Die älteste Kryptowährung der Welt hat deutlich korrigiert und notiert am Dienstag bei 83'200 Dollar. Seit dem ersten Januar 2025 ging es mit den Kursen des Bitcoin um 11 Prozent zurück. Der Abstand zum zwischenzeitlich erreichten Allzeithoch bei 109'350 Dollar am 20. Januar liegt bei 26 Prozent. Um diesen Höchstpreis erneut zu egalisieren, müsste der Bitcoin um etwas mehr als 31 Prozent zulegen. 

Die positiven Faktoren, welche die Kryptowährungen Anfang Jahr auf neue Rekordstände pushten, waren die von der US-Regierung angekündigte strategische Kryptoreserve, die allgemein freundliche Stimmung unter den Anlegerinnen und Anleger sowie die hohen Geldzuflüsse in Bitcoin-ETFs von institutionellen Investoren zwischen Januar 2024 und Januar 2025. Die Rally war von «FOMO» geprägt - sogenannte «Fear of missing out». Das heisst, Anlegerinnen und Anleger kaufen einen Vermögenswert in der Angst, eine Börsenkursrally zu verpassen.

Bei einer solchen Rally kommt es allerdings meist anders, als man denkt. Die letzten beissen die Hunde und die nachgebenden Kurse bei den US-Techaktien vermiesten den Kryptoinvestierenden die Stimmung. Getreu dem abgeänderten Motto: Wenn die Nasdaq hustet, bekommt der Bitcoin die Grippe.

Der rückläufige Appetit der Investoren nach risikoreicheren Anlagen in den letzten Wochen lässt sich auch an den Geldabflüssen aus den Bitcoin-ETFs ablesen, da die makroökonomischen Unsicherheiten um die Zollpolitik des US-Präsidenten oder die fehlenden Impulse aus der amerikanischen Kryptoreserve kein zusätzliches Momentum schaffen konnte. 

Ein Teil des jüngsten Kursrückgangs wurde ausgelöst, als klar wurde, dass keine unmittelbaren gross angelegten Kryptowährungskäufe durch die US-Regierung geplant waren und die Anleger die Vorsicht hinsichtlich der Aufnahme von Altcoins verdauten, erklärt Marion Laboure, Research-Analystin bei der Deutschen Bank jüngst in einer Kundennotiz. Viele Investierende hatten auf einen Preisanstieg des Bitcoin durch US-Staatskäufe gehofft. Doch der haushaltsneutrale Ansatz enttäuschte diese Erwartungen und trug zu einem Ausverkauf Mitte März bei. Immerhin habe sich die Marktstimmung stabilisiert und Händler betrachteten die Kryptoreserve als langfristig positiven Schritt und nicht als einen über Nacht eintretenden Wendepunkt.

Zukünftige Stimmungsänderungen werden von neuen politischen Details abhängen – wie tatsächliche Käufe oder potenzielle politische Hürden. Der Markt bleibt wachsam und wägt sowohl potenzielle Aufwärtsrisiken - falls der Plan an Fahrt gewinnt - als auch Abwärtsrisiken - falls er ins Stocken gerät oder weitgehend symbolisch bleibt - ab, betont die DB-Analystin weiter.

Wichtige Parameter - wie der Zeitplan für die Umsetzung, die Finanzierungsmechanismen und die Vermögensallokation - bleiben jedoch unsicher, ordnet Laboure von der Deutschen Bank ein. «Hinzu kommt die politische Komplexität, da der Plan möglicherweise die Zustimmung des US-Kongresses benötigt und von zukünftigen Regierungen rückgängig gemacht oder geändert werden könnte».

Diese politischen und gesetzgeberischen Unsicherheiten erhöhen das Risiko, die Umsetzung zu verzögern oder den Umfang der Initiative zu verändern. Der Erfolg des Vorschlags wird die US-Finanzstrategie indessen entscheidend prägen und globale Ansätze zur Integration digitaler Vermögenswerte in nationale Portfolios beeinflussen. Das beansprucht mehr Zeit, die den Anlegerinnen und Anleger Geduld abverlangt. 

Positive und negative Faktoren eingepreist

Mangels kurzfristiger Impulse aus der Politik richten viele Marktteilnehmer den Fokus auf die technischen Vorzeichen um den Bitcoin. Vier Indikatoren der Research-Boutique CryptoQuant deuten demnach auf einen Bärenmarkt hin. Der «CryptoQuant Bitcoin Bull-Bear Market Cycle Indikator» steht derzeit auf seinem pessimistischsten Niveau dieses Zyklus. Historisch gesehen signalisierten Bewertungskennzahlen auf diesen Niveaus entweder eine scharfe Korrektur oder den Beginn eines Bärenmarktes. Die CryptoQuant-Experten sind uneins und halten sich mit einer Prognose zurück, werten aber die unverändert hohen Portfolio-Bestände von langfristigen Bitcoin-Investoren - sogenannte Wale oder englisch «whales» - als positiven Aspekt. 

Adrian Fritz, Leiter der Research-Abteilung bei 21Shares, bringt auf der anderen Seite ein Argument hervor, welches unter Insidern schon längere Zeit als verlässlicher Indikator für die Kursentwicklung des Bitcoins verwendet wird: Die globale Geldmenge M2. Die Geldmenge M2 setzt sich aus den Sichteinlagen der Nichtbanken und dem gesamten Bargeldumlauf – kurz der Geldmenge M1 - sowie aus den kurzfristigen Termin- und Spareinlagen im globalen Währungssystem zusammen. Die Korrelation ist dabei einfach: Steigt die Geldmenge M2, steigt der Bitcoin und umgekehrt. 

Daten von Mai 2013 bis Juli 2024 belegen die Korrelation von M2 und dem Bitcoin mit einem beeindruckend hohen Wert von 0,94, was die enge Beziehung zwischen der führenden Kryptowährung und den weltweiten Liquiditätsströmen unterstreicht. Ein Wert von 1 bedeutet, dass sich zwei Werte parallel im Kurs entwickeln. Eine Korrelation von minus 1 deutet auf eine vollständig gegengesetzte Kursentwicklung hin. «Derzeit erleben wir eine neuerliche Ausweitung der Geldmenge M2 - ein Faktor, der traditionell als positiv für Bitcoin gilt», erläutert der 21Shares-Experte Fritz. Allzu grosse positive Rückschlüsse lassen sich daraus aber noch nicht ziehen. Es stellt sich die Frage, wie sich dieses Zusammenspiel in Zukunft entwickeln wird. 

Wenig beeindruckt vom jüngsten Kursrückgang zeigt sich Stefan Höchle, Leiter Investmentstrategie bei Digital Asset Solutions. «Fundamental hat sich wenig geändert. Täglich aktive Blockchain-Nutzer, Anzahl Transaktionen und Volumen führender dezentraler Apps liegen noch immer in der Nähe des Allzeithochs.» Seiner Meinung nach könnte die gesamte Krypto-Marktkapitalisierung in den nächsten zwölf Monaten bis zu 10 Billionen Dollar erreichen. Am Stand betrug diese 2,67 Billionen Dollar. 

Beruhigung der Volatilität

Gefühlt unterliegt der digitale Vermögenswert Bitcoin weiterhin einer hohen Volatilität respektive Schwankungsanfälligkeit. Der Historical «Bitcoin Historical Volatility Index» der Kryptohandelsplattform Bitmex zeigt aktuell einen Wert von 27 Punkten. Letztmals wurde dieser Wert Anfang August 2024 beim durch den sich in Luft auflösenden Yen-Carry-Trade und dem gleichzeitigen Crash an den Aktienmärkten erreicht. Der Tiefstwert des Index lag in den letzten zwei Jahren bei acht Punkten.

Die Schwankungsbreite der letzten dreissig Monate zwischen 8 und 28 Punkten ist tiefer als in den Jahren zuvor, als der Volatilitätsindex zum Teil mehr als einhundert Indexpunkte erreichte. Das weist auf einen Bitcoin hin, der sich immer stärker als eigene Vermögensklasse etabliert.

Ganz ohne hohe Volatilität geht dieser Prozess nicht über die Bühne und Kryptowährungen, die mit einer ähnlich niedrigen Volatilität wie Aktien aufwarten, dürften nicht im Interesse der Anlegergemeinde sein. Nur eine hohe Volatilität im Vergleich zu anderen Vermögenswerten verspricht hohe Kursgewinne - notabene einhergehend mit dem Risiko von hohen Verlusten. Insofern ist ein konträrer Ansatz - Kaufen, wenn alle Verkaufen - mit Re-Balancing immer noch der Königsweg beim Bitcoin-Investieren (mehr hier). 

Fazit: Wer jetzt einsteigt unter Berücksichtigung der hohen Volatilität, sollte dies über die nächsten Monate gestaffelt tun, um einen möglichst attraktiven Durchschnittspreis zu erzielen. Wer auf feste Kauflimiten setzen will, kann sich an den von CryptoQuant festgelegten technischen Niveaus orientieren. Hält sich der Bitcoin-Preis nicht auf dem aktuellen Niveau von 75'000 bis 78'000 US-Dollar - das ist 5 bis 7 Prozent unter den aktuellen Marktpreisen, sollten sich Anlegerinnen und Anleger auf das Niveau von 63'000 Dollar fokussieren. Dieses untere Niveau stellt den Mindestpreis für Händler dar und sollte bei weiter starken Preiskorrekturen als nachdrückliche Unterstützung dienen.

Thomas Daniel Marti
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