"So viele Fusionen und Übernahmen wie 2022 gab es seit über zehn Jahren nicht mehr", sagte Timo Knak, Leiter M&A bei KPMG, am Mittwoch an einer Medienveranstaltung. 2021 etwa waren "nur" 604 Fusionen und Übernahmen mit Schweizer Beteiligung gezählt worden, allerdings hatten diese ein Volumen von 170 Milliarden Franken und damit knapp 32 Milliarden mehr als 2022.

Knapp zwei Drittel der letztjährigen Deals waren bei einem Wert von unter 200 Millionen angesiedelt, 29 Transaktionen hatten ein Volumen von über einer Milliarde Franken. Allerdings gilt es hier laut Knak zu beachten, dass viele Transaktionen, vor allem kleinere Deals aus dem Privatsektor, ohne die Nennung von finanziellen Details über die Bühne gehen.

Der Angriffskrieg Russland auf die Ukraine hatte derweil laut Knak keinen signifikanten Einfluss auf die Zahlen. "Vielmehr haben viele Firmen einfach ihre Aktivitäten in Russland eingestellt oder auf Eis gelegt.". Vielfach habe daher kein Verkauf bzw. keine Übernahme im klassischen Sinne stattgefunden.

Zwei "Mega-Deals"

Gemäss dem am Mittwoch vorgestellten KPMG-Bericht "Clarity on M&A" waren auf Branchenebene vor allem der Telekommunikations- und Technologiesektor sowie die Industrie-, Pharma- und Life-Sciences-Branche am aktivsten. Die grösste Fusion im Jahr 2022 fand indes im Chemiesektor statt. Stattliche 21 Milliarden Dollar umfasste die grösste Transaktion, die den Genfer Aromen- und Duftstoff-Hersteller Firmenich mit dem niederländischen Chemiekonzern Royal DSM zu "DSM-Firmenich" zusammenschloss.

Der zweite "Mega-Deal" wurde in der Konsumgüterbranche gestemmt. Mit einem Transaktionsvolumen von rund 19 Milliarden Dollar belegte die Übernahme der schwedischen Streichholz- und Tabakproduzentin Swedish Match durch den Schweizer Tabakkonzern Philip Morris Platz zwei. Die zehn grössten M&A-Transaktionen machten 2022 mit rund 81,5 Milliarden Dollar knapp 60 Prozent des Gesamtvolumens aus.

Mehr gekauft als verkauft

Was die Schweizer Firmen betrifft, haben diese auch 2022 deutlich mehr ausländische Firmen aufgekauft als umgekehrt: 283 Zukäufen stehen 152 Verkäufe gegenüber. Deals innerhalb der Schweiz machten dabei den Angaben nach rund ein Fünftel aller Fusionen und Übernahmen mit Schweizer Beteiligung aus.

"Der Ausverkauf der Heimat" sei demnach immer noch kein Thema, im Gegenteil, führte Knak dazu aus. Die Schweiz zähle sicherlich zu den Nettoeinkäufern in dieser Hinsicht und die Suche nach möglichen Übernahmekandidaten sei hierzulande immer noch intensiv.

Rückgang an Transaktionen erwartet

Der KPMG-Experte Knak rechnet zudem auch für das laufende Jahr mit einem aktiven M&A-Geschäft: "Die Investorenstimmung ist trotz anhaltender Lieferkettenproblemen, Ukrainekrieg sowie steigender Zinsen nach wie vor durchaus gut."

Positiv auf die Aktivität am M&A-Markt dürften sich laut dem KPMG-Experten etwa die tieferen Bewertungen der Firmen aufgrund der höheren Zinsen auswirken: "Zudem ist immer noch viel Liquidität, sogenanntes 'Dry Powder', bei Private-Equity-Investoren vorhanden." Hinzu komme, dass die Übernahme von angeschlagenen Firmen im aktuell schwierigen Marktumfeld durchaus ein Thema bleibe.

Konkret geht Knak aber trotzdem von einem leichten Rückgang der Anzahl Deals aus. Denn angesichts der Sorgen um eine globale Rezession sowie der politischen Unsicherheiten gebe es auch Risiken und es sei daher vielleicht etwas weniger Euphorie angebracht als auch schon, fasste er zusammen.

sta/uh

(AWP)