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Wenn sich ein Unternehmen dem Publikum öffnet, ist nicht selten sehr viel Geld im Spiel. Und das für alle involvierten Parteien. Denn die Firma, ihre Mitarbeiter, die bisherigen Aktionäre sowie die mit dem Börsengang beauftragten Banken - sie alle wollen vor allem eines: dass die eigene Kasse klingelt. Das Nachsehen haben dann die Anleger und das oft schon nach wenigen Wochen oder Monaten.

Gerade wenn es sich bei den bisherigen Aktionären um ausländische Finanzinvestoren handelt, ist Vorsicht geboten. Geschenke machen diese den neuen Anteilseignern nämlich keine.

Dass an der Börse selbst die mächtigsten Grossinvestoren zwischendurch mal so richtig danebengreifen, zeigt Fidelity International. Nur wenige Tage nach der Publikumsöffnung von Lastminute.com, damals hiess das Online-Reiseunternehmen noch BravoFly Rumbo Group, gab sich der amerikanische Fondsriese als bedeutender Aktionär zu erkennen. Wie einer Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX entnommen werden kann, hielt Fidelity International damals 4,39 Prozent der zu je 48 Franken ausgegebenen Aktien.

Eine Ergebnisenttäuschung und mehrere Gewinnwarnungen später sind die von den mit dem Börsengang betrauten Banken vielgepriesenen Wachstumsaussichten in Rauch aufgegangen - und mit ihnen knapp 80 Prozent des ursprünglichen Börsenwerts. Schuld ist der erdrückende Wettbewerb durch Metasuch-Maschinen (siehe auch Kolumne vom 4. März).

Nachdem der amerikanische Grossaktionär all die Jahre Geduld bewiesen hat, wirft er nun überraschend das Handtuch. Im Zuge von Aktienverkäufen ist die Beteiligung unter den meldepflichtigen Schwellenwert von 3 Prozent gefallen.

Erst kürzlich liess Lastminute.com in einer Pressemitteilung durchblicken, dass im laufenden Jahr mit einem operativen Gewinn (EBITDA) von mindestens 25 Millionen Euro gerechnet werden darf. Viele Analysten mussten ihre Schätzungen daraufhin deutlich nach oben korrigieren, was den Aktien eine kräftige Kurserholung bescherte.

Etwas gar unschön: Wie eine Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX zeigt, kauften Konzernchef Fabio Cannavale, sein Finanzchef Francesco Guidotti sowie der IR-Verantwortliche Niccolo Bossi nur drei Wochen zuvor eigene Aktien im Gegenwert von 360'000 Franken zu. Ein Schuft, wer bei dieser zeitlichen Abfolge von Ereignissen Böses denkt.

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Fällt der Name Wells Fargo, werden zuerst einmal Erinnerungen an alte Westernfilme wach. Doch mit Postkutschen hat das Unternehmen schon lange nichts mehr zu tun, ist es in den letzten Jahren doch zu einer der grössten Banken Nordamerikas herangewachsen.

Wells Fargo ist so gross und mächtig geworden, dass ihre Aktienanalysen sogar Tausende von Kilometern entfernt für Kursverschiebungen sorgen. So am späten Freitagnachmittag geschehen, als negative Aussagen der amerikanischen Grossbank zur zukünftigen Absatzentwicklung des Augenmedikaments Lucentis die Valoren von Roche und Novartis in die Tiefe rissen. Alleine diese beiden Schwergewichte kosteten den Swiss Market Index (SMI) knapp 50 Punkte.

Für die Pharmaanalysten von Wells Fargo steht schon heute fest, dass der von Allergan mitentwickelte Wirkstoff Abicipar die Behandlung von altersbedingter Makulardegeneration, kurz AMD, grundlegend verändern könnte. Abicipar werde das Feld von hinten aufrollen, so heisst es. Allerdings räumen die Experten ein, dass dieses Konkurrenzprodukt voraussichtlich erst in einigen Jahren auf den Markt kommt.

Bei Lucentis, einem von der Roche-Tochter Genentech entwickelten Präparat, arbeitet das Basler Mutterhaus mit Novartis zusammen. Das Partnerunternehmen ist für die Vermarktung und den Vertrieb des Augenheilmittels in Nordamerika verantwortlich. Dort setzte der Pharmakonzern in den ersten drei Monaten 490 Millionen Dollar mit Lucentis um. Schätzungen zufolge wird der Jahresumsatz bei rund 2 Milliarden Dollar zu liegen kommen. Roche selber dürfte es in den übrigen Weltregionen immerhin auf einen Jahresumsatz von 1,4 Milliarden Dollar bringen.

Lucentis gehört zu den hochmargigen Medikamenten im Angebot der beiden Pharmakonzerne aus Basel und trägt damit überdurchschnittlich stark zur Gewinnentwicklung bei.

Ein schwacher Trost bleibt aus Schweizer Sicht: Immerhin hat mit Molecular Partners ein hiesiges Unternehmen bei Abicipar die Finger im Spiel. Molecular Partners wird deshalb auch gerne als heisser Kandidat für eine Übernahme durch den Partner Allergan gehandelt.
 

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