Analysten erwarten im Schnitt ein Umsatzwachstum auf 86,753 Milliarden Franken von 84,343 Milliarden im Jahr zuvor. Der Reingewinn soll auf 11,805 Milliarden Franken von 12,232 Milliarden Franken liegen kommen. Die Dividende je Aktie soll laut Analysten auf 2,84 Franken von 2,75 erhöht werden. Das organische Wachstum, eine Kernkennzahl für Investoren, soll plus 7,0 Prozent betragen, im 2020 lage es bei plus 3,6 Prozent. Das organische Wachstum allein im vierten Quartal 2021 wird auf 6,0 Prozent geschätzt, im Vorquartalquartal 2021 lag es bei plus 6,5 Prozent.

Nestlé dürfte für das Gesamtjahr 2021 insgesamt gute Umsatzzahlen abliefern. Analysten erwarten, dass Nestlé auch im vierten Quartal weiter gewachsen ist, wobei vor allem die wachstumsstarken Bereiche Tierfutter, Kaffee und Gesundheit (Nestlé Health Science) ihre Umsätze deutlich gesteigert haben dürften. Und auch im Bereich der vegetarischen und veganen Lebensmittel, wie etwa bei der Marke Garden Gourmet, erwarten Finanzexperten eine hohe Wachstumsrate.

Im Vergleich zu den sehr starken Vorquartalen dürfte sich das gemäss AWP-Konsens erwartete Wachstum im letzten Jahresviertel mit 6,0 Prozent leicht abgeschwächt haben. Die Wachstumskomponenten dürften sich zudem hin zu Preis- und dafür einem schwächeren Volumenwachstum verschieben, wie etwa der Analyst der ZKB kommentiert. Überhaupt erwarten die Branchenexperten, dass Nestlé - wie die Konkurrenz auch - die Kosteninflation zu spüren bekommt. So dürfte die Profitabilität im zweiten Halbjahr wohl unter den höheren Kosten gelitten haben, die etwa im Personal- und Logistikbereich anfielen.

Das Management ging zuletzt davon aus, dass die Inputkosten für das laufende Jahr etwa um 4 Prozent zulegen dürften, besonders in den Bereichen Fracht und Energie. Um das abzufangen müsste Nestlé laut Angaben vom Sommer die Preise um 2 Prozent erhöhen. In den ersten neun Monaten beliefen sich die Preissteigerungen auf 1,6 Prozent. Allerdings hatte Nestlé eine weitere Beschleunigung für das vierte Quartal und darüber hinaus in Aussicht gestellt. Aufgrund laufender Verträge erfolgen Preiserhöhungen nämlich meist mit etwas Verzögerung.

Guidance für das organische Wachstum bereits im Oktober erhöht

Gerade angesichts der hohen Inflationsraten erhofft sich die Finanzgemeinde von Nestlé nun weitere Informationen zur Entwicklung im frisch angelaufenen Geschäftsjahr. Manche Analysten gehen davon aus, dass die "fortgesetzte moderate Margenverbesserung", die Nestlé für die Zeit nach 2021 in Aussicht gestellt hat, etwas zu optimistisch sein dürfte. Nestlé selbst geht davon aus, dass die Inflation weiter zunehmen wird. Im kommenden Jahr fallen nämlich auch in der wichtigsten Kategorie Kaffee, deren Kosten bislang noch abgesichert waren, Preissteigerungen an.

Nestlé hatte im Oktober aufgrund der starken Entwicklung in den ersten neun Monaten die Guidance für das organische Wachstum im Gesamtjahr auf 6 bis 7 Prozent (von 5-6 Prozent) erhöht. Die zugrunde liegende Marge wird laut dem Unternehmen etwa bei 17,5 Prozent zu liegen kommen und damit leicht unter dem Vorjahr (17,7 Prozent). Dieses Ziel dürfte der Konzern laut Analysten mehr oder weniger erreichen.

Nestlé hatte sich zu Beginn des Jahres geografisch neu aufgestellt. Nordamerika und Greater China sind nun eigene Zonen, wodurch Nestlé die Marktorientierung und so die Wettbewerbsfähigkeit in den beiden Märkten steigern will. Ausserdem hat das Unternehmen die Zone Asien, Ozeanien und Subsahara-Afrika (AOA) durch die Integration der Märkte im Nahen Osten und Afrika ausgebaut.

Das Unternehmen investiert zudem weiterhin in die nachhaltige Entwicklung seiner Produkte und Lieferketten. So hat Nestlé kürzlich angekündigt, bis im Jahr 2030 rund 1,3 Milliarden Franken in die Entwicklung nachhaltiger Kakao-Lieferketten zu stecken. Zudem gründete der Lebensmittelmulti kürzlich ein neues Forschungsinstitut für die Landwirtschaft mit Sitz in Lausanne und Ablegern in Frankreich, Ecuador, der Elfenbeinküste und Thailand. Bis 2025 will das Unternehmen zudem nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen nutzen.

Nestlé hat auch im vergangenen Jahr einige wichtige Akquisitionen in seinen Wachstumsbereichen getätigt. Die grösste war die Übernahme der Kernmarken des Nahrungsergänzungsspezialisten The Bountiful Company für 5,57 Milliarden Dollar, die im August abgeschlossen wurde. Nestlé kaufte ausserdem den US-Brausetablettenhersteller Nuun, das britische Rezepturunternehmen SimplyCook, übernahm eine Mehrheit am amerikanischen Shake-Produzenten Orgain und erhöhte seinen Anteil am Tierklinikbetreiber IVC. Ausserdem kaufte Nestlé die amerikanische Premium-Wassermarke Essentia.

Gleichzeitig schaffte der Lebensmittelkonzern in seinem Portfolio aber auch wieder Platz. So verkaufte Nestlé im Berichtsjahr etwa das Wassergeschäft in Nordamerika für 4,3 Milliarden Franken. Strategisch will sich Nestlé nämlich künftig auf sogenanntes Premiumwasser und funktionelles Wasser konzentrieren.

Den Nestlé-Aktien ist im neuen Jahr die Puste ausgegangen

Nestlé spielt stark im wachsenden Geschäft mit vegetarischen und pflanzlichen Lebensmitteln mit. Dort erzielte das Unternehmen in den ersten neun Monaten 2021 zweistellige Wachstumsraten und einen Umsatz von mehr als 700 Millionen Franken. Zum Beispiel entwickelte das Unternehmen unter seiner Marke Garden Gourmet dieses Jahr einen veganen Ei-Ersatz und pflanzliche Shrimps. Den Vegi-Trend gibt es nicht nur in Europa: Nestlé eröffnete vergangenes Jahr in Malaysia eine neue Fabrik für die Produktion von vegetarischen Produkten, die für den wachsenden asiatischen Markt bestimmt sind.Auch der Trend zu gesunder Ernährung ist laut dem Nestlé Management nicht nur eine Corona-Erscheinung, sondern eine langfristige Entwicklung. Nestlé reagiert darauf nebst den Zukäufen für Nestlé Health Science.

Erst im Dezember hat Nestlé einen Teil seiner Beteiligung am französischen Kosmetikkonzern L'Oréal zu Geld (8,9 Milliarden Euro) gemacht. Damit reduzierte sich der Anteil von 23,3 Prozent auf 20,1 Prozent. Weitere Verkaufsabsichten hegt Nestlé laut damaligen Angaben aber nicht. Mit dem Investment ist der Konzern bisher finanziell gut gefahren - und dürfte dies wohl auch weiterhin. 2020 etwa steigerte L'Oréal den Gewinn um 29 Prozent und hob die Dividende um einen Fünftel auf 4,80 Euro je Aktie an.

Der Konzern hat sein Anfang 2020 gestartetes Aktienrückkaufprogramm planmässig per Ende 2021 abgeschlossen. Es wurden Aktien in Höhe von gut 13 Milliarden Franken zurückgekauft. Seit dem 3. Januar läuft bereits ein neues Programm, bei dem das Unternehmen wieder bis zu 20 Milliarden zurückkaufen will.

Den Aktien von Nestlé ist nach einem sehr starken Vorjahr (+22 Prozent) und einem Rekordhoch von fast 130 Franken am ersten Handelstag des neuen Jahres die Puste ausgegangen. Zum aktuellen Kurs von rund 118 Franken (Dienstagnachmittag) notiert das Papier über 7 Prozent tiefer als Ende 2021 und hat den Gesamtmarkt (SMI -5,5 Prozent) damit auch unterperformt. Hauptgrund für den Kursrückgang ist - neben der allgemeinen Sektorrotation hin zu Finanzwerten - vor allem die Befürchtung der Investoren, dass die stark gestiegenen Rohstoffpreise bei den Nahrungsmittel-Konzernen deutlich auf die Margen schlagen werden.

(AWP/cash)