An der Börse wurden die Nachrichten positiv aufgenommen. Für die Fraport-Aktie ging es nach einem kurzen morgendlichen Kursrutsch im weiteren Handelsverlauf aufwärts. Am frühen Nachmittag lag sie mit rund 2,5 Prozent im Plus bei 41,43 Euro und gehörte damit zu den stärksten Titeln im MDax . Allerdings wurde sie immer noch fast ein Drittel billiger gehandelt als zum Jahreswechsel. Ihr Rekordhoch von mehr als 97 Euro aus dem Jahr 2018 ist schon lange in weiter Ferne.
Dabei sieht Fraport-Chef Schulte den Flugverkehr auf einem gutem Weg aus der Corona-Pandemie, die die Branche so schwer getroffen hat wie nur wenige andere Krisen. So lag das Passagieraufkommen am Frankfurter Flughafen im ersten Halbjahr noch 38 Prozent unter dem Vorkrisenniveau von 2019. Im dritten Quartal betrug der Rückstand nur noch 26 Prozent, im Oktober nur noch gut 23 Prozent.
Dass der Aufschwung nicht noch schneller kommt, liegt an der langsameren Rückkehr der Geschäftsreisen, die in Frankfurt vor der Pandemie traditionell einen grossen Anteil des Verkehrs ausmachten. Ausserdem fehlt der Flugverkehr nach China, wo immer noch strikte Corona-Schutzregeln gelten.
Entsprechend verlief die Erholung an den touristisch geprägten Flughäfen des Konzerns im Ausland schneller: Im türkischen Antalya lag die Zahl der Fluggäste im dritten Quartal nur noch acht Prozent niedriger als 2019, an den 14 griechischen Fraport-Flughäfen zählte der Konzern sogar neun Prozent mehr Passagiere als im Sommer vor der Pandemie.
Entsprechend erzielte Fraport im dritten Jahresviertel konzernweit einen Umsatz von gut einer Milliarde Euro und damit fast eineinhalbmal so viel wie ein Jahr zuvor. Der operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um 46 Prozent auf gut 420 Millionen Euro zu. Unter dem Strich entfiel auf die Aktionäre ein Überschuss von knapp 115 Millionen Euro, eine Steigerung um fast 50 Prozent. Damit übertraf das Unternehmen die durchschnittlichen Erwartungen von Branchenexperten.
Angesichts dieser Zahlen fasst Fraport-Chef Schulte jetzt das obere Ende seiner bisherigen Jahresprognosen ins Auge. Schliesslich waren von den jetzt angepeilten rund 50 Millionen Fluggästen nach den ersten neun Monaten schon fast 36 Millionen erreicht.
Zudem rechnet der Vorstand bei einem Jahresumsatz von gut 3 Milliarden Euro jetzt mit einem operativen Gewinn von etwa 970 Millionen Euro. Der konsolidierte Konzerngewinn soll etwa 100 Millionen Euro erreichen. Hier hatte Schulte zuvor auch ein Ergebnis an der Nulllinie für möglich gehalten, nachdem der Konzern sein finanzielles Engagement am Flughafen St. Petersburg wegen des russischen Angriffskriegs und der internationalen Sanktionen in seiner Bilanz vollständig abgeschrieben hatte.
Ob der Konzern die abgeschriebene dreistellige Millionensumme jemals zurückbekommt, wagte Schulte auch am Dienstag nicht vorherzusagen. Allerdings halte der Fraport an der Forderung fest. Kein Geld bekommen vorerst jedenfalls die Aktionäre: Der Konzern will angesichts seiner hohen Schulden aus der Corona-Pandemie auch für 2022 keine Dividende ausschütten. Dazu benötige Fraport erst wieder einen nachhaltigen freien Barmittelzufluss, erklärte der Vorstandschef.
Wie stark sich der Flugverkehr in Frankfurt 2023 weiter von der Pandemie erholt, wollte Schulte noch nicht vorhersagen. Aus heutiger Sicht erwartet er aber ein weiteres Verkehrswachstum - schon weil der Frankfurter Flughafen stark vom internationalen Verkehr geprägt sei. Fluggesellschaften, die Frankfurt von anderen Kontinenten aus ansteuerten, seien "sehr, sehr euphorisch" für nächstes Jahr, sagte der Manager. Im bisherigen Rekordjahr 2019 hatte Fraport in Frankfurt mehr als 70 Millionen Fluggäste gezählt.
Damit sich die Engpässe an den Airports aus dem Sommer 2022 im nächsten Jahr nicht wiederholen, setzt die Fraport-Spitze auf Fortbildung ihrer Belegschaft. "Wir haben heute genug Personal an Bord, das ist nicht die Frage", sagte Schulte mit Blick auf den Stellenabbau im Zuge der Pandemie und das Ringen um neue Mitarbeiter, seit es wieder aufwärts geht. Allerdings hätten noch nicht genügend Beschäftigte die nötigen Qualifikationen, um sie je nach Bedarf für unterschiedliche Aufgaben einsetzen zu können.
So bräuchten mehr Beschäftigte einen Vorfeldführerschein oder die Berechtigung, schwere Hubwagen zu fahren. Dazu werde Fraport mehrere hundert Mitarbeiter schulen. Auch fürs Beladen der Flugzeuge fehle es noch an ausreichend qualifizierten Leuten: "Lademeister werden Sie nicht mal eben so", sagte Schulte.
Wegen Engpässen, langen Schlangen und Kofferchaos hatte Fraport die Zahl der Flugbewegungen in Frankfurt zuletzt auf 90 Starts und Landungen pro Stunde beschränkt. Diese Begrenzung wurde nun für weitere Monate verlängert. Schrittweise soll das Limit aber wieder über die Marke von 100 klettern./stw/tav/mis
(AWP)