Über die Anklagen hatten zuvor die Wochenzeitung "Die Zeit", das Recherchezentrum "Correctiv", das ZDF-Magazin "Frontal 21" sowie das Schweizer Digitalmagazin "Republik" auf Basis eigener Recherchen berichtet. Demnach geht es vor allem darum, dass umstrittene Bankunterlagen auch an deutsche Behörden weitergeleitet wurden, was massgeblich zur Aufdeckung des sogenannten Cum-Ex-Skandals beigetragen hatte, bei dem der deutsche Fiskus um Milliarden betrogen worden war.
Den Angeklagten drohen nach Schweizer Recht mehrjährige Gefängnisstrafen. Müllers Rechtsanwalt Eckart Seith wies die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Zürich zurück. Schweizer Bankunterlagen, die er unter anderem in einem Rechtsstreit zwischen Müller und der Schweizer Bank Sarasin vor dem Landgericht Ulm verwendete, hätten "aus mehreren Rechtsgründen keinen Geheimnischarakter".
Das würden auch Gutachten Schweizer Rechtswissenschaftler bestätigen, sagte Seith der Deutschen Presse-Agentur. Auch nach Schweizer Recht würde ein Sachverhalt - in diesem Fall die von ihm verwendeten Bankunterlagen - nicht schon dadurch "zu einem strafrechtlich geschützten Geheimnis, dass ihn der Inhaber der Information geheim halten will". Sonst müssten ja auch "Tatpläne der Camorra" dem Geheimnisschutz unterliegen.
Die Cum-Ex-Betrügereien spielen in dem seit Jahren anhaltenden Rechtsstreit zwischen Müller und der Basler Privatbank Sarasin eine wichtige Rolle. Das Geldhaus war im Mai 2017 vom Landgericht Ulm verurteilt worden, Müller 45 Millionen Euro Schadenersatz für Verluste durch falsche Beratung bei Investitionen in den Luxemburger Sheridan-Fonds zu zahlen.
Über den Fonds waren undurchsichtige Aktientransaktionen rings um die Stichtage für Dividendenzahlungen abgewickelt worden. Gewinne sollten mit Cum-Ex-Transaktionen erwirtschaftet werden, bei denen der deutsche Fiskus durch mehrfach beantragte Erstattungen auf in Wirklichkeit nur einmal einbehaltene Kapitalertragssteuern geschröpft wurde.
Das Bundesfinanzministerium hatte diese Praxis 2012 gestoppt. Der Gesamtschaden wird auf zwölf Milliarden Euro geschätzt. Der Sheridan-Fonds brach nach dem Stopp zusammen, das von Anlegern eingezahlte Geld war weg. Im Februar 2016 nahm ein von Linken und Grünen durchgesetzter Untersuchungsausschuss des Bundestages zu Cum-Ex-Geschäften die Arbeit auf.
Gerhard Schick, Finanzexperte der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen und ehemaliges Mitglied des Ausschusses verurteilte die Anklageerhebung gegen die drei Deutschen. "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie sich für unsere Staatsbürger in dieser Sache und in aller Deutlichkeit gegenüber der Schweiz stark macht", teilte er am Mittwoch mit.
Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lothar Binding, sprach am Dienstag im ZDF-Magazin "Frontal 21" von einer "Retourkutsche" der Schweiz dafür, dass sie in den vergangenen Jahren unter internationalem Druck ihr Bankgeheimnis weitgehend aufgegeben hat. "Ich glaube, man sollte diesen Fall auch diplomatisch aufgreifen und einfach fragen, welchem Rechtsverständnis die Schweiz hier folgt."
Der Ulmer Milliardär und Unternehmer Müller hatte als Kläger vor dem Landgericht geltend gemacht, er sei von Sarasin über das Geschäftsmodell des Sheridan-Fonds im Unklaren gelassen worden. Gegen das Ulmer Urteil zugunsten des Drogerieunternehmers hat Sarasin Berufung vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eingelegt. Die Bank wollte sich am Mittwoch nicht äussern./oe/bur/DP/mis
(AWP)