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Am vergangenen Mittwoch nach Börsenschluss liess Zur Rose eine Bombe platzen: Man schaffe rund 600'000 neue Aktien aus genehmigtem Kapital und platziere diese dem Meistbietenden, so liess die Versandapotheke die hiesigen Wirtschaftsredaktionen in einer Mitteilung wissen.

Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand ahnte: Letztendlich sollten es sogar 650'000 neugeschaffene Aktien werden, die am frühen Donnerstagmorgen zu 290 Franken das Stück bei neuen Investoren untergebracht wurden. Das entspricht einem satten Abschlag von 12,5 Prozent gegenüber dem Schlusskurs vom Vorabend.

Welche Überlegungen seitens der Versandapotheke nun genau dahinterstecken, die beiden amerikanischen Investmentbanken Jefferies und Bank of America mit der Platzierung zu betrauen, ist mir nicht bekannt. Ebensowenig, inwiefern mithineingespielt haben dürfte, dass beide – zumindest nach aussen – ziemlich "heiss" auf die Aktien von Zur Rose sind. Die Bank of America preist letztere mit einem Kursziel von 550 Franken zum Kauf an. Jefferies kommt sogar auf ein Kursziel von 571 Franken. Ob man den Entscheid rückblickend bereut...?

Der satte Abschlag des Platzierungspreises gegenüber dem Schlusskurs vom Mittwochabend ist übrigens nicht das einzige merkwürdige oder auffällige Phänomen rund um die Platzierung.

Da wäre zuerst einmal die Kursschwäche vom letzten Montag. An diesem Tag brach der Kurs der Zur-Rose-Aktien vorübergehend um bis zu sechs Prozent ein, ohne dass klärende Neuigkeiten vorgelegen hätten. Und das begleitet von anschwellenden Handelsaktivitäten – auch bei den Derivaten. Vermutlich sei ein grosser Hedgefonds gezwungen gewesen, seine Titelpositionen glattzustellen, so verlautete es damals aus dem Handel. Dass auch die Valoren der Rivalin Shop Apotheke an diesem Tag einen schweren Stand hatten, schien diese Vermutung bestätigen zu wollen.

Merkwürdiges entnehme ich hingegen einem Kommentar aus dem Hause Jefferies. Darin zeigt sich Autor Alexander Thiel sichtlich überrascht vom Zeitpunkt der Kapitalerhöhung. Eigenen Angaben zufolge hatte er persönlich frühestens im neuen Jahr, wenn die Einführung elektronischer Medikamentenrezepte deutschlandweit umgesetzt ist, mit einem solchen Schritt gerechnet.

Kursentwicklung der Aktien von Zur Rose rund um die Platzierung neuer Titel (Quelle: www.cash.ch)

Noch merkwürdiger ist jedoch, was der Analyst über die Platzierung selber schreibt – nämlich, dass die angebotenen Aktien mehrfach überzeichnet gewesen seien und vorwiegend sogenannte "Long-Only"-Investoren Offerten eingereicht hätten. Dass nicht Leerverkäufer die sich ihnen bietende Gelegenheit nutzten, um ihre Wetten gegen Zur Rose zurückzufahren, überrascht mich schon sehr.

Interessant ist auch, dass sich die Valoren der Versandapotheke am Donnerstag in der ersten Handelsstunde beharrlich über 300 Franken zu halten vermochten und im weiteren Tagesverlauf kontinuierlich Boden gutmachen konnten. Da fragt sich doch: Wurden die Aktien zu tief platziert? Und: Hätte da nicht mehr drin liegen müssen?

Gewinner ist aus heutiger Sicht, wer bei Kursen zu 290 Franken zum Zug kam - während die übrigen Aktionärinnen und Aktionären das Nachsehen haben...

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Am Freitag kommentierte ich in der Börsenwoche im Schnelldurchlauf erst die überraschende Herunterstufung der Aktien der Credit Suisse durch die Erzrivalin UBS, dann auch noch den medial ausgeschlachteten Fehltritt von Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório.

Ich schrieb:

...und...

Nun meldet sich auch noch Mensur Pocinci zu Wort. Der genauso bekannte wie erfolgreiche Charttechnikexperte von Julius Bär wartet mit Berechnungen auf, die wohl jeder langjährigen Aktionärin und jedem langjährigen Aktionär der Credit Suisse die Tränen der Verzweiflung in die Augen schiessen lassen. Pocinci zufolge haben die Aktien der Grossbank den breit gefassten Swiss Performance Index (SPI) selbst unter Aufrechnung des Dividendenabgangs seit 2010 nur in einem einzigen Jahr in ihrer Entwicklung übertroffen – und zwar 2017. Damals immerhin um 7 Prozent.

Profiteure des Tiefzinszeitalters: Die besten Aktien in der Schweiz und USA in den letzten zehn Jahren

Der Hammer kommt allerdings erst noch: Hätte man Ende 2009 eine Million Franken nach dem SPI angelegt, dürfte man heute 1,85 Millionen Franken sein eigen nennen. Hätte man damals für die Million Aktien der Credit Suisse gekauft, wären heute nur noch 270'000 Franken davon übrig, wie Pocinci vorrechnet.

Aktienkursentwicklung der Credit Suisse über die letzten 10 Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Ob sich Horta-Osório dessen bewusst war, als er sich in mehreren Schritten Aktien seines neuen Mandatgebers anlachte?

Darf man dem Charttechniker von Julius Bär übrigens Glauben schenken, dann ist das Martyrium der Credit-Suisse-Aktionäre noch nicht ausgestanden. Seine Schlüsselbotschaft: Der Trend der letzten zehn Jahre bleibt intakt.

 

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