Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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In eigener Sache: Ich verabschiede mich für ein paar Tage in die Berge, um nach den intensiven letzten Wochen etwas Sonne zu tanken. Morgen Freitag erscheint deshalb weder das Insider-Briefing, noch die Kolumne um 12 Uhr. Ab Montag früh kommentiere ich das Börsengeschehen dann aber wieder.

Herzlichst, der cash Insider

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Nach dem fulminanten Jahresauftakt an den Aktienmärkten ist die Kurserholung zumindest bei uns in der Schweiz ins Stocken geraten. Während der breit gefasste Stoxx Europe 600 Index im Februar mit einem Plus von knapp 2 Prozent an die Gewinne vom Januar anknüpfen konnte, wies der Schweizer Aktienmarkt sogar eine negative Monatsbilanz auf. Am Swiss Performance Index (SPI) gemessen, ging es um 1,3 Prozent nach unten.

Ein Blick auf die Verliererliste für den Februar offenbart denn auch den Grund: Die drei Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis hatten weitere Kursverluste zu beklagen. Das kostete nicht nur den SPI wertvolle Punkte, sondern hinterliess auch bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für 2023 gewisse Spuren.

Die Handelsumsätze sind schon seit Wochen ungewöhnlich mager für diese Zeit des Jahres. Die dünnen Umsätze bei den hiesigen Schwergewichten lassen die Vermutung zu, dass diese eher unter einem Käuferstreik als unter Verkaufsdruck leiden. Die defensiven Charakteristiken dieser drei Grossunternehmen sind momentan schlichtweg nicht gefragt. Dieser Umstand schlägt sich folglich auch in der Kursentwicklung nieder.

 

Bilanz der letzten Jahre

Jahr Aktienfavoriten SPI
2013 +40,1 % +23,9 %
2014 +11,4 % +15,2 %
2015 +  4,1 % +  2,4 %
2016 -   3,7 % -   1,7 %
2017 +23,6 % +20,1 %
2018 - 19,1 % -   8,8 %
2019 +25,4 % +30,6 %
2020 +  9,8 % +  3,1 %
2021 +10,0 % +23,4 %
2022 - 17,2 % - 16,5 %
2023* +  1,1 % +  2,7 %

* Schlusskurse vom 28. Februar 2023

Was das Börsengeschehen anbetrifft, treffen momentan höchst widersprüchliche Informationen ein. Nehmen wir beispielsweise die Aktivitäten der Leerverkäufer. Während die Bank of America und die britische Barclays noch vor wenigen Wochen von einer regelrechten Flucht der Leerverkäufer aus ihren Wetten berichteten, liegen der Citigroup angeblich ganz andere Informationen vor. Wie die Grossbank berichtet, sollen wieder im grossen Stil Leerverkäufe getätigt werden. Es steht Aussage gegen Aussage.

Auch was die weitere Entwicklung an den Aktienmärkten anbetrifft, gehen die Meinungen weit auseinander. So gehen die Bank of America oder die UBS etwa von rückläufigen Kursen aus. Zugegeben: Die neusten Prognosen der grössten Schweizer Bank sind zwar nicht mehr annähernd so pessimistisch wie noch im November. Allerdings sehen sie den Stoxx Europe 600 Index über die nächsten Wochen auf 410 Punkte fallen, was unter dem Stand von Ende Dezember läge und einem Minus von gut 10 Prozent entspräche.

Zur Erinnerung: Noch im November warnten die UBS-Strategen gar vor einem Rückschlag bis auf 330 Punkte. Von diesem Schreckens-Szenario will man bei der Grossbank momentan jedoch nichts mehr wissen.

Ich kommentierte dieses Umdenken kürzlich wie folgt:

Deutlich optimistischer ist da die Bank Julius Bär. Sie wähnt die Aktienmärkte erst am Anfang einer längeren Aufwärtsbewegung. Wer nun denkt, dass die Zürcher Bank mit dieser Einschätzung alleine dasteht, der irrt. Auch sie befindet sich in guter Gesellschaft.

Bei all diesen widersprüchlichen Informationen und Meinungen fragt man sich doch, auf wen man denn nun eigentlich hören soll? Dass die Zinsen noch eine ganze Weile auf dem jetzigen Niveau verharren und sich die diesjährigen Erwartungen an die Unternehmensgewinne als zu zuversichtlich erweisen dürften, wird wohl kaum jemand in Abrede stellen. Gleich von einem Schreckens-Szenario auszugehen, wäre dennoch übertrieben.

Interessant sind die neusten Erhebungen der Credit Suisse. Wie ihre Strategen um Chefdenker Andrew Garthwaite schreiben, ist die Risikoprämie für Aktien in New York zuletzt auf 1,4 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit zwei Jahrzehnten gefallen. Schuld sind die zuletzt gestiegenen Zinsen.

Entwicklung der Risikoprämie bei US-Aktien.

Entwicklung der Risikoprämie bei US-Aktien.

Quelle: Credit Suisse

Wie dem Kommentar entnommen werden kann, liegt der langjährige Durchschnitt bei 3,8 Prozent. In den Jahren 2010 bis 2019 lag die Risikoprämie durchschnittlich sogar bei 5,3 Prozent. Mit anderen Worten: Ein Schnäppchen sind Aktien nicht mehr.

Kommen wir nun aber auf meine Schweizer Aktienfavoriten für 2023 zu sprechen. Aufgrund der schwachen Kursentwicklung der beiden Schwergewichte Roche und Novartis erweisen sich die ersten Wochen mehr oder weniger als ein Nullsummenspiel für meine Titelauswahl. Auch die Valoren von Logitech, Zurich Insurance und Oerlikon entwickeln sich bisher nicht so, wie ich das gerne hätte.

Das für Januar und Februar immerhin ein Plus noch von 1,08 Prozent resultiert, ist dem erfreulich starken Abschneiden der Aktien von Holcim und Sika zu verdanken. Dem steht ein um 2,69 Prozent höherer SPI gegenüber.

Zu den Valoren von Holcim äusserte ich mich bereits gestern Mittwoch in meiner Kolumne ausführlich. Der Weltmarktführer aus Zug blickt nicht nur auf ein solides viertes Quartal zurück, sondern wartete auch mit erfrischend zuversichtlichen Finanzzielen für dieses Jahr auf. Von einer Rezession will Firmenchef Jan Jenisch jedenfalls nichts wissen. Zuvor sorgte schon sein früherer Arbeitgeber Sika mit den diesjährigen Vorgaben zu überzeugen – was in beiden Fällen mit kräftigen Kursgewinnen belohnt wurde.

Anders verhält es sich bei Roche. Im Vergleich mit anderen europäischen Rivalen werden die Valoren des Pharma-Urgesteins so tief gehandelt wie seit fünf Jahren nicht mehr. Zu diesem Schluss kommt der für die Société Générale tätige Analyst. Er hält die Angst vor einem Verlust der Innovationskraft in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Basler für übertrieben und unbegründet. Ich selber bleibe dabei, dass die diesjährigen Finanzziele im Hinblick auf den anstehenden Chefwechsel absichtlich konservativ formuliert sind und ganz bestimmt nicht mit Enttäuschungen zu rechnen ist.

Beim Platzrivalen Novartis sehe ich in der Abspaltung des Sorgenkinds Sandoz in der zweiten Hälfte dieses Jahres einen möglichen Kurstreiber. Ausserdem liegen die künftigen Gewinnerwartungen der Analysten mittlerweile weit unter den firmeneigenen Mittelfristzielen. Was, wenn Firmenchef "Vas" Narasimhan diesbezüglich Wort hält...?

Zusammensetzung der Aktienfavoriten per Ende Januar

Titel Anzahl Einstand akt. Wert* Erfolg G/V
Barmittel                 5'050    
Credit Suisse N    1'825         2,74             5'204 + 204 +  4,1 %
Holcim N       146       47,88             8'459 + 1'493 +21,4 %
Logitech N       140       57,00             7'228 -  775 -   9,7 %
Novartis N       178       84,43           14'088 - 915 -   6,1 %
Roche GS         68     292,68           18'564 - 1'426 -   7,1 %
Sika N         45     223,75           11'796 + 1'795 +17,9 %
Zurich Insurance N         18     446,18             7'991 + 40 +  0,1 %
Helvetia N         65     108,10             7'809 + 810 +11,6 %
Medmix N       298       16,80             5'428 + 429 +  8,6 %
Oerlikon N    1'664         6,01             9'476 - 524 -   5,2 %
           
Total             101'093   +  1,1 %

* Schlusskurse vom 28. Februar 2023

Nicht aus den Negativschlagzeilen kommt die Credit Suisse. Dass der mit hausgemachten Problemen kämpfende Grossbank auch im laufenden Jahr ein Milliardenverlust droht, überrascht mich nicht. Wichtig ist nun, dass zuerst einmal der Abfluss von Kundengeldern gestoppt werden kann. Dass die Finma die Credit Suisse für ihre unrühmliche Rolle im Greensill-Skandal rügt, war ebenfalls zu erwarten. Auch, dass sie ihr nun einen Aufpasser an die Backe drückt. Richtig so. Der angeblichen Untersuchung gegen den Verwaltungsratspräsidenten Axel Lehmann dürfte dieser gelassen entgegenschauen, selbst wenn es dem Ruf der Grossbank nicht gerade hilft. Nun heisst es aber: "Liefere, nid lafere".

Als die UBS vergangene Woche die Aktien von Logitech von "Buy" auf "Neutral" herunterstufte, war der Aufschrei gross. Für viele Beobachter kam dieser Schritt nämlich ziemlich überraschend – mich eingeschlossen. Nach Gesprächen mit Branchenkennern kommt der zuständige Analyst zum Schluss, dass sich die Durststrecke im Geschäft mit PC-Peripheriegeräten und Videokonferenz-Lösungen gut und gerne 12 bis 15 Monate in die Länge ziehen wird. Er sieht Firmenchef Bracken Darrell über einen Stellenabbau und darüber hinaus gehende Sparmassnahmen auf die schwierigeren Marktbedingungen reagieren.

Wichtige Erkenntnisse erhoffe ich mir vom diesjährigen Investorentag vom 8. März. An diesem Tag wird sich das Lausanner Unternehmen erstmals zum ab April anlaufenden Geschäftsjahr 2023/24 äussern. Ausserdem erhält der neue Finanzchef "Chuck" Boynton mit dem Investorentag eine Bühne, um sich der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Transaktionen Aktienfavoriten 2023

Datum Titel   Anzahl Kurs   Total
29.12.2022 Credit Suisse N Kauf 1'825     2,74 Franken         5'000-
29.12.2022 Holcim N Kauf    146   47,88 Franken         6'967-
29.12.2022 Logitech N Kauf    140   57,00 Franken         8'003-
29.12.2022 Helvetia N Kauf      65 108,10 Franken         6'999-
29.12.2022 Oerlikon N Kauf 1'664     6,01 Franken       10'000-
29.12.2022 Medmix N Kauf    298   16,80 Franken         5'000-
29.12.2022 Zurich Insurance N Kauf      18 446,18 Franken         7'987-
29.12.2022 Sika N Kauf      45 223,75 Franken       10'002-
29.12.2022 Roche GS Kauf      68 292,68 Franken       19'990-
29.12.2022 Novartis N Kauf    178   84,43 Franken       15'003-

 

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