Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Schauen Sie sich doch auch das neue Tracker Zertifikat auf die Schweizer Aktienfavoriten des cash Insider an.

+++

Schmerzhafte Kursverluste, wohin man auch immer schaut. Treffender liesse sich der Juni aus Sicht der Aktienanlegerinnen und Anleger wohl kaum umschreiben. Der Swiss Market Index (SMI) konnte aufs Monatsende hin zwar etwas Boden gutmachen. Nichtsdestotrotz büsste das renommierte Börsenbarometer mal eben schnell um die 7 Prozent ein. Selbst die Dividendenabgänge aufgerechnet, kommt man seit Jahresbeginn auf ein sattes Minus von 13 Prozent.

Es ist nicht länger nur der Teuerungsschub, der für Verunsicherung sorgt. Denn mittlerweile gibt es auch Anhaltspunkte, wonach sich die konjunkturellen Aussichten zuletzt eingetrübt haben. Einige Vorlaufindikatoren lassen gar darauf schliessen, dass die Konsumausgaben regelrecht wegbrechen. Die Gleichung ist denkbar einfach: Steigen die Lebenshaltungskosten, bleibt Ende Monat eben kaum noch Geld für andere Dinge übrig.

Zugegeben: Die Konsumentenpreise haben sich zuletzt etwas stabilisiert, wenn auch auf einem noch immer hohen Niveau. Bei unseren deutschen Nachbarn lag der Konsumentenpreisindex im Juni um 7,6 Prozent über dem Stand vom Vorjahr. Das entspricht einem leichten Rückgang gegenüber dem im Mai gemessenen Wachstum von 7,9 Prozent.

Dennoch wäre es verfrüht, deswegen nun in Jubel zu verfallen. Ohne die steuerliche Entlastung an der Zapfsäule und anderen staatlichen Eingriffen hätte die Entwicklung vermutlich ganz anders ausgeschaut. Ausserdem wären da noch die Produzentenpreise. Diese lagen im Mai um 33,6 Prozent über dem Stand von vor einem Jahr. Man braucht keinen Abschluss in Volkswirtschaftslehre in der Tasche zu haben, um erahnen zu können, dass viele Unternehmen die stark gestiegenen Herstellkosten früher oder später über Preiserhöhungen weitergeben werden. Wie sich die Produzentenpreise in Deutschland im Juni entwickelt haben, erfahren wir übrigens in gut zwei Wochen.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018- 19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019+25,4 Prozent+30,6 Prozent
2020+  9,8 Prozent+  3,1 Prozent
2021+10,0 Prozent+23,4 Prozent
2022*- 17,5 Prozent- 16,4 Prozent

* Kurse vom 30. Juni 2022

In weniger als zwei Wochen läutet hierzulande der Risikokapitalspezialist Partners Group die Unternehmensberichterstattung fürs zweite Quartal ein. Und mit ihr naht die Stunde der Wahrheit. Schon die ersten paar Zahlenkränze werden wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, ob und welchen Firmen es auch im zweiten Quartal möglich war, Kostenschub über Preiserhöhungen an die Abnehmer weiterzugeben. Die Akzeptanz war zumindest zwischen Januar und März verblüffend gross.

Zum Thema Unternehmensberichterstattung hielt ich kürzlich folgendes fest:

Dass uns die eine oder andere dicke Überraschung erwartet, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Ich selber rechne aber nicht nur mit negativen Überraschungen, sondern durchaus auch mit der einen oder anderen positiven Überraschung – wenn man den Aussagen einiger Unternehmen an der diesjährigen Swiss Equity Conference des amerikanischen Brokers Stifel von vor wenigen Wochen Glauben schenken darf. Prädikat: Erleuchtend.

Die Firmenlenker von Flughafen Zürich, Holcim, Implenia, Komax, Kühne+Nagel oder Sika gaben sich nämlich fast schon ausgelassen und zeigten sich sogar bis weit über das laufende Jahr hinaus optimistisch - sofern es sich dabei denn nicht bloss um Zweck-Optimismus handelt. In wenigen Wochen wissen wir mehr.

Nicht ganz vier Monate ist es her, dass die Charttechniker der Credit Suisse um David Sneddon beim SMI vor einem Verkaufssignal, auch bekannt als "Schulter-Kopf-Schulter"-Formation, warnten. Und um auf Worte auch Taten folgen zu lassen, straften sie das Börsenbarometer auf einen Anlagehorizont von drei bis sechs Monaten von "Positive" auf "Neutral" herunter.

Ich warnte damals:

...und erklärte...

Als der SMI Mitte Juni auf 10'350 Punkte fiel, wurde dabei auch die bei rund 10'500 Punkten verlaufende Nackenlinie der besagten "Schulter-Kopf-Schulter"-Formation verletzt. Dabei handelte es sich rückblickend allerdings um ein Fehlsignal, rettete sich das Börsenbarometer – wie durch ein Wunder – wieder darüber zurück.

Die SMI-Entwicklung über die letzten fünf Jahre zeigt eine grosse Schulter-Kopf-Schulter-Formation (Quelle: www.cash.ch)

Unheil abgewendet? Nur wenn sich der SMI in den kommenden Wochen über der Nackenlinie zu halten vermag. Momentan verläuft letztere leicht abfallend bei 10'430 Punkten. Das Ziel der "Schulter-Kopf-Schulter"-Formation liegt dem Lehrbuch zufolge bei etwa 9250 Punkten.

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel        4'176,82  
Credit Suisse N  1'310     8,56      7'100,20-  4'108,57- 36,65 Prozent
Holcim N      327   46,57    13'357,95-  1'869,99- 12,28 Prozent
Logitech N      128   74,46      6'383,36-  3'147,80- 33,03 Prozent
Novartis N      113   80,50      9'136,05+       39,72+   0,44 Prozent
Zurich Insurance N        23402,34      9'549,60+     295,70+   3,20 Prozent
Cembra Money N      117  66,29      7'979,40+     223,38+   2,88 Prozent
Helvetia N        67107,82      7'483,90+     260,05+   3,60 Prozent
Oerlikon N  1'303     8,92      8'658,43-  2'958,77- 25,47 Prozent
Stadler Rail N      211  38,93      6'553,66-  1'659,80- 20,21 Prozent
Zur Rose N        47179,02      3'367,55-  5'046,24- 59,98 Prozent
      
Total      83'746,92 - 17,51 Prozent

* Schlusskurse vom 30. Juni 2022

Kommen wir nun auf meine Schweizer Aktienfavoriten für 2022 zu sprechen. Nach einem ziemlich enttäuschenden Juni errechnet sich für die ersten sechs Monate durchschnittlich ein Minus von 17,5 Prozent. Dem steht ein um 16,4 Prozent tieferer Swiss Performance Index (SPI) gegenüber. Dass das Börsenbarometer nicht noch schwächer abschneidet, ist den drei Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis zu verdanken. Gemeinsam tragen sie rund die Hälfte zur Gesamtkapitalisierung bei.

Die Zwischenbilanz für die ersten sechs Monaten ist enttäuschend, da gibt es nichts schönzureden. Auf Substanzwerte sowie auf Aktien von Unternehmen mit einer hohen Preisgestaltungsmacht zu setzen, hat sich trotz steigenden Zinsen bisweilen nicht bezahlt gemacht. Ich bin aber noch immer zuversichtlich, dass meine Aktienfavoriten in der zweiten Jahreshälfte gegenüber den Indexschwergewichten und damit auch gegenüber dem SPI Boden gutmachen können.

Performance kosteten mich nicht zuletzt die Aktien von Zur Rose. Seit Jahresbeginn gingen alleine auf dieser Titelposition 5 Prozentpunkte in Rauch auf. Die Leerverkäufer haben mit ihren Wetten gegen die Versandapotheke momentan aber auch ein gar leichtes Spiel.

Die Rechnung dieser Spekulanten ist denkbar einfach: Durch die Verzögerungen bei der Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland wird das Unternehmen früher oder später noch einmal frisches Eigenkapital benötigen. Und je tiefer die Kurse zu diesem Zeitpunkt dann liegen, desto grösser die Verwässerung für alle bisherigen Aktionäre. Da überrascht nicht, dass die Leerverkäufer mittlerweile mit mehr als 30 Prozent aller ausstehenden Aktien auf tiefere Kurse wetten. Die vielen ausstehenden Derivate erweisen sich bei Zur Rose als trendverstärkend und sorgen für eine regelrechte Abwärtsspirale. Mit dem eigentlichen Tagesgeschäft hat das nicht mehr viel zu tun.

Unter Verkaufsdruck standen zuletzt auch die Valoren von Holcim. Die Angst vor einem weltweiten Wirtschaftsabschwung hinterliess tiefe Spuren in der Kursentwicklung. Ob zu Recht oder nicht, bleibe mal dahingestellt. Fakt ist, dass der Konzernumbau unter Firmenchef Jan Jenisch flott vorankommt. Ich bin neugierig was mit den rund 6 Milliarden Dollar geschieht, die dem Weltmarktführer aus dem steuergünstigen Zug aus dem Verkauf des Indien-Geschäfts zufliessen werden. Der Zeitpunkt für ergänzende Firmenübernahmen in künftigen Wachstumsfeldern scheint mir jedenfalls günstig.

Ein Sorgenkind bleibt die Credit Suisse. Rückblickend ist es der Grossbank anlässlich des Investorentages von vergangener Woche nicht gelungen, zu überzeugen. Sowieso verkam der Investorentag zur blossen "PR-Nummer". Auf den Verwaltungsratspräsidenten Axel Lehmann und seinen Firmenchef Thomas Gottstein wartet viel Arbeit. Die Antwort auf die Frage, wie sie der Ertragserosion entgegenwirken wollen, bleiben sie schuldig.

Dass bahnbrechende Neuigkeiten ausblieben, schliesst das Thema Kapitalerhöhung allerdings mit ein. Die Grossbank machte jedenfalls den ganzen Investorentag über keine Anstalten, die Aktionärinnen und Aktionäre um zusätzliches Geld zu bitten. Das wiederum dürfte den Spekulanten zumindest ein bisschen den Wind aus den Segeln nehmen.

Ich nehme den Quartalswechsel diesmal nur zum Anlass für kleinere Anpassungen. Die neuen Gewichtungen lauten wie folgt: Taktische Liquidität 5 Prozent, Holcim 16 Prozent, Zurich Insurance 12 Prozent, Novartis 11 Prozent, Oerlikon 10,5 Prozent, Helvetia 9 Prozent, Logitech 8,5 Prozent, Credit Suisse 8,5 Prozent, Stadler Rail 8 Prozent, Cembra Money Bank 7,5 Prozent und Zur Rose 4 Prozent.

Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass das hiesige Handelsgeschehen in den nächsten Wochen und Monaten launisch bleibt. Das Schwergewicht bei meinen Aktienfavoriten bleibt deshalb auf Aktien von Unternehmen mit einer starken Preisgestaltungsmacht wie Novartis, Holcim, Zurich Insurance, Logitech, Helvetia oder Oerlikon.

Transaktionen Aktienfavoriten 2022

DatumTitel AnzahlKurs Total
30.12.2021Oerlikon NKauf1'060    9,43Franken  9'995,80-
30.12.2021Zur Rose NKauf      22230,57Franken  5'072,54-
30.12.2021Cembra NKauf    113  66,14Franken  7'473,82-
30.12.2021Stadler Rail NKauf    188  39,94Franken  7'508,72-
30.12.2021Helvetia NKauf      70107,49Franken  7'524,30-
30.12.2021Logitech NKauf      97  77,32Franken  7'500,04-
30.12.2021Credit Suisse NKauf1'122  8,907Franken  9'993,65-
30.12.2021Zurich IG NKauf      25400,70Franken10'017,50-
30.12.2021Holcim NKauf    322  46,62Franken15'011,64-
30.12.2021Novartis NKauf    186  80,67Franken15'004,62-
07.03.2022Oerlikon NKauf    223    6,63Franken  1'478,49-
07.03.2022Zur Rose NKauf      29133,65Franken  3'875,85-
07.03.2022Stadler Rail NKauf      22  30,08Franken      661,76-
07.03.2022Helvetia NVerkauf        8  96,65Franken     773,20+
07.03.2022Logitech NKauf      34  65,52Franken  2'227,68-
07.03.2022Credit Suisse NKauf   190    6,46Franken  1'227,40-
07.03.2022Zurich IG NVerkauf        3380,80Franken  1'142,40+
07.03.2022Holcim NVerkauf      11  40,16Franken     441,76+
07.03.2022Novartis NVerkauf      86  75,92Franken  6'529,12+
08.03.2022Novartis NKauf        3  74,21Franken      222,63-
08.04.2022Zurich IG NKauf        1438,50Franken      438,50-
08.04.2022Oerlikon NKauf      42     6,78Franken      284,76-
24.04.2022Cembra NKauf        4   70,55Franken      282,20-
03.05.2022Helvetia NKauf        2118,50Franken      237,00-
09.05.2022Credit Suisse NKauf     16     6,50Franken      104,00-
09.05.2022Holcim NKauf     15   45,50Franken      682,50-
09.05.2022Stadler Rail NKauf       3   34,38Franken      103,14-

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.