Am Markt wurde das Ergebnis und die bestätigte Prognose des Anbieters von Fernwartungs- und Videokonferenzsoftware mit Freude aufgenommen. Die im MDax notierte Aktie krönte ihre jüngste Erholung vom erst vor Kurzem erreichten Rekordtief mit einem Zuwachs von zuletzt mehr als zwölf Prozent. Damit führte Teamviewer mit klarem Abstand im MDax. Zwischenzeitig war das Papier gar mit einem Plus von bis zu einem Fünftel auf 11,64 Euro auf den höchsten Stand seit Juni gesprungen.
Steil hatte in der Euphorie des Corona-Booms die Investoren mit dem Versprechen hoher Wachstumsraten gelockt und war zudem teure Sponsorenverträge mit dem britischen Fussballverein Manchester United und dem Formel-1-Rennstall von Mercedes-Benz eingegangen. Doch inzwischen schlägt der Manager bescheidenere Töne an. Das dritte Quartal bezeichnete er zur Bilanzvorlage als solide. Er betonte zudem vor Journalisten, dass es angesichts des Umfelds kein Spaziergang sei, die Jahresziele zu erreichen. "Alle müssen die Ärmel hochkrempeln", sagte er. Für 2023 wollte er noch keine Prognosen geben. Zuerst müsse das Jahr ordentlich zu Ende gebracht werden.
Und auch die Kosten sind jetzt stärker im Blick - dafür soll auch der seit Anfang September amtierende Finanzvorstand Michael Wilkens sorgen. Er folgt dem zuletzt glücklosen Stefan Gaiser. Dieser hatte gemeinsam mit Steil Teamviewer an die Börse gebracht und damit dem früheren Eigentümer Permira hohe Renditen eingebracht. Der Finanzinvestor hatte es den beiden Managern mit zwischenzeitlich zweistelligen Millionengehältern gedankt. Bereits seit diesem Sommer gehört der Brite Peter Turner dem Vorstand an, er ist für das Marketing inklusive Produktangebot und Preisgestaltung verantwortlich. Gemeinsam will das Trio Teamviewer am Finanzmarkt nun in ruhigere Fahrwasser bringen.
Die Aktie hatte lange Zeit wegen der in der Corona-Pandemie hohen Nachfrage nach Teamviewer-Produkten zu den Gewinnern an der Börse gezählt - der Kurs der seit 2019 notierten Anteile legte im Sommer 2020 bis auf fast 55 Euro zu. Da sich die Wachstumserwartungen nicht erfüllten und die Kosten aus dem Ruder liefen, stürzte das Papier dann ab Anfang 2021 massiv ab. Zu Beginn des vergangenen Monats hatte ein Anteilschein nur noch knapp 7,70 Euro gekostet. Seitdem geht es wieder nach oben.
Die wichtigsten Finanzkennzahlen des dritten Quartals seien ordentlich; insbesondere die Profitabilität habe überzeugt, schrieb Branchenexperte Armin Kremser von der DZ Bank in einer Studie. "Teamviewer bekommt die Kostensituation offenbar immer besser in den Griff. Für den kurzfristigen Ausblick sehen wir wenig Risiko." Er bestätigte seine Kaufempfehlung sowie den fairen Wert von 13 Euro.
Nach dem Kursanstieg infolge der Zahlen ist Teamviewer an der Börse wieder mehr als zwei Milliarden Euro wert. Mit einem Anteil von rund 20 Prozent ist der Finanzinvestor Permira weiterhin der grösste Aktionär. Permira hatte Teamviewer 2014 für rund 870 Millionen Euro gekauft und vor drei Jahren im Herbst an die Börse gebracht. Beim grössten deutschen Tech-Börsengang seit dem Platzen der Dotcom-Blase um die Jahrtausendwende erlöste der Investor 2,2 Milliarden Euro. Durch Anteilsverkäufe am Markt nach dem Börsengang nahm Permira weitere rund drei Milliarden Euro ein.
Im August hatte Teamviewer noch die Erwartungen unter anderem wegen des Rückzugs aus Belarus und Russland etwas zurückgeschraubt. Bei den in Rechnung gestellten Umsätzen (Billings) - der zentralen Wachstumsgrösse des Konzerns - wird seitdem nur noch ein Wert rund um das untere Ende der alten Prognosespanne von 630 bis 650 Millionen Euro erwartet, nach 548 Millionen Euro im Vorjahr. Die bisher vom Unternehmen erfassten Experten sind skeptisch und rechnen derzeit im Schnitt mit lediglich etwas mehr als 620 Millionen Euro.
In den Monaten Juli bis September seien die Billings um 15 Prozent auf fast 145 Millionen Euro gestiegen, hiess es nun. Dabei profitierte Teamviewer unter anderem auch vom schwachen Euro. Währungsbereinigt habe das Wachstum sieben Prozent betragen. Am höchsten fiel das Wachstum dabei in Europa aus - der wichtigsten Region des Unternehmens. Hier legten die in Rechnung gestellten Umsätze um 13 Prozent auf 68 Millionen Euro zu. In Asien, dem kleinsten Markt von Teamviewer, zahlt sich der Umbau langsam aus. Die Billings zogen bereinigt um den schwachen Euro um sieben Prozent auf gut 18 Millionen Euro an.
Fortschritte machte Teamviewer auch bei der Profitabilität, die 2021 und Anfang 2022 unter anderem wegen der teuren Sportsponsor-Verträge vom hohen Niveau in der Corona-Pandemie abgestürzt war. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte im dritten Quartal um 42 Prozent auf gut 60 Millionen Euro zu. Die entsprechende Marge sei um acht Prozentpunkte auf 41,6 Prozent geklettert. Die Ergebnisse fielen etwas besser aus, als Experten erwartet hatten. Im laufenden Jahr rechnet Teamviewer weiter mit einer Marge von 45 bis 47 Prozent. 2021 war die Marge um zehn Punkte auf 47 Prozent eingebrochen.
Der verbuchte Umsatz zog im dritten Quartal um zwölf Prozent auf rund 143 Millionen Euro an. Während die Billings das jeweils für die kommenden zwölf Monate in Rechnung gestellte Vertragsvolumen einbeziehen, umfasst der Umsatz nur die auf den Berichtszeitraum selbst entfallenden Beträge. Bei den Erlösen rechnet der Konzern 2022 mit einem Wert zwischen 565 Millionen Euro und 580 Millionen Euro, nach rund einer halben Milliarde Euro im vergangenen Jahr. Unter dem Strich verdiente Teamviewer im dritten Quartal etwas mehr als 16 Millionen Euro und damit rund viereinhalb Mal so viel wie im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
Bei den Sparten legte vor allem das Geschäft mit grossen Unternehmenskunden kräftig zu. Dieses will Teamviewer weiter ausbauen. Die in Rechnung gestellten Umsätze stiegen um 47 Prozent auf knapp 27 Millionen Euro. Damit zog die Wachstumsrate wieder etwas an, nachdem sich das Geschäft im zweiten Quartal etwas abgekühlt hatte. Die Zahl der Enterprise-Kunden sei im Jahresvergleich um 877 auf 3296 zum Ende des dritten Quartals gestiegen, hiess es weiter. Der Anteil der Sparte lag damit zuletzt bei knapp 23 Prozent nach circa 17 Prozent vor einem Jahr. Im Geschäft mit kleinen und mittleren Unternehmen legte der in Rechnung gestellte Erlös im vergangenen Quartal um ein Zehntel auf 118 Millionen Euro zu./zb/tav/he
(AWP)