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Der unpopuläre Entscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB), den vor drei Jahren eingeführten Euro-Mindestkurs aufzugeben, hat die Schweizer Börse zwar von seinem Rekordhoch zurückfallen lassen. Günstiger ist der heimische Aktienmarkt damit aber nicht geworden.

Noch haben nicht alle Aktienanalysten ihre Umsatz- und Gewinnschätzungen an das neue Währungsumfeld angepasst. Dieser Prozess dürfte auch noch eine ganze Weile dauern und die Folgen der Frankenstärke auf die hiesigen Unternehmen nur nach und nach offenbaren.

Eigentlich sollte den Anlegern die Auswahl der richtigen Einzelaktien nach einer Börsenkorrektur wie der jüngsten wieder deutlich einfacher fallen. Doch gerade das Gegenteil ist der Fall. Denn der seit dem vergangenen Donnerstag beobachtete Rücksetzer unterscheidet sich grundlegend von jenen von Anfang Oktober und Mitte Dezember.

Auf die richtigen Einzelaktien zu setzen wird immer wichtiger. Mit einem Vorschlag gelangt in diesen Tagen der für Unternehmen aus dem Industriesektor tätige Experte von Helvea seine Anlagekundschaft. Die Namenaktien von Rieter scheinen es ihm besonders angetan zu haben. Während andere seiner Berufskollegen ihre Gewinnschätzungen und Kursziele reihenweise zusammenstreichen, bekräftigt er sowohl die Kaufempfehlung als auch das bei 260 Franken liegende Kursziel.

Der starke Franken werde die operative Marge des Textilmaschinenherstellers vorübergehend zwar um bis zu 300 Basispunkte drücken. Allerdings sei das Unternehmen nie zuvor so gut gegen Währungsturbulenzen gerüstet gewesen wie heute.

Liegt der für Helvea tätige Experte mit seiner Einschätzung richtig, könnte sich die Aktie über die kommenden 12 Monate im Kurs verdoppeln. Auf den bankeigenen Schätzungen für das laufende Jahr errechnet sich ein tiefes Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7,5. Darin sind aber noch keine währungsbedingten Abwärtsrevisionen enthalten.

Bereits zu Anpassungen konnte sich hingegen sein Berufskollege von der Bank Mirabaud durchringen. Er streicht seine Gewinnschätzungen für Rieter um bis zu 32 Prozent zusammen. Durch die Anpassungen fällt das Kursziel auf 165 (210) Franken zurück. Dennoch hält der Experte den jüngsten Kurseinbruch für übertrieben, weshalb er die Papiere von "Accumulate" auf "Buy" hochstuft.

Rieter hat alleine in den letzten fünf Handelstagen einen Viertel des Börsenwerts eingebüsst. Von den letztjährigen Höchstständen von Anfang Juli aus betrachtet liegt der Rückgang mittlerweile sogar bei knapp 50 Prozent. Ich rate Anlegern allerdings dazu, erst einmal weitere Gewinnneueinschätzungen abzuwarten und erst dann über einen Einstieg nachzudenken.

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Die Durststrecke für die Aktionäre von Syngenta zieht sich weiter hin. Während der Schweizer Aktienmarkt bis vor einer Woche von einem Rekord zum nächsten kletterte, büsste das Basler Agrarchemieunternehmen in den vergangenen zwei Jahren knapp einen Drittel seines Börsenwerts ein.

Nicht ohne Grund, sieht sich Syngenta doch einem schwierigen Umfeld ausgesetzt. Rückläufige Getreidepreise sorgen dafür, dass Landwirte rund um den Globus geringere Einkommen zur Verfügung haben. Dementsprechend zurückhaltend fallen die Investitionen in Pflanzenschutzmittel und Spezialsaatgut aus. Gleichzeitig sorgen Billiganbieter aus den Schwellenländern für einen immer intensiveren Wettbewerb im Geschäft mit Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden.

Dazu kommen hausgemachte Probleme wie Verzögerungen bei der Zulassung neuer Produkte und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Spezialsaatgut Viptera in Nordamerika. Noch sind deren finanziellen Auswirkungen nur schwer abschätzbar.

Für eine zusätzliche Baustelle sorgt der erstarkte Franken. Dieser kommt für Syngenta zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, untergräbt er doch die Stellung im internationalen Wettbewerb.

Darf man den für Bernstein Research tätigen Experten Glauben schenken, dann könnte der Entscheid der SNB den Reingewinn der Basler um bis zu 13 Prozent schmälern. In einem heute erschienenen Kommentar gehen sie sogar noch einen Schritt weiter und streichen ihre Erwartungen um bis zu 17 Prozent zusammen.

Die Aktien werden weiterhin mit "Underperform" eingestuft, was einer Verkaufsempfehlung gleichkommt. Vom 230 (265) Franken lautenden Kursziel lässt sich ein Abwärtspotenzial von mehr als 20 Prozent ableiten.

Ich bleibe dabei: Solange sich die Entscheidungsträger von Syngenta nicht zu einem strategischen Befreiungsschlag in Form einer Annäherung an das Partnerunternehmen DuPont oder den Rivalen Dow Chemical durchringen kann, ist nicht mit einer nachhaltigen Kurserholung zu rechnen.

Was das Jahresergebnis anbetrifft, müssen sich die Aktionäre noch bis zum 4. Februar gedulden. Eine weitere Ergebnisenttäuschung ist in Anbetracht der zahlreichen Problemherde nicht auszuschliessen.