Und weil Ungewissheit nicht gerade ein Treibstoff für steigende Aktienkurse ist, müssen sich die Investoren auf weiterhin volatile Märkte einstellen. Die Sorge vor staatlich regulierten Medikamentenkosten, wie sie US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton zur Diskussion gebracht hatte, lastete während des gesamten Wahlkampfs im Jahr 2016 auf den Aktienkursen der Gesundheitsbranche. Zugleich signalisieren die steigenden Kurse als erste Reaktion auf die Wahl von Trump: von dessen Regierung erwarten die Investoren günstige Rahmenbedingungen in der Gesundheitspolitik. Das gilt für regulatorische Aspekte in der Medikamentenentwicklung, aber auch im Hinblick auf neue Geschäftsmodelle in der Gesundheitsversorgung, welche dem Bedürfnis nach mehr Kostenkontrolle bei zugleich qualitativ besseren Leistungen Rechnung tragen sollten. 

Was passiert mit Obamacare?

Eine der spannenden Fragen bleibt, ob die von Obama durchgeführte Gesundheitsreform unter Trump wieder vollständig rückgängig gemacht wird oder in Teilbereichen erhalten bleibt. Schätzungen von Regierungsseite gehen davon aus, dass sich die staatlichen Zuschüsse zwischen 2016 und 2026 von USD 43 Mrd. auf USD 106 Mrd. mehr als verdoppeln werden. Diese Belastungen bekommt vor allem die Mittelklasse zu spüren. Ferner hat die vermehrt fehlende Konkurrenzsituation unter Versicherern in gewissen Gegenden zu monopolähnlichen Strukturen geführt, da Krankenkassen dort nicht mehr kostendeckende Policen anbieten können.

Um das Gesundheitssystem qualitativ besser und zugleich effizienter zu gestalten, müssen nach unserer Einschätzung vermehrt marktwirtschaftlich basierte Strukturen implementiert werden. Es gilt jedoch zu beachten, dass in den USA bereits seit einiger Zeit Versicherer und Einkaufsorganisationen Preisdruck auf einzelne Medikamentenklassen ausüben, insbesondere bei Heilmitteln zur Behandlung von chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Rheuma oder Krebs. Insofern hat sich der von Trump im Januar proklamierte „Price Bidding“-Prozess bereits in einigen Segmenten etabliert.

Wichtiges Gesetz verabschiedet

Mit dem Wahlausgang ist der jahrelange Patt zwischen einem republikanisch dominierten Kongress und einem demokratischen US-Präsidenten aufgehoben. Bis zu den nächsten Parlamentswahlen in zwei Jahren öffnet sich damit ein Zeitfenster, um tiefgreifende Veränderungen in der Gesundheitsversorgung anzugehen. Die grösste Herausforderung besteht darin, die höheren finanziellen Lasten besser zwischen Staat, Versicherungen und Versicherten zu verteilen. 

Aktuell laufen Pilotprojekte von Seiten der US-Regierung, die unter anderem finanzielle Anreize für Dienstleister schaffen sollen, qualitativ bessere Services zu liefern. Der gerade im US-Kongress verabschiedete 21st Century Act bildet eine neue gesetzliche Grundlage für innovative Forschung und  bringt unter anderem USD 6,3 Mrd. mehr staatliche Fördergelder für verschiedene Projekte. 

 Innovation macht sich weiterhin bezahlt

Trotz der anhaltenden Unsicherheit über die Gesundheitspolitik unter Trump werden Medikamentenentwickler von neuen innovativen Therapien zu den Nutzniessern dieser Politik zählen. Klinikdienstleister stehen dagegen vor der Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle an den sich verschärfenden Kostendruck anzupassen. Für die grossen, international operierenden Medizintechnikkonzerne eröffnet sich die Möglichkeit, über die Produktverkäufe hinaus neue Geschäftsfelder zu besetzen. Während sich das globale Marktvolumen für herkömmliche Medtech-Sektoren auf USD 450 Mrd. beläuft, liegt es bei den Services bei USD 2,5 Bio. Branchengrössen wie Medtronic und Johnson & Johnson haben begonnen, ihre Technologie und Produkte in klinische Bereiche wie die Chirurgie und in die ambulante Nachbehandlung zu integrieren. Andere Wettbewerber werden hier nachziehen und damit zugleich die Konsolidierung vorantreiben.