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Den Hauptsitz der UBS trennen am Paradeplatz in Zürich nur wenige Schritte von jenem der Credit Suisse. Dennoch könnten die beiden Unternehmenskulturen unterschiedlicher nicht sein. Das lässt sich auch damit erklären, dass die grössere der beiden Schweizer Grossbanken schon vor Jahren eine andere strategische Richtung als ihre Platzrivalin eingeschlagen hat.

Diese firmenspezifischen Unterschiede machen sich zusehends auch bei der Geschäftsentwicklung bemerkbar, wie die in diesen Tagen veröffentlichten Zahlenkränze eindrucksvoll zeigen.

Von einem einzigen Quartal lässt sich nicht auf das gesamte Jahr schliessen, dessen bin ich mir bewusst. Da es sich für viele Banken beim ersten Quartal saisonal betrachtet um das stärkste des ganzen Jahres handelt, nutze ich die Gelegenheit für eine Standortbestimmung nach den ersten drei Monaten.

Ertragssituation: Am Geschäftsertrag gemessen hat die grössere UBS die Nase vorn. Die Grossbank konnte den Ertrag gegenüber dem Vorjahr um 10 Prozent auf 7,53 Milliarden Franken steigern und die Analystenerwartungen dabei übertreffen. Noch eindrücklicher ist der fast doppelt so hohe prozentuale Zuwachs auf 5,54 Milliarden Franken bei der Credit Suisse. Allerdings hatte diese im Jahr zuvor einen deutlichen Ertragsrückgang zu beklagen.

Vorsteuergewinn: Nach einem Verlust im Vorjahr resultierte bei der Credit Suisse ein Quartalsgewinn vor Steuern von 670 Millionen Franken. Dem steht bei der UBS unter Ausklammerung von Rechtskosten ein im Jahresvergleich um 73 Prozent höherer Vorsteuergewinn von 1,69 Milliarden Franken gegenüber.

Die Aktien der Credit Suisse (rot) im 12-Monats-Vergleich mit jenen der UBS (grün) (Quelle: www.cash.ch).

Reingewinn: Der Konzerngewinn stieg bei der UBS sogar um 79 Prozent auf 1,27 Milliarden Franken, angetrieben von einem starken Beitrag sowohl aus dem Investment Banking als auch aus dem Wealth Management. Die Credit Suisse bringt es immerhin auf ein Reinergebnis von 569 Millionen Franken.

Margen im Wealth Management: Im zurückliegenden ersten Quartal steigerte die UBS die Bruttomarge im Wealth Management um 4 auf 77 Basispunkte. Bei der Credit Suisse war die Bruttomarge hingegen leicht rückläufig, lag aber noch immer bei stolzen 115 Basispunkten. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob sich diese beiden Zahlen wirklich vergleichen lassen.

Neugeldentwicklung: Der Credit Suisse flossen in den ersten drei Monaten unter dem Strich 12 Milliarden Franken zu, was einem Wachstum von 7 Prozent entspricht. Die UBS meldete hingegen einen Nettoneugeldzufluss von 20,5 Milliarden Franken. Das ist gar ein Plus von 7,6 Prozent.

Kosten: In diesem Zusammenhang gelangen der UBS zuletzt bedeutende Fortschritte. Mit 77,6 Prozent war das Verhältnis von Kosten zu den Erträgen (Cost-Income-Ratio) im Jahresvergleich stark rückläufig. Dem steht bei der Credit Suisse trotz einschneidender Sparmassnahmen ein ungünstigeres Verhältnis von rund 79 Prozent gegenüber.

Eigenkapital: Mit einer harten Kernkapitalquote von 14,1 Prozent und einem Eigendeckungsgrad von 3,9 Prozent bleibt die Eigenmittelsituation der UBS um einiges komfortabler als jene der Credit Suisse. Letztere weist per Ende März eine Kernkapitalquote von 11,7 Prozent und einen Eigendeckungsgrad von 3,3 Prozent auf. Nach der geplanten Kapitalerhöhung im Umfang von 4 Milliarden Franken dürfte die Kernkapitalquote schätzungsweise bei 13,4 Prozent, der Eigendeckungsgrad sogar bei hohen 5,1 Prozent liegen.

Dividende: Auf den Konten der UBS-Aktionäre wird die Dividende für das vergangene Geschäftsjahr am 10. Mai gutgeschrieben. Die zur Ausschüttung kommenden 0,60 Franken je Aktie ergeben zu den aktuellen Kursen eine Rendite von 3,5 Prozent. Die Anteilseigner der Credit Suisse müssen sich noch zwei Wochen länger gedulden, erhalten dann aber sogar 0,70 Franken je Aktie ausbezahlt. Das entspricht aus heutiger Sicht sogar einer Rendite von 4,6 Prozent. In Anbetracht der stärkeren Eigenkapitalbasis gilt die Ausschüttungspolitik der UBS in Expertenkreisen als nachhaltiger. Ähnlich verhält es sich mit der Ausschüttungsquote. Denn während die Credit Suisse Geld ausschüttet, das sie 2016 gar nicht verdient hat, kommt bei der UBS nur knapp die Hälfte des bereinigten Jahresgewinns zur Ausschüttung.

Bewertung: Auf Basis der diesjährigen Gewinnschätzungen errechnet sich bei den Aktien der UBS ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 13,5. Mit einem KGV von 15 sind jene der Credit Suisse etwas teurer. Das lässt sich damit erklären, dass sich die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken im Turnaround befindet und ihre wahre Ertragskraft bisweilen noch nicht entfalten konnte. Um Bankaktien miteinander zu vergleichen, wird auch gerne das Kurs-Buchwert-Verhältnis hinzugezogen. Diesbezüglich weist die Credit Suisse einen Bewertungsabschlag von nahezu 30 Prozent gegenüber der UBS auf. Im Zuge der 4 Milliarden Franken schweren Kapitalerhöhung wird sich diese Differenz allerdings auf gut 15 Prozent halbieren.

Grossaktionäre: Im Aktionariat beider Grossbanken gibt sich das "Wer ist wer" der Finanzwelt die Ehre. Zu den grössten Anteilseignern der UBS zählen neben The Chase Nominees (9,1 Prozent der Stimmen) auch die Staatsfonds von Singapur (6,4 Prozent) und Norwegen (3,3 Prozent) sowie der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock (4,9 Prozent). Auch bei der Credit Suisse sind The Chase Nominees (8 Prozent) das eigentliche Schwergewicht im Aktionariat, gefolgt von der Olayan Gruppe (5,4 Prozent) und dem Wüstenstaat Katar (4,9 Prozent). Die beiden Anteilseigner aus dem Nahen Osten halten Teile ihrer Beteiligung in hochverzinsten Pflichtwandelanleihen, die die Credit Suisse viel Geld kosten.

Die wichtigsten Bewertungskennzahlen auf einen Blick:

 

UBS

Credit Suisse

Kurs-Gewinn-Verhältnis 2017

13,5

14,8

Kurs-Gewinn-Verhältnis 2018

12,7

10,0

Kurs-Buchwert-Verhältnis 2017

1,2

0,8

Dividendenrendite 2016

3,5  Prozent

4,6 Prozent

Kernkapitalquote Ende März

14,1 Prozent

11,7 Prozent

Eigendeckungsgrad Ende März

3,9 Prozent

3,3 Prozent

 

Was Analysten sagen: Wie Erhebungen der Nachrichtenagentur verraten, werden die Aktien der UBS von jedem zweiten Analysten zum Kauf empfohlen. Immerhin drei Experten raten ihrer Kundschaft hingegen zum Verkauf der Valoren. Mit den Kaufempfehlungen verhält es sich bei den Aktien der Credit Suisse ähnlich. Allerdings senken sogar fünf Analysten ihren Daumen über den Papieren.

Wer nachts ruhige schlafen will, ist mit den Aktien der UBS besser aufgehoben. Nach dem Rückzug aus weiten Teilen des Investment Bankings ist die Gewinnentwicklung der Schweizer Grossbank geringeren Schwankungen ausgesetzt als bei der Credit Suisse. Und auch die Dividendenpolitik dürfte bei der UBS nachhaltiger als bei ihrer Platzrivalin sein.

Nach dem faktischen Tod des Schweizer Bankgeheimnisses und aufgrund der erdrückenden Dominanz der mächtigen amerikanischen Rivalen im Investment Banking sind die goldenen Zeiten für unsere beiden Schweizer Grossbanken wohl ein für allemal vorbei. Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, bleibe ich dabei: Mit den hiesigen Versicherungsaktien fahren an hohen Dividenden interessierte Anleger längerfristig besser.
 

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