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Die Namenaktien von Julius Bär setzen ihre Talfahrt heute ungebremst fort. Dass die Rivalin Credit Suisse für den Vergleich mit dem amerikanischen Justizministeriums tief in die Tasche greifen muss, wird als Schuss vor den Bug der Zürcher Bank bezeichnet. Wie mir aus dem Berufshandel berichtet wird, treten schon seit gestern Nachmittag angelsächsische Kreise als Verkäufer in Erscheinung.

In einem Kommentar warnt der für die MainFirst Bank tätige Bankenexperte vor voreiligen Rückschlüssen von der Credit Suisse und ihrer mit insgesamt 2,8 Milliarden Dollar überraschend hohen Vergleichszahlung auf Julius Bär. Er hält fürs erste an seiner Schätzung von 500 Millionen Franken fest und empfiehlt die Aktien mit «Outperform» sowie einem Kursziel von 46 Franken zum Kauf.

Allerdings macht der Experte kein Geheimnis daraus, dass die gestrigen Aussagen des amerikanischen Justizministeriums alles andere als ermutigend sind. Die Sorgen des Marktes seien für ihn deshalb gut nachvollziehbar.

Es wird bei Julius Bär wohl noch eine Weile dauern, bis sich der Nebel lichtet. Denn einem früheren Kommentar der Berenberg Bank entnehme ich, dass der Zürcher Bank weitere Rechtskosten drohen. Noch offen sei der Fall Madoff, bei dem es um geschätzte 155 Millionen Dollar gehe, der Rechtsstreit um Vermögen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik im Gegenwert von 110 Millionen Franken, der Veruntreuung von Kundenvermögen im Umfang von 422 Millionen Franken sowie Schadenersatzansprüche asiatischer Kunden über 94 Millionen Singapur-Dollar und 186 Millionen Hong-Kong-Dollar.

Abgestützt auf Berechnungen für das Überschusskapital könne sich Julius Bär im Steuerstreit mit den USA bestenfalls eine Vergleichszahlung von 700 Millionen Franken leisten, so der Verfasser des Kommentars. Er schliesse nicht aus, dass dem Unternehmen letztendlich kein Überschusskapital mehr bleibe.

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Der Europäischen Zentralbank (EZB) ist das gelungen, was niemand so richtig geglaubt hatte: Alleine durch verbale Interventionen konnte sie den Euro schwächen und so den Devisenspekulanten den Wind aus den Segeln nehmen. Vermutlich werden die Verantwortlichen schon nächsten Monat auf Worte auch Taten folgen lassen. Die Einführung eines Negativzinses auf Bankeneinlagen gilt als sicher.

In einem Kommentar greift der für die Commerzbank tätige Währungsstratege dieses Thema auf. Anders als die meisten seiner Berufskollegen findet der Experte jedoch alles andere als wohlwollende Worte für die Politik der EZB.

Ein negativer Einlagensatz sei vor allem eine Belastung für die Banken und ganz besonders für den Teil des Bankensektors, der Überschussliquidität halte. Es sei daher ein Irrglaube, dass die Banken ihre Kreditvergabe ausweiten würden. Die extrem expansive Nullzinspolitik der Zentralbanken sei überhaupt nicht hilfreich und bewirke vermutlich sogar das Gegenteil, nämlich eine restriktivere Kreditpolitik.

Grundsätzlich sei ein leicht negativer Einlagensatz ein Belastungsfaktor für den Euro. Das stelle er gar nicht in Abrede, so der Experte. Dennoch wirke eine weitere Senkung um 10 oder 15 Basispunkte nicht stärker, nur weil die Nulllinie bei den Einlagesätzen durchschritten werde. Wenn überhaupt, dann wirke sie schwächer, weil nun völlig klar sei, dass das Ende der zinspolitischen Möglichkeiten näher rücke.

Grosse Zentralbanken wie die EZB dürften sich nicht wundern, wenn aufgrund ihrer Geldpolitik Verschwörungstheorien die Runde machten. Eine These sei, dass die Zentralbanken – so unabhängig sie pro forma auch sein mögen – die Realzinsen niedrig halten, um ihren Finanzministern die Finanzierung der seit 2008 ausufernden Staatschulden zu erleichtern. Nun sei diese Theorie für verschiedene Zentralbanken unterschiedlich plausibel. Während die US-Notenbank gerade auf dem Weg der Normalisierung ihrer Geldpolitik sei, müsse sich die EZB solche Verschwörungstheorien gefallen lassen.

Was die Geldpolitik grosser Zentralbanken wie der EZB angehe, müsse sie sich solche Motive unterstellen lassen. Sie sei es nicht, die immer wieder ihre Besicherungsregel so geändert habe, wie es den Finanzministern der Peripherieländer in der Krise recht gewesen sei. Und habe sie nicht mit ihrem Versprechen "zu tun, was immer nötig ist" de facto die Renditen der Staatsanleihen europäischer Peripherieländer gedeckelt, so fragt sich der Stratege.

Je mehr sich die Ansicht durchsetze, die EZB würde zum Helfershelfer überschuldeter Finanzminister, desto mehr werde der Euro leiden. Zum einen wäre dann ein Anleihenrückkaufprogramm nicht mehr weit und zum anderen wäre eine Normalisierung der europäischen Geldpolitik auch dann nicht mehr zu erwarten, wenn es die Umstände erlauben würden. Noch sei das alles vielleicht eine Verschwörungstheorie. Die EZB mache es Verschwörungstheoretikern momentan jedoch wirklich leicht.

Wie der Währungsstratege der Commerzbank bin ich ein strikter Gegner der sogenannten Monetarisierung der Staatsschulden und damit von Anleihekäufen durch die Zentralbanken. Aus Anlegersicht darf nicht vergessen gehen, dass die Staatsverschuldung in Europa neue Rekordstände erreicht hat. Die Schuldenprobleme europäischer Peripherieländer sind alles andere als gelöst. Ganz im Gegenteil: Mittlerweile melden sich Staaten wie Griechenland, Irland oder Portugal wieder erfolgreich am Kapitalmarkt zurück und das ganze Spiel geht von neuem los.