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Das Geschäft mit Abnehmspritzen gilt als lukrativ. Führende Anbieter auf diesem Gebiet – ich denke da etwa an Novo Nordisk oder Eli Lilly – erzielen mit ihren Medikamenten jährlich Milliardengewinne. Da überrascht es nicht, wenn auch andere Pharmaunternehmen in dieses Therapiegebiet vorstossen – oder es zumindest versuchen.
Eines dieser Unternehmen ist Roche. Vor etwas mehr als einem Jahr liess sich Firmenchef Thomas Schinecker den Wiedereinstieg ins Geschäft mit Abnehmspritzen knapp drei Milliarden Dollar kosten. Ziemlich genau soviel legte er für die amerikanische Carmot Therapies auf den Tisch. Dass es ihm ernst damit ist, zeigt die erst kürzlich bekannt gewordene Vereinbarung mit der dänischen Zealand Pharma. Die Vereinbarung sieht Zahlungen von bis zu 5,3 Milliarden Dollar vor.
Eine grosse Zukunft prophezeit man am Hauptsitz von Roche in Basel insbesondere der von Carmot Therapies entwickelten Abnehmpille CT-996, dürften oral verabreichbare Wirkstoffe den Abnehmspritzen eines Tages doch den Rang ablaufen.
Die Aktien von Eli Lilly kennen dank eines Forschungserfolgs kein Halten (Quelle: www.cash.ch)
Dass nun ausgerechnet Eli Lilly den Baslern einen dicken Strich durch diese Rechnung machen könnte, ist gleich doppelt bitter. Kürzlich feierten die Amerikaner nämlich ausgerechnet mit dem Wirkstoff Orforglipron einen Forschungserfolg – was von der Börse mit prozentual zweistelligen Kursavancen belohnt wurde. In weit fortgeschrittenen Studien erwies sich der in Pillenform verabreichbare Wirkstoff im Vergleich mit injizierbaren Schlankheitsmitteln als ebenbürtig.
Ursprünglich stammt Orforglipron allerdings nicht aus den Laboren der Amerikaner, sondern aus jenen der japanischen Roche-Tochter Chugai. Zur Erinnerung: Im Jahr 2018 stiegen die Basler in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus dem Geschäft mit Diabetesmedikamenten aus. Käuferin war damals – wie könnte es anders sein – Eli Lilly.
Auch auf die Gefahr hin mich zu wiederholen, war der Ausstieg aus dem Geschäft mit Diabetesmedikamenten von damals nicht der einzige strategische Fehlentscheid. Einen solchen sehe ich auch im Verkauf der ehemaligen Genentech-Produktionsstätte im kalifornischen Vacaville an den Pharmazulieferer Lonza – erst recht, seit das Basler Mutterhaus gestern Dienstag über ein mit 50 Milliarden Dollar dotiertes Investitionspaket für die USA informiert hat.
Ganz leer dürfte Roche in Sachen Orforglipron indes nicht ausgehen. So lässt der Pharmaanalyst Richard Vosser von J.P. Morgan bereits heute Lizenzzahlungen von 2,5 Milliarden Franken seitens von Eli Lilly an die Basler in sein Bewertungsmodell miteinfliessen. Dennoch stuft er die Genussscheine bloss mit «Underweight» und einem Kursziel von gerade einmal 230 Franken ein.
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Kommen wir an dieser Stelle auf Cicor Technologies zu sprechen. Mit einem Kursplus von knapp 60 Prozent seit Januar findet sich das übernahmehungrige Unternehmen aus Neuenburg weit oben auf der Liste der diesjährigen Börsengewinner wieder.
Ziemlich genau eine Woche ist es nun her, dass der für MWB Research tätige Analyst Alexander Zienkowicz die Aktien mit einem Kursziel von 100 Franken von «Buy» auf «Hold» abstrafte. Er trug mit diesem Schritt dem zuvor starken Lauf dieser Papiere Rechnung. Nun scheint es sich der Analyst anders überlegt zu haben. In einer mir zugespielten Unternehmensstudie geht er wieder auf «Buy». Und um seiner wiedergewonnenen Zuversicht den nötigen Nachdruck zu verleihen, veranschlagt er neuerdings sogar ein Kursziel von 120 Franken.
Die Aktien von Cicor haben seit Januar kräftig an Kurswert zugelegt (Quelle: www.cash.ch)
Für Zienkowicz kommt die Übernahme von Teilen der französischen Éolane einem Quantensprung in Richtung des mittelfristigen Umsatzziels von einer Milliarde Franken gleich. Cicor Technologies hatte in den ersten März-Tagen ein Angebot für sieben Éolane-Standorte abgegeben und vor wenigen Tagen dann den Zuschlag erhalten.
Angesichts dieses Hüst-und-Hotts stellt sich mir doch die Frage, ob nicht das Unternehmen selbst bei MWB Research vorstellig geworden ist nach der Herunterstufung und interveniert hat. Wenn ich einen Hinweis auf Seite 15 der Studie nämlich richtig verstehe, dann wird MWB Research für das Erstellen der Studie bezahlt. In Börsenkreisen spricht man in diesem Zusammenhang auch von «Sponsored Research».
Ich bin nun gespannt, ob sich in den nächsten Tagen weitere Analysten zu Wort melden und die Übernahme von Teilen der französischen Éolane ähnlich optimistisch einschätzen …
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Nach den vielen Erfahrungen mit Fettnäpfchen ist Roche gut vorbereitet für den Kampf gegen die Fettpolster.