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Je höher der Flug, desto tiefer der Fall. Das musste der Sage nach schon Ikarus schmerzhaft am eigenen Leib erfahren. Ganz ähnlich verhält es sich auch an der Börse.

Wie schnell ein bei Anlegern und Aktienanalysten gleichermassen beliebtes Unternehmen bei eben diesen in Ungnade fallen kann, zeigt Richemont. Am Freitag legte der Luxusgüterhersteller aus Genf ein schwaches Jahresergebnis vor. Im gleichen Atemzug räumte das Unternehmen ein, im April einen Umsatzeinbruch um 20 Prozent erlitten zu haben.

Die Quittung liess nicht lange auf sich warten: Aus dem angelsächsischen Raum sahen sich gleich vier zuvor geradezu überoptimistische Experten dazu bewogen, das Handtuch zu werfen. Während die Aktien von Richemont bei der Citigroup und bei Bryan Garnier von "Buy" auf "Neutral" heruntergestuft wurden, nahmen J.P. Morgan und Bernstein Research ihre Anlageurteile von "Overweight" auf "Neutral" respektive von "Outperform" auf "Market Perform" zurück.

Nachdem die Valoren des Luxusgüterherstellers schon über Wochen hinweg einen schweren Stand hatten, brach ab Freitag eine Ausverkaufswelle aus dem Ausland über sie herein. Diese kostete das Unternehmen alleine seit Freitagmorgen satte 9 Prozent des Börsenwerts. Seit Anfang November beläuft sich das Minus sogar auf mehr als 30 Prozent.

Spätestens der tiefe Fall von Richemont müsste den Aktionären anderer an der Börse hochgejubelter Unternehmen eigentlich eine Warnung sein. Denn die Liste der im Fachjargon auch gerne "gefallene Engel" genannten Aktien wird immer länger. Die Anteilseigner von Leonteq oder Evolva dürften wissen, wovon ich spreche (siehe Kolumne vom 11. Juni 2015).

Dass der Schweizer Aktienmarkt fest in der Hand ausländischer Grossinvestoren ist, stellt vermutlich niemand in Abrede. Und diese mächtigen Marktakteure sind vor allem an einem interessiert: am schnellen Geld. Dabei können sie hierzulande mittlerweile auf eine Heerschar an Trittbrettfahrern zurückgreifen, darunter prominente Nebenwertefonds.

Das Ergebnis: Noch nie trennte sich die Spreu so sehr vom Weizen wie in den vergangenen Wochen und Monaten. Während viele Standardwerte ein Mauerblümchendasein fristen, hangeln sich die "Aktien der Stunde" wie jene von Ypsomed, Gurit, Temenos, Forbo, Sika und Bachem von einem Höchststand zum nächsten. Das mag durchaus seine Gründe haben, erfreuen sich doch alle sechs Unternehmen einer beneidenswerten Form.

Ypsomed legte erst am Freitag ein besser als erwartet ausgefallenes Jahresergebnis vor. Auch der Ausblick des Medizinaltechnikkonzerns aus Burgdorf wusste zu gefallen. Treibende Kraft hinter dem jüngsten Höhenflug sei die Credit Suisse, so berichten mir Händler. Sie zeigt sichtlich Gefallen an den Wachstumsaussichten und führt die Aktien mit einem 12-Monats-Kursziel von 160 Franken als Schlüsselkaufempfehlung bei den Nebenwerten. Nur: Schon gestern wurden zeitweise Kurse in der Region von 161 Franken bezahlt.

Auch die Valoren von Temenos klettern von einem Rekordhoch zum nächsten. Das dürfte vor allem Martin Ebner freuen. Mit seiner Frau Rosmarie hält der bekannte Financier über Patinex gut 15 Prozent an der Softwareschmiede aus Genf (siehe Kolumne vom letzten Freitag). Die Rückmeldungen aus Barcelona vom diesjährigen Community Forum fallen jedenfalls durchwegs ermutigend aus.

Rätsel gibt hingegen der Höhenflug bei Bachem auf. Schon vor Bekanntgabe des überraschend starken Jahresergebnisses von Mitte März erfreuten sich die Aktien des Pharmazulieferers einer regen Nachfrage. Mittlerweile errechnet sich alleine seit Jahresbeginn ein Kursplus von 38 Prozent.

Wie bei Sika, Gurit und Forbo hätten mächtige ausländische Marktakteure auch bei Bachem die Finger im Spiel, so lasse ich mir von Händlern sagen.

Eines haben übrigens alle sechs Aktien gemeinsam: Sie können auf eine grundlegende Neubeurteilung und -bewertung zurückblicken. In den meisten Fällen ist die Bewertung auf Stufe Kurs-Gewinn-Verhältnis heute mehr als dreimal so hoch wie in früheren Jahren. Dem Höhenflug dieser bei Anlegern sehr beliebten Aktien scheint keine Grenzen gesetzt - bis den Letzten irgendwann die Hunde beissen.
 

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