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Noch bis vor wenigen Wochen galten Leerverkäufer als eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Die Aktienkurse stiegen und stiegen - und mit ihnen der Druck auf die Leerverkäufer, sich ihrer Wetten mittels aggressiver Deckungskäufe zu entledigen. Das wiederum erwies sich erst recht als Brandbeschleuniger.

Dem Vernehmen nach waren es denn auch aggressive Deckungskäufe, welche die Aktien von Nestlé mal eben schnell in den dreistelligen Frankenbereich vorstossen liessen - was sich mächtige amerikanische Leerverkäufer zunutze machten. Wie die jüngsten Statistiken der New York Stock Exchange (NYSE) verraten, schwollen die Wetten gegen die dort gehandelten American Deposit Receipts (ADRs) innerhalb von gerademal zwei Wochen um fast 80 Prozent auf 883'000 Titel an.

Auf den ersten Blick ist das gar nicht mal so viel - zumal am Schweizer Aktienmarkt an gewöhnlichen Tagen gut 4 Millionen Aktien die Hand wechseln. Dessen ungeachtet wird in New York mit fast zehnmal mehr Aktien gegen den Nahrungsmittelkonzern aus Vevey spekuliert als noch vor vier Wochen. Man muss schon in die Zeit vor der Beteiligungsnahme durch den berüchtigten Hedgefonds Third Point vom Frühsommer 2017 zurückgehen, um auf ähnlich üppige Wetten zu treffen.

Von wegen langweilig und träge: Die Aktien von Nestlé konnten in den letzten 12 Monaten kräftig zulegen (Quelle: www.cash.ch)

Weshalb Nestlé wieder vermehrt ins Visier amerikanischer Leerverkäufer gerät, darüber lässt sich bloss spekulieren. Entweder ist ihnen die luftig hohe Bewertung nicht mehr ganz geheuer - oder aber sie hoffen insgeheim, dass die exklusiven Verkaufsverhandlungen für das Sorgenkind Skin Health in letzter Minute doch noch in einer Sackgasse enden.

Nestlé ist übrigens nicht das einzige Unternehmen aus dem Swiss Market Index (SMI), gegen das sich die amerikanischen Leerverkäufer eingeschworen haben. Auch die Credit Suisse hat es ihnen wieder angetan, wie ein Blick auf die Statistiken der NYSE verrät.

Mit 7,4 Millionen leerverkauften Titeln laufen fast 50 Prozent mehr Wetten gegen die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken als zwei Wochen zuvor. Gegenüber vor acht Wochen sind es sogar sechsmal so viele.

Bei der Erzrivalin UBS befinden sich die amerikanischen Leerverkäufer hingegen auf dem Rückzug. Der Mist sei gekarrt, so verlautet aus Übersee in Anspielung an das milliardenschwere Gerichtsurteil in Frankreich gegen die grösste Schweizer Bank. Das Urteil dürfte die Grossbank zwar noch auf Jahre hinaus beschäftigen, die Strafhöhe in den nächsthöheren Instanzen voraussichtlich aber auf ein vernünftigeres Mass reduziert werden.

Die Aktien der UBS flirten mit den Mehrjahrestiefstkursen (Quelle: www.cash.ch)

Interessant ist, dass sich die am Schweizer Aktienmarkt gehandelten Papiere wenige Rappen über den Mehrjahrestiefstkursen von Ende März bei 11,64 Franken fürs erste wieder fangen konnten - pourvu que ça dure.

In New York ist die Anzahl leerverkaufter Titel innerhalb von wenigen Wochen vom Rekordstand von gut 20 Millionen auf zuletzt 15 Millionen geschmolzen. Das wiederum spricht eher gegen einen orchestrierten Angriff der Leerverkäufer auf die besagten Mehrjahrestiefstkurse.

Auch die Wetten gegen den Börsendebütanten Alcon schmolzen zuletzt wie Eis an der Sonne - und zwar auf 1,9 Millionen ADRs. Vor wenigen Wochen waren es noch mehr als doppelt so viele.

Anders als bei den Papieren der UBS ist bei jenen der ehemaligen Novartis-Tochter aber vermehrt wieder von gezielten Nadelstichen aus dem amerikanischen Raum zu hören. War im hiesigen Handel bis vor wenigen Tagen noch gemunkelt worden, dass in der Region von 58,50 Franken einige grössere limitierte Verkaufsaufträge vorzufinden seien, blieb der von den Leerverkäufern erhoffte Dammbruch bis heute aus. Der stete Kurszerfall der letzten Tage ist aus Aktionärssicht jedoch nicht viel weniger zermürbend.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich die Leerverkaufsstatistiken als gute Gegenindikatoren nutzen lassen. Gerade für stark leerverkaufte Aktien gilt: Wollen die Leerverkäufer ihre Wetten wieder schliessen, müssen sie die Aktien über den offenen Markt zurückkaufen. Dabei spielt der Preis für gewöhnlich kaum eine Rolle.

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