Auch am Schweizer Aktienmarkt haben die Bankaktien in den vergangenen Wochen und Monaten kontinuierlich an Wert gewonnen. Und dennoch: So richtig erwärmen können sich die Marktteilnehmer noch nicht für die Valoren von UBS, Credit Suisse und Co. Dies lässt sich zumindest von der aktuellsten Umfrage von Merrill Lynch bei Vermögensverwaltern und Fondsmanagern ableiten.
Möglicherweise brechen heute gerade deshalb die für JP Morgan tätigen Strategen eine Lanze für die Bankaktien. In einem Kommentar schreiben die Experten, dass der Bankensektor durchaus als Gewinner aus dem Börsenjahr 2013 hervorgehen könnte.
Gerade in Europa habe sich die Branche in den letzten Wochen in ihrer Entwicklung positiv von jener des breiten Marktes abzukoppeln begonnen. Unter der Voraussetzung, dass keine dunklen Wolken am Horizont aufziehen, sei über die kommenden 12 bis 24 Monaten eine überdurchschnittliche Kursentwicklung im Umfang von 30 bis 40 Prozent möglich. Diese Prognose mache zwar einen übertriebenen Eindruck. Doch selbst nach einer solchen Neubeurteilung und -bewertung würde die Branche noch immer rund 50 Prozent unter den historischen Höchstständen notieren, so heisst es im Kommentar.
In den vergangenen Monaten machten die Experten von JP Morgan hierzulande vor allem mit ihrer positiven Einschätzung für die Aktien von UBS und Credit Suisse Schlagzeilen. Nach der während der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres beobachteten Höherbewertung sind diese Papiere in den letzten Wochen in eine Seitwärtskonsolidierung übergegangen. Ich bin deshalb gespannt, ob die Experten richtig liegen und die Aktien der beiden Schweizer Grossbanken nach Abschluss dieser Konsolidierung in den Genuss weiterer Kursavancen kommen. Zumindest saisonale Aspekte sprechen derzeit für den Bankensektor, gilt das laufende erste Quartal doch als stärkstes des ganzen Jahres. Darüber hinaus sollten mit einer zeitlichen Verzögerung auch die deutlich freundlicheren Finanzmärkte endlich Spuren in der Gewinnentwicklung hinterlassen.
Interessant ist auch, dass Nomura heute in einer Sektorstudie eine Trading-Kaufempfehlung für die Aktien der Credit Suisse heraus gibt. Die Studienverfasser raten der eigenen Anlagekundschaft zu Hausseengagements in den Papieren der Schweizer Grossbank und im Gegenzug zu Baisseengagements im europäischen Bankensektor. Ihre Empfehlung begründen die Experten mit dem kurzfristig intakten Gewinnmomentum und den sehr geringen Risiken, dass das Unternehmen in den Zinsmanipulationsskandal mit hinein gezogen wird.
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An den Namenaktien von Galenica scheiden sich die Geister. Während die einen Analysten über die kommenden Jahre mit deutlichen Fortschritten beim Umsatz und Gewinn rechnen, hegen die anderen sogar Zweifel an der Nachhaltigkeit der aktuellen Ertragskraft.
Gefahr geht für das Berner Pharmaunternehmen vor allem vom umsatzträchtigen Eisenpräparat Venofer aus. Einem Kommentar von Merrill Lynch entnehme ich, dass die mit dem Präparat in den USA erzielten Verkäufe im laufenden Jahr rund 13 Prozent zum Reingewinn beitragen werden. Mit dem Markteintritt von Nachahmerprodukten rechnet der Verfasser des Kommentars vorerst nicht.
Anders sieht man es beim amerikanischen Generikahersteller Sagent: Anlässlich der Jahresergebnispräsentation von vergangener Woche gaben sich die Firmenverantwortlichen zuversichtlich, noch in der ersten Jahreshälfte eine eigene Version des Eisenmedikaments Venofer auf den Heimmarkt zu bringen.
Gemäss Merrill Lynch würde ein vorzeitiger Markteintritt eines Nachahmerprodukts den diesjährigen Reingewinn bei Galenica um bis zu 7 Prozent schmälern. Aufgrund des zuletzt intensiveren Wettbewerbs anderer Anbieter seien die Absatzpreise des Präparats sowieso unter Druck. Bei den Amerikanern werden die Aktien des Berner Unternehmens deshalb weiterhin mit «Underperform» und einem Kursziel von 540 Franken zum Verkauf empfohlen.
Für Wasser auf die Mühlen der Baissiers sorgt meines Erachtens auch der von Keryx entwickelte Phosphatbinder Zerenex. Im Falle einer Marktzulassung könnte Zerenex bei Dialysepatienten den Bedarf an Eisenpräparaten um rund die Hälfte senken. Dass die Nachhaltigkeit der aktuellen Ertragskraft bei Galenica von einigen Analysten angezweifelt wird, kann ich deshalb gut nachvollziehen.
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In den vergangenen Jahren ist die steuerliche Belastung börsenkotierter Unternehmen stetig gefallen. Schuld ist nicht nur der intensive Steuerwettbewerb, sondern auch aggressive Optimierungsmassnahmen durch die Unternehmen selber.
Gerade amerikanische Grosskonzerne sind diesbezüglich zu wahren Künstlern auf ihrem Gebiet geworden. Deshalb mussten sich Firmen wie Google oder Starbucks in der jüngeren Vergangenheit harsche Kritik gefallen lassen. Für die Öffentlichkeit wird die Steuerbelastung börsenkotierter Unternehmen deshalb genauso zu einem Thema wie für die Aktienmärkte.
In einer mir aus dem Berufshandel zugehaltenen Strategiestudie wirft HSBC die Frage auf, ob eine steigende Steuerbelastung zu einer Gefahr für die derzeitige Börsen-Hausse werden könnte. Aufgrund des Standortwettbewerbs rechnen die Studienverfasser nicht mit steigenden Unternehmenssteuern. Deshalb gehe davon auch keine Gefahr für die Aktienmärkte aus.
Interessant ist, dass führende Wirtschaftsnationen wie Grossbritannien, Deutschland und Frankreich die anderen G20-Staaten über das Wochenende zu Massnahmen aufgefordert haben, damit international tätige Unternehmen nicht mehr länger Gewinne in steuergünstige Länder transferieren können.
Ich bin deshalb etwas vorsichtiger als die Experten von HSBC. Denn die rund um Google und Starbucks ausgelöste Steuerkontroverse kommt für viele hoch verschuldete Nationen zu einem günstigen Zeitpunkt. Gelingt es diesen Ländern politisches Kapital daraus zu schlagen, könnte die Steuerbelastung für börsenkotierte Unternehmen über die kommenden Jahre zumindest leicht steigen. Dass damit die Börsenhausse abgewürgt wird, glaube ich allerdings nicht.