Die Gewinnmitnahmen vom Vortag seien von kurzer Dauer gewesen, sagen Händler. Angesichts der massiven Geldschwemme, mit der die EZB und andere Notenbanken die Märkte fluten würden, gebe es für Aktien derzeit nur den Weg nach oben. Nun hechteten auch bisher vorsichtige Anleger in der Angst, den Aufschwung zu verpassen, noch in den Markt und kauften optisch zurückgebliebene Werte.

Manche Händler warnen, dass die Börsen inzwischen bereits eine starke Konjunkturerholung eingepreist hätten. Zudem könnte der Markt am Nachmittag noch drehen, sollten US-Arbeitsmarktzahlen um 14.30 Uhr für eine Überraschung sorgen. Bis dahin dürften die Käufe daher auch noch etwas abebben, heisst es. Wegen der Coronavirus-Pandemie dürfte die Arbeitslosenquote erneut deutlich gestiegen sein. Analysten rechnen mit einer Quote von etwa 20 Prozent nach 14,7 Prozent im April. Die am Vortag veröffentlichten wöchentlichen Neuanträge auf Arbeitslosenhilfe zeigten zwar einen Rückgang, der aber weniger stark als geschätzt ausgefallen war.

Der SMI notiert um 11.15 Uhr 0,55 Prozent höher mit 10'131,24 Zählern. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, legt 0,71 Prozent zu auf 1'526,25 und der breite SPI um 0,38 Prozent auf 12'509,27 Punkte. 17 Gewinnern stehen im SLI 13 Verlierern gegenüber.

Finanzaktien und Zykliker erholen sich

Da Finanzwerte und Aktien zyklischer Firmen im Zuge der Corona-Pandemie am stärksten unter Druck geraten sind, dürften sie auch am meisten von einer wirtschaftlichen Erholung profitieren, sagt ein Händler. Daher stünden nun auch vor allem diese Sektoren an der Spitze der Gewinner.

Deutlich zulegen können auch Richemont (+4,2 Prozent). Der Titel des ebenfalls als zyklisch geltenden Luxusgüterherstellers war wegen der allgemeinen Ausgangssperre und der Reiserestriktionen massiv unter die Räder geraten und weist noch immer ein Minus von knapp einem Fünftel seit Jahresanfang auf und zählt damit zu den "zurückgebliebenen" Werten, wie ein Händler sagt. Auch die Titel von Rivale Swatch (+1,9 Prozent) legen deutlich zu.

Zu den Gewinnern zählen ausserdem der volatile und arg gebeutelte Sensorenhersteller AMS (+4,3 Prozent). Die Banken CS (+3,6 Prozent), Julius Bär (+2,9 Prozent) und UBS (+1,8 Prozent) sowie die Versicherer Swiss Re (+2,8) und Swiss Life (+2,8 Prozent) sind ebenfalls in der Spitzengruppe zu finden.

Partners Group gleicht Delle aus

Partners Group (+2,5 Prozent) wetzen die Kursscharte vom Vortag mehr als aus. Ausserdem gewinnen die Titel des Personalvermittlers Adecco (+2,4 Prozent), des Zementriesen LafargeHolcim (+1,8 Prozent) und des Automationskonzern ABB (+1,7 Prozent) deutlich an Wert.

Am Ende der Kurstafel stehen die Anteile des Medinzintechnikers Alcon (-2,0 Prozent). Sie leiden laut Händlern unter dem schwachen Ergebnis, das US-Rivale Cooper am Vortag vermeldet hat.

Mit den Aktien von Givaudan (-1,9 Prozent) und Sonova (-0,9 Prozent) und Swisscom (-0,7 Prozent) stehen weitere defensive Titel auf den Verkaufszetteln.

Gewinnmitnahmen bei Lonza

Die Aktien von Lonza (-1,1 Prozent) geben ebenfalls nach. Händler sprechen von Gewinnmitnahmen, nachdem der Pharmazulieferer nun mit Pierre-Alain Ruffieux zum 1. November einen neuen Chef erhalte. Er kommt von Roche, wo er derzeit den Bereich Global Pharma Technical Operations mit 12'000 Mitarbeitenden leitet. Es handele sich dabei wohl um Verkäufe nah dem Motto "Sell on good news", heisst es.

Wenig verändert sind die Schwergewichte Roche (+0,03 Prozent) und Nestlé (-0,3 Prozent). Novartis (+0,4 Prozent) baut die Gewinne im Verlauf leicht aus. Der Pharmakonzern hat in einer Phase mit dem Enerzair Breezhaler zur Behandlung von Asthma bei Erwachsenen den primären Endpunkt erreicht.

Reiseaktien wieder gefragt

Die Aktien des Flughafens Zürich gewinnen am breiten Markt 1,2 Prozent. Der Flughafen will nach dem Corona-bedingten Einbruch der Passagierzahlen um 99 Prozent im April und Mai den Betrieb wieder hochfahren.

Davon profitieren auch die Aktien der Reisedetailhandelsfirma Dufry (+6,5 Prozent), die die Erholung fortsetzen. Dagegen büssen Leclanché 7,3 Prozent und somit einen Teil der jüngsten Gewinne ein. Der Energiespeicher-Hersteller hat 2019 - wie bekannt - deutlich weniger umgesetzt und einen hohen Verlust hinnehmen müssen.

(AWP)