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Auch am Schweizer Aktienmarkt ist das Handelsgeschehen so launisch wie noch selten. Willkürliche Kursbewegungen sind an der Tagesordnung. Das mag einerseits mit den sommerlich dünnen Geld-und Briefkursen, andererseits aber auch mit Portefeuille-Anpassungen mächtiger Grossinvestoren aufs Quartalsende hin zu tun haben. Erste grössere Anpassungen waren übrigens schon um den grossen Derivatverfall vom Freitag vor einer Woche herum zu beobachten. Damals trafen diese allerdings noch auf verfallsbedingt üppige Handelsvolumina.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass schwächere Börsentage noch immer neue Anlagegelder anlocken. Wie die amerikanische Grossbank Goldman Sachs vorrechnet, müssen dortige Privatanleger und Unternehmen im weiteren Jahresverlauf noch einmal zusätzliche 500 Milliarden Dollar in Aktien fliessen lassen. Bei geschätzten 5500 Milliarden Dollar an, die seit Wochen geduldig an der Seitenlinie verharren und auf Gelegenheiten warten, überraschen mich solche Prognosen herzlich wenig.

Dass der Swiss Performance Index (SPI) zuletzt neue Rekorde schrieb, hat er – man glaubt es kaum – ausgerechnet den Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis zu verdanken. Von den 650 Punkten, um die das Börsenbarometer im Juni stieg, gehen immerhin rund 600 Punkte auf deren Konto.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018- 19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019+25,4 Prozent+30,6 Prozent
2020+  9,8  Prozent+  3,1 Prozent
2021*+11,5  Prozent+15,1 Prozent

* Kurse vom 30. Juni 2021

Derweil bekunden viele der hiesigen Zykliker und Finanzwerte sichtlich Mühe. Gerade die Valoren von Zurich Insurance konnten sich seit dem Dividendenabgang von Anfang April nie mehr richtig fangen. Nicht viel besser erging es jenen von Helvetia. Wer firmenspezifische Gründe dahinter vermutet, der irrt. So wie diesen beiden dividendenstarken Valoren erging es zuletzt auch vielen anderen Versicherungswerten. Es macht fast den Anschein, als würden ausländische Grossinvestoren derzeit einen grossen Bogen um dieses ansonsten stets beliebte Titelsegment machen.

Kein Wunder also, hinken meine Schweizer Aktienfavoriten für 2021 mit einem Plus von 11,5 Prozent seit Ende Dezember dem um 15,1 Prozent höheren SPI mittlerweile ziemlich deutlich hinterher. Nach der Lancierung des Tracker Zertifikats im März hatte ich zuerst kein Glück (stagnierende Substanzwerte) - und dann kam auch noch Pech (steigende Indexschwergewichte) dazu...

Allerdings sehe ich im weiteren Jahresverlauf gerade bei den Versicherungsaktien einen nicht unerheblichen Nachholbedarf. Dasselbe gilt für Valoren wie jenen von Oerlikon oder Holcim.

Letzte Positionen Aktienfavoriten (vor dem "Rebalancing")

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel        8'038,79  
Credit Suisse N      576  11,34      5'582,59-     948,90-    14,53 Prozent
Holcim N      306   48,51    16'983,00+ 2'140,21+   14,42 Prozent
Lonza N        16528,40    10'492,80+ 2'038,40+   24,11 Prozent
Nestlé N      158103,01    18'204,76+ 1'929,64+   11,86 Prozent
Zurich Insurance N        28373,02    10'393,60-        51,05-      0,49 Prozent
Helvetia N        76  91,94      7'562,00+     574,90+     8,23 Prozent
Landis+Gyr N      129  63,60      8'591,80+     120,60+     1,42 Prozent
Meyer Burger N12'725    0,39      7'246,89+ 2'321,18+   47,12 Prozent
Oerlikon N  1'025    9,08    10'516,50+ 1'208,32+   12,98 Prozent
Stadler Rail N      247  40,18    10'047,96+    123,04+     1,24 Prozent
      
Total   113'660,69 +     9,03 Prozent

* Schlusskurse vom 30. Juni 2021

Nachstehend möchte ich nun noch etwas detaillierter auf einige Einzelpositionen eingehen:

Nestlé (neue Gewichtung: 17,5 Prozent)

20 lange Monate sollte es dauern, bis die Aktien von Nestlé zum Rekordhoch von Anfang September letzten Jahres bei 113,20 Franken aufschliessen können. Vor wenigen Tagen war es dann soweit. Zuletzt kosteten die Papiere des Nahrungsmittelkonzerns aus Vevey in der Spitze sogar fast 117 Franken. Allerdings bewegt sich das Plus seit Jahresbeginn mit knapp 12 Prozent weiterhin bloss im Rahmen des breiten Marktes.

In Erwartung eines starken zweiten Quartals und einer Erhöhung der diesjährigen Wachstumsvorgaben räume ich dem Indexschwergewicht bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für 2021 neuerdings ein Gewicht von 17,5 Prozent ein. Die Anpassung geht vorerst zu Lasten der taktischen Barmittel.

Mein Optimismus gründet nicht zuletzt auf der wachsenden Bedeutung des Onlinevertriebs. Nach einem flotten organischen Wachstum von fast 40 Prozent im ersten Quartal ist dieser Vertriebskanal mittlerweile für fast 15 Prozent des Gruppenumsatzes verantwortlich – Tendenz steigen. Man könnte schon fast sagen, dass Nestlé auf den Spuren von Onlinegiganten wie Amazon.com wandelt.

Fantasie geht zudem vom L'Oréal-Paket aus. Denn obwohl das Aktienpaket mittlerweile fast 60 Milliarden Franken wert ist, führen es die Waadtländer bloss mit 9 Milliarden Franken in der Bilanz auf. Weshalb schüttet Nestlé diese Aktien nicht einfach den eigenen Aktionärinnen und Aktionären als Sachdividende aus? So könnte jeder selber für sich entscheiden, ob er an diesen festhält oder nicht.

Holcim (Gewichtung: 15 Prozent)

Während andere Bauzulieferaktien wie etwa diejenigen von Sika von einem Kursrekord zum nächsten klettern, bekunden jene von Holcim schon seit Wochen sichtlich Mühe. Das überrascht nicht, haben die langjährigen Lafarge-Ankeraktionäre Albert Frère und Paul Desmarais ihr Aktienpaket doch zeitnah reduziert. Es gibt mittlerweile sogar Anhaltspunkte dafür, dass die beiden Pargesa-Gründer ganz ausgestiegen sind.

Der Mai war erst wenige Tage alt, als sich Grossaktionäre auf den Zeitpunkt unmittelbar vor dem Dividendenabgang als Verkäufer von Aktien zu erkennen geben mussten. Das auch nur, weil damals der meldepflichtige Schwellenwert von 5 Prozent unterschritten wurde. Zuletzt hielten Frère und Desmarais keine 3 Prozent mehr. Zur Erinnerung: In der Spitze hielten die beiden einst sogar fast 10 Prozent an Holcim.

So bleibt mir nichts anderes übrig, als den nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionären von Holcim zu wünschen, dass nun Ruhe ins Aktionariat kehrt. Auch meinen Schweizer Aktienfavoriten für 2021 würde es nicht schaden, wenn die Valoren des Weltmarktführers endlich zu einer Aufholjagd auf andere Bauzulieferaktien ansetzen würden.

Landis+Gyr (Gewichtung: 7,5 Prozent)

Noch bis vor wenigen Tagen sah alles danach aus, als ob die Aktien des Stromzählerherstellers Landis+Gyr bei 70 Franken nach oben ausbrechen könnten. Allerdings erwies sich diese Kursmarke auch im dritten Anlauf als unüberwindbar, vereitelt ausgerechnet durch den Dividendenabgang von diesem Montag. Eine taktische Kaufempfehlung aus den Handelsräumen der Universalbank Schweiz der Credit Suisse sorgte rückblickend nur kurz für Impulse.

Ich schrieb einst, dass Landis+Gyr als Hersteller smarter Stromzähler zu den wohl meistunterschätzten Profiteuren staatlicher Investitionsvorhaben zählt. Daran hat sich bis heute nichts geändert, selbst wenn das Infrastrukturpaket des amerikanischen Präsidenten Joe Biden seinen Namen nur bedingt verdient. Dennoch sieht es umfassende Investitionen in die dortige Strominfrastruktur vor. Und unter uns gesagt: Ganz ohne Anbieter von ausserhalb der Vereinigten Staaten lässt sich dieses Vorhaben dann doch nicht stemmen.

Nicht nur aus den Vereinigten Staaten, auch aus anderen Weltregionen treffen Aufträge ein. So konnte Landis+Gyr erst kürzlich einen wichtigen Vertrag mit Tepco Power Grid verlängern. Der Auftraggeber unterhält in Japan das weltgrösste Stromnetz. Der Credit Suisse zufolge ist der Stromzählerhersteller zudem im Rennen um zwei weitere Aufträge aus den Vereinigten Staaten.

Vielleicht lassen diese Aufträge die Aktien wieder endlich auf über 70 Franken steigen. Den steuerbefreiten Dividendenabgang habe ich zu Wochenbeginn vorsorglich schon mal reinvestiert.

Stadler Rail (Gewichtung: 10 Prozent)

Über lange Monate hinweg wurde bei Stadler Rail auf einen Ausstieg der RAG Stiftung spekuliert. Diesen Dienstag war es dann endlich soweit: Die deutsche Grossaktionärin trennte sich von den verbleibenden 4,5 Millionen Aktien. Mit einem Verkaufserlös von 40,25 Franken je Stück bewegte sich der Abschlag gegenüber dem Schlusskurs vom Vorabend in etwa im Rahmen desjenigen aus der letzten Teilplatzierung von Ende Mai 2020. Damals erzielte die RAG Stiftung bloss einen Preis von 38,10 Franken.

Ob – wie damals – ein Teil der angebotenen Aktien in den Beständen von Stadler-Rail-Patron Peter Spuhler landeten, ist nicht bekannt. Überrascht wäre ich allerdings nicht, wenn es so wäre. Denn vermutlich sitzt der bekannte Unternehmer noch immer auf Barmitteln aus dem seinerzeitigen Börsengang in hoher dreistelliger Millionenhöhe. Wichtige Erkenntnisse erhoffe ich mir schon in den nächsten Tagen, müssten bei der Schweizer Börse SIX doch eigentlich Offenlegungsmeldungen eingehen.

Eine weitere mögliche Erklärung für die jüngste Kursschwäche lieferte kürzlich Analyst William Mackie von Kepler Cheuvreux. In Erwartung einer möglicherweise enttäuschenden ersten Jahreshälfte setzte er bei seinen Schätzungen für den freien Cash Flow den dicken Rotstift an. Mit 173 Millionen Franken liegen seine diesjährigen Annahmen neuerdings um fast 50 Prozent unter den durchschnittlich erwarteten 316 Millionen Franken seiner Berufskollegen. Mackie macht einerseits Probleme entlang der Lieferkette, andererseits aber auch den weiterhin hohen Investitionsbedarf und die üppige Kapitalbindung für die Korrekturen verantwortlich.

Genaueres wissen wir wohl erst, wenn Stadler Rail am 25. August das Halbjahresergebnis vorlegt. Bis dahin heisst es wohl: Geduldig sein.

Meyer Burger (Gewichtung: 5 Prozent)

Die Aktien von Meyer Burger sind momentan nicht zu bremsen, wurden in den letzten Tagen in der Spitze doch Kurse von fast 59 Rappen bezahlt. Die momentane Nachrichtenlage sorgt für reichlich Sonnenlicht auf die Panels des Solarunternehmens. Der Entscheid, mit hochwertigem Polysilizium aus Europa zu arbeiten, erweist sich rückblickend als goldrichtig. Erst vor wenigen Tagen sprach die amerikanische Regierung in Washington nämlich ein Einfuhrverbot für Polysilikon aus der chinesischen Provinz Xinjiang aus. Dortigen Herstellern wird die Ausbeutung von dort lebenden ethnischen Minderheiten vorgeworfen. Man muss kein Politikexperte sein, um zu erahnen, dass Europa eher früher als später nachziehen wird. Besser könnte es dann für Meyer Burger kaum laufen.

Mit der Finanzierungszusage durch ein Bankenkonsortium über 125 Millionen Euro sowie mit einem Factoringvertrag für zusätzliche 60 Millionen Euro konnte das Solarunternehmen kürzlich einen weiteren Meilenstein vermelden. Dasselbe gilt für die von gestern Dienstag auf heute Mittwoch durchgeführte Platzierung von gut 155 Millionen neuen Aktien und einer 145 Millionen Euro schweren "grünen" Wandelanleihe. Im Zuge dieses Vorstosses fliessen Meyer Burger neue Eigenmittel in Höhe von knapp 240 Millionen Franken zu. Eigentlich hatten die kreditgebenden Banken dem Unternehmen bis Mitte nächsten Jahres Zeit eingeräumt, um sich weitere Finanzmittel im Umfang von 100 Millionen Franken zu beschaffen. Mit dem jetzigen Schritt sichert man sich auch gleich die Eigenmittel für die nächste Etappe des Produktionsausbaus – was mich auf eine gute Initialnachfrage nach Solarzellen und –modulen aus dem Hause Meyer Burger schliessen lässt.

Transaktionen Aktienfavoriten 2021 (nach dem "Rebalancing")

DatumTitel AnzahlKurs Total
29.12.2020Stadler Rail NKauf311  40,13Franken12'480,43-
29.12.2020Oerlikon NKauf1'105    9,05Franken10'000,25-
29.12.2020Helvetia NKauf109  91,55Franken  9'978,95-
29.12.2020Nestlé NKauf144104,24Franken15'010,56-
29.12.2020LafargeHolcim NKauf311  48,22Franken14'996,42-
29.12.2020Zurich Insur. NKauf27372,60Franken10'060,20-
29.12.2020Credit Suisse NKauf87711,395Franken 9'9993,42-
29.12.2020Valora NKauf29173,80Franken 5'040,20-
29.12.2020Meyer Burger NKauf7'4050,3376Franken 2'499,93-
26.02.2021Helvetia NVerkauf3  99,70Franken     299,10+
26.02.2021Credit Suisse NVerkauf70  13,13Franken     918,75+
26.02.2021Oerlikon NVerkauf27     9,81Franken     264,87+
26.02.2021Zurich Insur. NKauf2371,50Franken      743,00-
26.02.2021LafargeHolcim NKauf6  50,16Franken      300,96-
26.02.2021Nestlé NKauf23  95,00Franken  2'185,00-
26.02.2021Meyer Burger NVerkauf1'4370,4498Franken      646,36+
26.02.2021Valora NVerkauf3207,50Franken      622,50+
26.02.2021Stadler Rail NVerkauf19  45,00Franken      855,00+
31.03.2021LafargeHolcim NVerkauf21  55,54Franken  1'166,34+
31.03.2021Oerlikon NVerkauf74  10,93Franken      808,82+
31.03.2021Helvetia NVerkauf32111,00Franken  3'552,00+
31.03.2021Meyer Burger NKauf6'7570,4308Franken  2'910,92-
31.03.2021Lonza NKauf16528,40Franken  8'454,40-
31.03.2021Landis+Gyr NKauf129  63,60Franken  8'204,40-
31.03.2021Nestlé NVerkauf11105,34Franken  1'158,74+
31.03.2021Credit Suisse NKauf24  9,902Franken      237,65-
31.03.2021Zurich Insur. NVerkauf2403,40Franken      806,80+
31.03.2021Valora NVerkauf26200,50Franken  5'213,00+
09.04.2021Zurich Insur. NKauf1386,60Franken      386,50-
15.04.2021Oerlikon NKauf2110,571Franken      221,98-
19.04.2021Nestlé NKauf2106,10Franken      212,20-
19.04.2021Credit Suisse NVerkauf2599,7707Franken  2'530,61+
04.05.2021Credit Suisse NKauf4  9,554Franken        38,22-
04.05.2021Helvetia NKauf2106,20Franken     212,40-
07.05.2021Holcim NKauf10  55,88Franken     558,80-
10.05.2021Stadler Rail NKauf3  44,40Franken     133,20-
01.07.2021Zurich Insur. NKauf3373,57Franken 1'120,71-
01.07.2021Stadler Rail NKauf32  40,80Franken 1'305,60-
01.07.2021Nestlé NKauf15115,54Franken 1'733,10-
01.07.2021Lonza NVerkauf3658,34Franken 1'975,02+
01.07.2021Landis+Gyr NVerkauf1  64,59Franken       64,59+
01.07.2021Holcim NKauf1  55,84Franken       55,84-
01.07.2021Helvetia NKauf10100,60Franken 1'006,00-
01.07.2021Credit Suisse NKauf10     9,76Franken       97,60-
01.07.2021Oerlikon NKauf83  10,32Franken    856,56-
01.07.2021Meyer BurgerVerkauf2'7460,5195Franken 1'426,55+

 

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