganze Sitzreihe rausreissen müsste. Aber der Wagen werde in zehn Tagen revidiert, da werde man die Handys rausholen können. Der Zugführer notiert meine Koordinaten.

Am nächsten Tag zum Swisscom-Center beim Kreuzplatz. Ob ich jetzt gleich das Modell der nächsten Generation kaufen könne, mit der gleichen Nummer wie das verschwundene, inklusive den beiden Accounts für den Mail-Verkehr? In zehn Minuten ist alles parat, sagt mir ein flinker Typ mit kosovarischem Migrations-Hintergund. Wir reden natürlich dann noch über den "Schweizer" Fussball.

Am 21. Juli schreibt mir Frau Anitta Schneller von der Swisscom Kundenbetreuung: "Die SBB hat uns informiert, dass Ihr NATEL gefunden wurde." Ich solle doch die Nummer 051 225 78 10 anrufen, täglich von 7:00 Uhr bis 22:00 erreichbar, und die Referenznummer F15-056974 nennen.

Das mache ich natürlich sofort. Ein freundlicher Walliser nimmt ab. Ich verstehe ihn trotzdem ganz gut. Besonders, weil er mir sagt, ich solle ihm mitteilen, bei welchem Bahnhof ich mein Handy denn gerne abholen möchte. Ich frage mich: Ist das für eine Radio-Sendung "Verstecktes Mikrofon"? Erst recht, als er darauf hinweist, falls ich irgend ein SBB-Abo hätte, die Gebühr statt 20 nur 10 Franken betrage. Ich stottere ungläubig: "Ja, also, eigentlich am liebsten beim Bahnhof Zürich-Tiefenbrunnen." Und was sagt da der Bursche: "Isch güet!"

Am 24. Juli, 15:56 Uhr, erhalte ich ein SMS von der SBB, ich könne meinen "verlorenen Gegenstand" ab 27.07. 2015 09:00 Uhr am Bahnhof ZÜRICH-TIEFENBRUNNEN abholen. Was ich tue und dem gemütlichen Koloss von Schalterbeamten 10 statt der üblichen 20 Franken im Tausch mit meinem Handy rüberschiebe. 

Ich danke ihm überschwänglich. Er reagiert erfreut und lakonisch: "Na ja, das war doch wieder mal eine gute Nachricht von den SBB!"

Wäre nicht eine Glasscheibe zwischen uns gewesen, hätte ich ihn ob des coolen Spruchs geküsst. Geliebt habe ich aber einmal mehr unser Land, in dem so etwas möglich ist.