Der Stein des Anstosses ist der Einstieg des Cyberdevisen-Netzwerks Tron bei World Liberty Financial. An diesem Unternehmen, das vom Milliardär und künftigen Nahost-Beauftragten der US-Regierung Steve Witkoff vor wenigen Monaten gegründet wurde, ist Trump beteiligt.

Vor einigen Wochen hatte der Tron-Gründer Justin Sun den Kauf von World Liberty-Anteilen im Volumen von 30 Millionen Dollar bekannt gegeben. Damit stieg er zum grössten Investor der Firma auf, die neben Trump auch dessen drei Söhne als Teil des Management-Teams auflistet. Sun, gegen den die US-Börsenaufsicht SEC wegen mutmasslichen Betrugs ermittelt, hatte Trump in dessen Wahlkampf unterstützt. Unabhängig davon gilt Tron bei Kriminellen oder auch islamistischen Organisationen wie Hamas und Hisbollah als beliebt, weil Finanztransaktionen schneller und billiger abgewickelt werden können als beispielsweise über Bitcoin.

«Da schrillen sämtliche Alarmglocken», sagt Kathleen Clark, Professorin an der Washington University und Spezialistin für ethische Regierungsführung. Es sei unklar, ob und wie Trump vom Tron-Einstieg profitiere. Ausserdem ergebe sich ein Interessen-Konflikt, wenn seine Regierung im Januar die Kontrolle über die SEC übernimmt. Trump-Sprecher äusserten sich nicht direkt zu diesem Themenkomplex und betonten lediglich, dass er nicht für persönlichen Profit in die Politik gegangen sei.

World Liberty Financial gibt virtuelle Anteilsscheine aus

Das Geschäftsmodell von World Liberty sieht vor, dass Trump und weitere, nicht genannte «Partner» 75 Prozent der Firmenumsätze erhalten. Das Unternehmen gibt virtuelle Anteilsscheine aus, die anders als Bitcoin & Co aber nicht gehandelt werden dürfen. Dies schürt Spekulationen, dass Investoren diese «Token» kaufen, um sich Trumps Gunst zu sichern. «Ist dies eine alternative Möglichkeit, sich bei Trump einzuschmeicheln?», fragt Professorin Clark.

Ausserdem könnte Trump über World Liberty von einer lockereren Regulierung der Kryptobranche profitieren, die er im Wahlkampf versprochen hatte. Sein Kandidat für die Nachfolge des aktuellen SEC-Chefs Gary Gensler ist Paul Atkins, der als Krypto-Freund gilt. Sollten ausländische Regierungen oder Staatsfonds bei World Liberty einsteigen, könnten Trump und Witkoff zudem gegen die in der Verfassung festgeschriebene «Nebeneinkünfte-Klausel» verstossen, warnt Larry Noble, Professor an der American University und früherer Chefsyndikus der US-Wahlkommission. Sie verbietet Regierungsmitgliedern die Annahme von Geschenken oder anderen Vorteilen ohne die Zustimmung des Kongresses.

Sollte Trump den in diplomatischen Fragen unerfahrenen Witkoff für seine Aufgabe als Nahost-Beauftragter zum «ausserordentlichen Staatsbediensteten» deklarieren, gelte für diesen aber keine Obergrenze für Nebeneinkünfte, erläutert Scott Greytak, Experte der Organisation Transparency International. «Er muss diese aber öffentlich machen und darf in seiner offiziellen Rolle keine Massnahmen ergreifen, von denen er finanziell profitieren würde.» Trump müsse die Personalie aber nicht wie beispielsweise Minister vom US-Senat absegnen lassen.

Israelische Behörden haben zahlreiche Tron-Konten sichergestellt

Aber auch sonst sind Witkoffs unternehmerische Aktivitäten aus Sicht von Experten potenziell problematisch. Zwar will der Trump-Freund und Wahlkampfspender einem Insider zufolge sein gesamtes Vermögen in einem speziellen Treuhandfonds bündeln, der üblicherweise von einem externen Manager verwaltet wird. Interessenkonflikte seien dennoch nicht auszuschliessen, warnt Richard Painter, Professor an der Universität von Minnesota und Ethik-Berater des früheren US-Präsidenten George W. Bush. «Ob man an der Führung eines Unternehmens beteiligt ist oder nicht, ist irrelevant. Entscheidend ist, ob man ein finanzielles Interesse hat, das durch die Arbeit in der Regierung direkt beeinflusst werden könnte.» Witkoff wollte sich zu diesem Thema nicht äussern. World Liberty war für einen Kommentar nicht zu erreichen.

Israelische Behörden haben nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren zahlreiche Tron-Konten sichergestellt, die mit diversen islamistischen Gruppen in Verbindung stehen. Die Nachrichtenagentur Reuters konnte dies nicht unabhängig verifizieren. Auch die USA froren einige Tron-Konten ein. Hamas und Hisbollah waren für einen Kommentar zunächst nicht zu erreichen.

Tron äusserte sich nicht direkt zum Vorwurf, dass Islamisten das Kryptowährungsnetzwerk nutzen. Zwar gebe es auch Anwender mit kriminellen Motiven, dagegen gehe das Unternehmen aber proaktiv vor.

(Reuters)