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Mitte Dezember schoss der Kurs der Santhera-Aktien von 56 Rappen in der Spitze auf über 2 Franken – bevor sich die Erdanziehungskraft wieder bemerkbar machte. Es dürfte vor allem der geringen Nachrichtendichte geschuldet sein, dass dieses Kursfeuerwerk medial ziemlich ausgeschlachtet wurde.
Da der für ValuationLab tätige Analyst Bob Pooler in einer Unternehmensstudie zeitnah auf einen risikobereinigten Nettobarwert sämtlicher Wirkstoffe kam, der beim Zehnfachen des damaligen Aktienkurses lag, galt er ziemlich rasch als Urheber des Kursfeuerwerks. Dass Santhera selbst Auftraggeberin der Studie war, schien dabei nicht von Bedeutung.
Nun flattert mir eine Studie zu Kinarus Therapeutics ins Haus - einem weiteren kleinen Pharmaunternehmen aus der Schweiz. Mit einem Börsenwert von rund 15 Millionen Franken ist dieses nochmals deutlich kleiner als Santhera. Den fairen Wert beziffert der Autor Andy Smith von Equity Development mit 96 Millionen Franken oder 9 Rappen je Aktie. Das wiederum liegt weit über dem letztbezahlten Kurs von 1,28 Rappen und kommt einer verkappten Kaufempfehlung gleich.
Gestern Dienstag kam dank dieser Studie mal eben schnell Bewegung in den Aktienkurs. Der Tagesumsatz in Höhe von gerade einmal 25'000 Franken zeigt allerdings, wie gefährlich eng der Markt in diesen Aktien ist.
Wie ValuationLab bietet auch Equity Development sogenanntes "Bezahl-Research" an. Gerade Kleinstunternehmen bleibt oft gar nichts anderes übrig, als ihre Aktien durch einen dieser Anbieter gegen Bezahlung mitverfolgen zu lassen. Ich bleibe deshalb bei meiner Einschätzung, dass solch hohen Kurszielen oder Fair-Value-Berechnungen aus Anlegersicht mit äussester Vorsicht begegnet werden sollte.
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Auch bei uns in der Schweiz geht das Jahr 2022 als einer der launischsten Aktienjahrgänge überhaupt in die Geschichte ein. Knapp 17 Prozent büsste der breit gefasste Swiss Performance Index (SPI) zwischen Januar und Dezember ein. Nicht eben wenige Aktien hatten allerdings sehr viel höhere Kursverluste zu beklagen. Das gilt insbesondere für jene aus der zweiten und dritten Reihe – ich denke da etwa an die Valoren des Bauchemieherstellers Sika, des Risikokapitalspezialisten Partners Group oder der Versandapotheke Zur Rose.
Die Liste der letztjährigen Schlusslichter liest sich beinahe wie das "Wer-ist-Wer" der Börsenüberflieger der Jahre zuvor. Selten zuvor lagen Erfolg und Misserfolg näher beieinander als in den vergangenen 12 Monaten: Viele Verlierer standen einigen wenigen Gewinnern gegenüber.
Wer auch nur annähernd mit dem Gesamtmarkt mithalten konnte, durfte sich glücklich schätzen – getreu dem Motto: Unter den Blinden ist der Einäugige König.
Bilanz der letzten Jahre
Jahr | Aktienfavoriten | SPI |
2013 | +40,1 Prozent | +23,9 Prozent |
2014 | +11,4 Prozent | +15,2 Prozent |
2015 | + 4,1 Prozent | + 2,4 Prozent |
2016 | - 3,7 Prozent | - 1,7 Prozent |
2017 | +23,6 Prozent | +20,1 Prozent |
2018 | - 19,1 Prozent | - 8,8 Prozent |
2019 | +25,4 Prozent | +30,6 Prozent |
2020 | + 9,8 Prozent | + 3,1 Prozent |
2021 | +10,0 Prozent | +23,4 Prozent |
2022* | - 17,2 Prozent | - 16,5 Prozent |
* Kurse vom 30. Dezember 2022
Meine Aktienfavoriten für 2022 konnten im Dezember – und damit quasi in letzter Minute – noch Boden auf den SPI gutmachen. Mit einem Minus von 17,2 Prozent hinkten sie dem um 16,5 Prozent tieferen Vergleichsindex letztlich nur leicht hinterher.
Dennoch bin ich ziemlich enttäuscht über diese Bilanz, erwischte ich mit Zurich Insurance, Holcim und Novartis doch immerhin drei der vier SMI-Jahresgewinner. Gleichzeitig legte ich mir mit den Valoren von Credit Suisse und Zur Rose aber auch zwei ziemlich faule Eier ins Nest. Alleine diese beiden Aktien kosteten mich satte 15 Prozentpunkte an Performance. Mit anderen Worten: Ohne diese beiden Sorgenkinder wäre die Gesamtentwicklung meiner Aktienfavoriten nur leicht rückläufig gewesen. Asche über mein Haupt.
Zusammensetzung der Aktienfavoriten per Ende November:
Titel | Anzahl | Einstand | akt. Wert* | Erfolg | G/V |
Barmittel | 2'001 | ||||
Credit Suisse N | 1'351 | 8,42 | 3'734 | - 7'644 | - 67,2 Prozent |
Holcim N | 223 | 46,57 | 10'677 | + 292 | + 2,8 Prozent |
Logitech N | 134 | 71,65 | 7'746 | - 1'955 | - 20,4 Prozent |
Novartis N | 80 | 80,50 | 6'687 | + 248 | + 3,8 Prozent |
Sika N | 30 | 198,35 | 6'651 | + 701 | +11,8 Prozent |
Zurich Insurance N | 23 | 402,80 | 10'173 | + 909 | + 9,8 Prozent |
Cembra Money N | 86 | 66,29 | 6'613 | + 912 | +16,0 Prozent |
Helvetia N | 65 | 107,82 | 7'007 | - 1 | - 0,0 Prozent |
Medmix N | 222 | 17,03 | 3'907 | + 126 | + 3,4 Prozent |
Oerlikon N | 1'444 | 8,66 | 8'751 | - 3'760 | - 30,1 Prozent |
Stadler Rail N | 223 | 38,39 | 7'314 | - 1'246 | - 14,6 Prozent |
Zur Rose N | 47 | 179,02 | 1'201 | - 7'213 | - 85,7 Prozent |
Total | 82'363 | - 17,2 Prozent |
* Schlusskurse vom 30. Dezember 2022
Ein Blick auf die Kursentwicklung der zu Jahresbeginn genannten Aktienempfehlungen der Banken zeigt übrigens, dass ich in guter Gesellschaft bin. Die 14 Aktienfavoriten der Bank Vontobel etwa büssten 18 Prozent ein, die von der UBS ins Feld geführten Valoren von Georg Fischer, Oerlikon, Richemont, Sonova und Stadler Rail verloren gar 23,5 Prozent und die von Barclays angepriesenen Aktien von Barry Callebaut, Nestlé, Sika und Swatch Group gaben immerhin um 18,7 Prozent nach. Ein kleines Lob gebührt den Briten trotzdem, hatten sie zeitnah doch entschieden von jenen von Givaudan und AMS Osram abgeraten. Obwohl sie das auch vom Schwergewicht Novartis taten, büssten diese drei Aktien von Januar bis Dezember durchschnittlich mehr als 32 Prozent ein. Ehre, wem Ehre gebührt.
Schauen wir doch mal, wie sich die Banken im neuen Jahr so schlagen werden. An Kaufempfehlungen mangelt es jedenfalls nicht, sind auf den Empfehlungslisten der Banken für 2023 doch nicht weniger als 45 verschiedene Schweizer Aktien zu finden. Die Auswahl reicht von "A" wie ABB über "H" wie Holcim oder "M" wie Meyer Burger bis hin zu "Z" wie Zurich Insurance.
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