Die Achilles-Ferse der «schlauen Dinge»
Für welches Attribut Ihres Smartphones würden Sie mehr bezahlen? Eine Frage, die amerikanischen Konsumenten während einer Statista-Erhebung im Frühling 2017 gestellt wurde. Die häufigste Antwort: für eine lange Akkulaufzeit. Andere für den Kauf relevante Merkmale (Design, Qualität, Marke oder Display) wurden als deutlich weniger wichtig erachtet. Kein Wunder, kennen wir es doch alle: Man hat ein paarmal telefoniert, ein wenig im Internet gesurft – schon ist der Akku leer. Während des langatmigen Ladevorgangs heisst es dann warten. Was einem in diesem Moment klar wird: Wertschaffende Technologien nutzen nur dann, wenn man sie auch nutzen kann. Ist der «Saft einmal raus», hat sich die Anwendung erledigt – bis zur nächsten Aufladung. Die adäquate Speicherung von Energie ist tatsächlich die Achilles-Ferse sämtlicher tragbarer Computer. Man denke an Smartwatches, mobile Rechner und «denkende» Garten- und Haushaltsgeräte wie Rasen- oder Saugroboter. Die Liste lässt sich um Paketdrohnen oder mobile medizinische Geräte des immer wichtiger werdenden «Digital Health»-Bereiches erweitern. Energie muss bei all diesen kabellosen Utensilien dann verfügbar sein, wenn sie gebraucht wird. Da die Zahl der «intelligenten Dinge» immer weiter steigt, wird sich auch das Bedürfnis nach adäquater Energiespeicherung verstärken.
Energiespeicherung: Voraussetzung für Nutzung – und Markterfolg
Batterien sind vor diesem Hintergrund gefragt wie nie. Zugleich werden die kleinen Energiespeicher aber auch vor grosse Herausforderungen gestellt: Während sie im Hinblick auf ihre Grösse immer weiter schrumpfen, müssen sie eine immer grössere Kapazität aufbringen. Schon die Studie «The Market for Smart Wearables 2015–2020: A Consumer Centric Approach» aus dem Jahr 2015 bezeichnete unzureichende Batterielaufzeiten als potenziellen «Marktkiller» für die erfolgsverwöhnten tragbaren Kleinstcomputer. Zwar steige die Zahl der Schnurlosgeräte, die eine Person besitzt. Doch sei die Zahl der Objekte, die man pro Nacht aufzuladen bereit ist, definitiv begrenzt. Drahtloses Aufladen? Eine unpraktikable Lösung. In Bezug auf Markteinführungen hat sich ausserdem erwiesen: Jede noch so aussichtsreiche Innovation wird schnell wieder aufgegeben, wenn Kunden zu viel Zeit für die «Wartung» (in unserem Fall: das ständige Aufladen) aufwenden müssen. Produktdesigner müssen dies verstehen und sich fragen, welchen Nutzen ein intelligentes Drahtlosprodukt mit unzureichender Batterieleistung überhaupt haben kann.
Ist Goodenoughs Erfindung auch «gut genug»?
Lithium-Ionen-Akkus gelten als die aktuell beste Lösung. Die Spezialbatterien sind gefragte Stromquellen für Millionen von tragbaren Geräten – und Elektroautos. Die mobilen Energiespeicher haben höchste Energiedichten und lassen sich auch vergleichsweise schnell aufladen. Das Geheimnis liegt in der Zutat «Lithium». Der Rohstoff führt dazu, dass der Wirkungsgrad alle anderen Batterieleistungen übertrifft. John Goodenough, 94 Jahre alter Professor der Cockrell School of Engineering (University of Texas), ist Miterfinder der Lithium-Ionen-Batterie. In einem Artikel der UT News (28.02.2017) gab er dieses Jahr eine angeblich nochmals verbesserte Batterien-Generation bekannt. Die kostengünstige «All-solid-state»-Batterie mit noch längerer Lebensdauer habe angeblich eine mehr als dreimal so hohe Energiedichte als aktuelle Lithium-Ionen-Batterien und sei ausserdem nicht brennbar. Goodenough hat statt flüssiger Elektrolyte Glas als festen Elektrolyt eingesetzt, der Anode und Kathode verbindet und die Gefahr von Kurzschlüssen und Bränden senkt.
Dem «Pannen-Handy» wurde verziehen
Ob es sich dabei tatsächlich um einen neuen Durchbruch in der Welt der Batterien handelt, bleibt allerdings abzuwarten. Ausserdem hat schon seine vorherige Errungenschaft, die Lithium-Ionen-Batterie, ganze zwanzig Jahre gebraucht, um von der Konzept- in die Kommerzialisierungsphase zu gelangen. Doch weshalb das Merkmal der Nichtbrennbarkeit? Es kam 2016 im Zuge überhitzter Akkus beim Samsung Galaxy Note 7 auf. Die hatten nicht nur Sicherheitsfragen aufgeworfen, sondern auch grosse ökonomische Auswirkungen hervorgerufen – nicht nur für Samsung. Die Kunden scheinen das Debakel allerdings schnell verziehen zu haben. So zeigten sich die amerikanischen Befragten bei einer Umfrage von Creative Strategies und SurveyMonkey vom Flop recht unbeeindruckt: Mehr als 80 % derer, die bereits ein Gerät des Smartphone-Marktführers nutzen, konnten sich definitiv oder vielleicht vorstellen, das Galaxy Note 8 zu kaufen. Unter den ehemaligen Besitzern des problembehafteten Note 7 fiel der Anteil sogar höher aus. Für Samsung scheint diese Krise überwunden; das Note 8 verkauft sich gut. Und im dritten Quartal 2017 wurde insbesondere wegen des florierenden Speicherchip-Geschäftes ein Rekordergebnis erzielt.
Elektromobilität mit Reichweitenproblemen
Kriterien, die für den Markterfolg von Wearables relevant sind, treffen auf Elektroautos meist noch stärker zu. Zum Beispiel weisen die strombetriebenen Fahrzeuge derzeit eine gravierende Nutzungseinschränkung in Form des «Reichweitenproblems» auf. Da der Sinn eines Autos darin liegt, auch weitere Strecken zurückzulegen, gilt der Mangel an öffentlicher Ladeinfrastruktur als das zurzeit grösste Hindernis für die Verbreitung von Elektroautos. Wird die E-Mobilität an diesen Herausforderungen scheitern? Die Meinungen sind geteilt. Eine Schlüsselkomponente für das Fahren mit Strom sei das Batteriesystem, lässt das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung auf seiner Webseite verlauten. Die beste Lösung für den Elektromobilsektor ist laut Ansicht der meisten Branchenexperten eine leistungsfähige Lithium-Ionen-Batterie. Reichweitenprognosen lassen dabei hoffen: Gemäss einer Schätzung vom März 2016 durch Horváth & Partners dürfte die durchschnittliche Reichweite aller verkauften Batterieautos von 150 Kilometern in 2011 und 240 Kilometern in 2015 auf bis zu 400 Kilometer in 2020 anwachsen.
Autobauer wappnen sich
Den weltweiten Spitzenplatz nach bisherigem Absatz (Zeitraum: Januar bis September 2017) belegt nach wie vor Tesla. Danach folgen BYD Company (ein chinesischer Hersteller von Batterien und einheimischen Elektroautos) sowie der deutsche Autobauer BMW. Letzterer verkauft nur einen kleinen Teil in seinem Heimmarkt Deutschland; laut der Branchenseite chip.de sind es nur gut 3100. Mehr als 22’200 der elektrisch betriebenen Kleinwagen aus der i3-Reihe wurden laut der Unternehmenssprecherin im Zeitraum vom Januar bis September 2017 in andere Länder der Welt ausgeliefert. So viel zu den Marktführern. Wie man sich auf den hinteren Plätzen auf das Segment vorbereiten kann, zeigt Ford. Ein Drittel weniger als bisher will der amerikanische Autobauer in Verbrennungsmotoren investieren – um den Betrag für die Entwicklung seiner E-Autos zu verwenden. Dies zusätzlich zum bereits angekündigten 4.5 Milliarden Dollar schweren Förderprogramm, mit dem Ford zum Weltmarktführer bei Elektromobilität aufsteigen will. Der Rivale General Motors ist ein weiteres aktuelles Beispiel. Laut heise.de hat der amerikanische Autogigant Anfang Oktober 2017 angekündigt, bis 2023 mindestens 20 neue E-Modelle auf den Markt zu bringen.
Verkaufsprognosen geben Hinweis auf Wachstumspotenzial
Und das hat seinen Grund: Das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik verweist auf die weltweit steigende Nachfrage nach Elektroautos. Laut einem neuen Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA) hat die Zahl der Elektrofahrzeuge auf den Strassen dieser Welt im Jahr 2016 tatsächlich die Zwei-Millionen-Marke geknackt. Mit mehr als 750’000 Neuzulassungen war es ein weiteres Rekordjahr für die Elektromobilität, die laut IEA am Beginn der Massenadoption steht. Die IEA schätzt die Anzahl globaler Verkäufe von Elektroautos anhand jüngster Aussagen von Automobilherstellern auf 9 bis 20 Millionen bis 2020 und auf 40 bis 70 Millionen bis 2025. Das klingt beeindruckend, ist aber nicht viel. Enormes Wachstumspotenzial besteht auch weiter, wie dieses kleine Zahlenspiel belegt: Die zwei Millionen E-Autos, die sich derzeit auf unseren Strassen befinden, machen nämlich nur 0.2 % der im Umlauf befindlichen Leichtfahrzeuge aus. Würde diese Zahl auf 50 Millionen steigen, würden Elektroautos immer noch nicht 5 % des weltweiten Fahrzeugbestands ausmachen.
China hat Appetit auf Elektromobilität
Kein anderes Land verkauft mehr Elektroautos als China. Die Volksrepublik hat die anderen beiden grossen Märkte Europa und die früher als Leitmarkt für E-Autos geltenden USA mit ihren vergleichsweise schwachen Wachstums-raten weit hinter sich gelassen («The Chinese Passenger Car Market 2017», Statista). Auch die weitere Prognose lässt das Reich der Mitte gut dastehen; dafür hat Pekings Zentralregierung gesorgt. Bis 2020 will sie fünf Millionen neue Elektrofahrzeuge auf chinesische Strassen bringen. Auch kleine Länder zeigen massive Wachstumsraten: Norwegens Marktanteil von Batteriefahrzeugen ist gemäss EAFO von 0 % im Jahr 2011 auf 18.45 % in 2017 angewachsen. Das wohl prominenteste Beispiel eines Landes, das in Bezug auf Elektromobilität von sich reden macht, ist Deutschland. Dessen meiste E-Autos stammen derzeit vom französischen Autobauer Renault. Zwar wird das im Jahr 2008 formulierte Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Boden zu bringen, wohl verfehlt werden (die IEA prognostizierte im März 2017 für 2022 Verkäufe von insgesamt zwei Millionen Wagen weltweit). Dennoch wird die politische Elite Deutschlands auch weiter alles daransetzen, die bestmögliche Zahl zu erreichen.
Die Batteriebarriere überwinden
Ein wichtiges Kaufkriterium ist der Preis und der ist bei E-Autos vergleichsweise hoch. Hauptsächlicher Preis-treiber ist die Lithium-Ionen-Batterie. Gemäss einer Umfrage des Beratungsunternehmens Altman Vilandrie & Company (Dezember 2016) unter 2500 US-Verbrauchern waren 83 % der Befragten der Meinung, der hohe Preis sei das Kaufhindernis. McKinsey bezeichnen das Preisproblem von E-Autos in ihrer Publikation «Electrifying insights: How automakers can drive electrified vehicle sales and profitability» (2017) sogar als Batteriebarriere: Obwohl die Batteriepreise seit 2010 schon um ungefähr 80 % gesunken seien, machten die geschätzten Kosten einer Batterie von 60 Kilowatt pro Stunde in 2016 immer noch 13’600 US-Dollar und laut Statista-Report 2017 ca. 50 % des Wagenpreises aus. Mit den anhaltenden Preissenkungen bei Lithium-Ionen-Batterien dürften E-Autos endgültig aus dem Nischendasein heraustreten. Das Kundeninteresse sei schliesslich da; nun gelte es, entsprechende Rahmenbedingungen zur Eliminierung der Batteriebarriere zu schaffen.
Tesla steckt fünf Milliarden in Batterieproduktion
Darauf wollte Tesla nicht warten. Der führende Hersteller von Elektroautos mit idealer Positionierung im Premiumsegment hat die Batterieangelegenheit selbst in die Hand genommen und wichtige Teile seiner Fertigungs- und Lieferkette zentralisiert. Skaleneffekte sollen so erreicht, die Effizienz gesteigert und Kosten gesenkt werden. Gewinn heisst: Erlöse minus die Kosten. Tatsächlich hat Elon Musks Vorzeigeunternehmen aber noch nie einen Gewinn eingefahren. Die raketenhafte Kursexplosion seit dem Start der Börsennotierung – der Titel ist um 1654 % gestiegen (18.06.2010 – 31.10.2017; Bloomberg) – reflektiert die hohen Erwartungen, die von Investoren ausgehen müssen. Wird Tesla diesen nun gerecht? Vielleicht. Starke Kostensenkungen verbessern schliesslich die Gewinn-situation signifikant. Seine sogenannte Gigafactory» betreibt Tesla in Kooperation mit Panasonic. Der japanische Elektronikkonzern war gemäss EV Sales grösster Hersteller nach weltweitem Absatz von Autobatterien in den Jahren 2015 und 2016. Auch die Plätze, die nach Panasonics Spitzenrang folgen, befinden sich vollends in asiatischer Hand. Besetzt werden sie von der chinesischen BYD, der südkoreanischen LG Chem, der japanischen Automotive Energy Supply – und der südkoreanischen Samsung, die ihr Handy-Debakel erfolgreich meisterte.
Mehr E-Autos bedeuten mehr Batterien
Zurück zu den Kosten: Teslas Fünf-Milliarden-US-Dollar-Gigafabrik in Nevada birgt das Potenzial, die Kosten für die Batterieproduktion um bis zu 35 % herunter zu bringen. Anerkannte Branchenexperten sagen, sie müssten allgemein auf 100 Dollar pro Kilowattstunde sinken, um Elektroautos in die Massenproduktion zu überführen. Die «Gigafactory» hat dank Eigenfertigungsvorteilen beste Chancen dazu. Kürzlich behauptete Tesla, sich bereits auf rund 124 Dollar pro Kilowattstunde zu bewegen. Ein endgültiger Durchbruch? Das E-Auto-Segment wird immerhin von gleich mehreren starken Trends getrieben. Dazu zählen das autonome Fahren, steigende Umweltauflagen in vielen Städten der Welt, ein generell gestiegenes Umweltbewusstsein, Interesse bei potenziellen Kunden – sowie starke Kostensenkungen bei Lithium-Ionen-Batterien. Werden mehr Batterieautos produziert, werden auch entsprechend mehr Batterien benötigt. So dürfte der potenzielle Aufwind der E-Autos auch umgekehrt die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien anheizen.
Im Blickfeld die ganze Wertschöpfungskette
Während in einem Handyakku etwa drei Gramm Lithium stecken, sind es im Laptop bereits 30 Gramm. In einem Standardakku für Elektroautos befinden sich ganze zehn Kilogramm und in einem Tesla-Fahrzeug sogar bis zu 40 Kilogramm. Ein potenziell weiterer Ausbau der Elektromobilität wird daher auch die Nachfrage nach dem Leichtmetall Lithium anfachen und könnte zum Beispiel Unternehmen der Lithiumförderung beflügeln. Eine gesteigerte Batterieproduktion dürfte nicht nur Batterieproduzenten, sondern auch weiteren in die Wertschöpfungskette eingebundenen Unternehmen (zum Beispiel denen der chemischen Verarbeitung, die im Zuge dessen von Steigerungen bei Auftragseingängen profitieren) Auftrieb verleihen. Laut dem Statista-Report wurden viele Massnahmen zur schrittweisen Verbesserung von Lithium-Ionen-Zellen und auch hin zur alternativen Batteriechemie ergriffen. Branchenexperten sind jedoch der Ansicht, dass die aktuelle Batteriegeneration in nächster Zeit die weltweit erste Wahl bleiben wird. Ein Grund, weshalb Tesla langfristig auf die aktuelle Lithium-Ionen-Batterie setzt und für seine Gigafactory fünf Milliarden US-Dollar bereitstellte.
Ein Indexkonzept erzeugt «Spannung»
Das Depot mit einem solchen Batteriethema anzureichern, könnte aus Anlegersicht eine Überlegung wert sein. Handelt es sich doch um ein interessantes Anlagethema, das die Diversifikation des Anlageportfolios auf einen neuen Level hieven könnte. Die obige Infografik veranschaulicht das Konzept sowie die wesentlichen Auswahlkriterien des neu lancierten Solactive Battery Energy Storage Performance-Index. Dessen Universum berücksichtigt globale Aktien von Unternehmen, die innerhalb der Wertschöpfungskette der Batterieherstellung (Lithiumförderung, Fabrikation chemischer Stoffe zur Batterieherstellung und Batterieproduktion) tätig sind. Die infrage kommenden Marktakteure generieren in diesen Bereichen entweder signifikante Einnahmen oder lassen sie zumindest erwarten. Die Titel müssen an einer ordentlichen Börse zugelassen sein. Weiter gelten mehrere quantitative Kriterien, die den liquiden Handel ermöglichen. Angepasst und zu gleichen Teilen gewichtet wird der Index halbjährlich; Dividendenzahlungen werden reinvestiert.
Der Solactive Battery Energy Storage Performance-Index ist ein Index der Solactive AG und wird von dieser berechnet und verteilt. Anleger partizipieren mittels eines Partizipationszertifikats nahezu eins zu eins an potenziellen Kursgewinnen, jedoch auch an möglichen Verlusten.
Weitere Informationen zum Battery Energy Storage Performance-Index finden Sie hier.