Wann die Beschäftigten zur Arbeitsniederlegung aufgerufen werden, hat die EVG am Dienstag zunächst nicht verraten. Dass es einen weiteren Warnstreik bei der Bahn geben wird, ist dagegen sicher - die Gewerkschaft bezeichnete eine Arbeitsniederlegung als "unvermeidbar". Der genaue Zeitraum soll am Donnerstag (9.00 Uhr) bei einer Pressekonferenz verkündet werden.
"Leider ist festzustellen, dass sich am Verhandlungstisch nur wenig bewegt", teilte die Gewerkschaft am Dienstag mit. Ein möglicher Tarifabschluss liege noch "in weiter Ferne".
Die EVG verhandelt derzeit für rund 230 000 Beschäftigte. Im Fokus ist dabei die Deutsche Bahn - 180 000 der 230 000 Beschäftigten arbeiten bei dem bundeseigenen Konzern. Die bisher drei Gesprächsrunden mit der DB verliefen dem Vernehmen nach ohne entscheidende Annäherungen - bereits zweimal kam es in den vergangenen Wochen und Monaten deshalb zu Warnstreiks auf der Schiene, mit denen die EVG den Regional- und Fernverkehr weitgehend zum Erliegen brachte. Zuletzt beschränkte sich die EVG dabei auf wenige Stunden am Morgen und am Vormittag.
Die Gewerkschaft fordert in den Gesprächen mit der Branche unter anderem mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder 12 Prozent bei den oberen Einkommen bei zwölf Monaten Laufzeit. Vorher will sie in den Verhandlungen mit der Bahn aber entscheidende Fragen zum Mindestlohn geklärt haben. Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der DB erhalten diesen bislang nur über Zulagen, weil der Mindestlohn in den vergangenen Jahren schneller gestiegen ist als die Tariftabellen. Die EVG möchte den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro in die Tabellen aufnehmen, bevor sie über weitere Tariferhöhungen verhandelt.
Bisher lehnte die DB das ab - zumindest bis Dienstag. In einem Schreiben habe sie die Forderung inzwischen erfüllt, teilte die Bahn mit. Sie habe vorgeschlagen, "dass der gesetzliche Mindestlohn von 12 Euro mit Wirkung zum 1. März 2023 in allen Entgelttabellen steht". Die angebotene Lohnerhöhung wirke damit für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusätzlich. "Zudem hat die DB angeboten, tarifvertraglich festzuschreiben, dass DB-Mitarbeitende auch bei künftigen Anpassungen des gesetzlichen Mindestlohns grundsätzlich 5 Prozent mehr als diesen verdienen."
Das grundsätzliche Angebot der Bahn beinhaltet einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 2850 Euro, der über mehrere Monate verteilt ausgezahlt werden soll. Ab März des kommenden Jahres könnte dann stufenweise ein Lohnplus von insgesamt 10 Prozent für die unteren und mittleren sowie 8 Prozent für die oberen Lohngruppen folgen, die vorgeschlagene Laufzeit liegt bei 27 Monaten. Die EVG hat dieses Angebot Ende April allerdings als nicht verhandlungsfähig zurückgewiesen.
Entsprechend stehen nun die Zeichen wieder auf Warnstreik, Zugausfälle und Frust bei Pendlern und Reisenden. Dass weitere Warnstreik-Aktionen länger ausfallen könnten als die beiden Ausstände im März (24 Stunden) und April (acht Stunden), hatte EVG-Vorständin Cosima Ingenschay zuletzt schon angedeutet: "Wir könnten die Bahn wochenlang lahmlegen", sagte sie Ende April der "Süddeutschen Zeitung". Die Ankündigung von Dienstag und die geplante Pressekonferenz am Donnerstag deuten darauf hin, dass der Warnstreik noch vor der nächsten Verhandlungsrunde Ende Mai geplant ist.
Die EVG vertritt bei der Deutschen Bahn Beschäftigte in fast allen Arbeitsbereichen und kann den Betrieb mit einem Warnstreik daher schnell empfindlich treffen. Treten zum Beispiel Fahrdienstleiter in einen Warnstreik, können ganze Streckenabschnitte nicht mehr befahren werden./maa/DP/nas
(AWP)