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Als ob die sich widersprechenden Spekulationen rund um Actelion nicht schon für genügend Verwirrung sorgen, giessen jetzt auch noch einige Aktienanalysten kräftig Öl ins Feuer.

Gestern ging ein Raunen durch die Schweiz, als die für die Zürcher Kantonalbank tätige Analystin Mut bewies und die Aktien des in den vergangenen Jahren sehr erfolgreichen Pharmaherstellers aus Allschwil von "Übergewichten" auf "Marktgewichten" herunterstufte. Eine Übernahme durch Johnson & Johnson sei weniger wahrscheinlich als auch schon, so liess sie durchblicken.

Dem widerspricht ihr Berufskollege von Kepler Cheuvreux heute allerdings vehement. In einer Unternehmensstudie nimmt er die Abdeckung derselben Papiere mit einer Kaufempfehlung und einem Kursziel von 230 Franken auf. Der Autor räumt zwar ein, dass der Kurs in die Region von 160 Franken zurückfallen könnte, sollten sich die beiden Unternehmen nicht einig werden. Dennoch beziffert er die Wahrscheinlichkeit einer 260 Franken je Aktie schweren Übernahmeofferte auf hohe 70 Prozent.

Aktienkursentwicklung von Actelion seit Jahresbeginn; Quelle: www.cash.ch

Der Experte nennt gute Gründe, weshalb die Amerikaner für Actelion tief in die Kriegsschatulle greifen dürften. Zum einen sei arterieller Lungenbluthochdruck noch immer unterdiagnostiziert und zum anderen werde die Diagnose nicht nur von Kardiologen, sondern auch von Rheumatologen gestellt. Bei Letzteren macht er aus Sicht von Johnson & Johnson gewisse Anknüpfungspunkte aus.

Die heutige Kaufempfehlung aus dem Hause Kepler Cheuvreux ist meines Erachtens nicht weniger mutig als die gestrige Herunterstufung seitens der Zürcher Kantonalbank. Schliesslich errechnet sich zum risikogewichteten Kursziel von 230 Franken nicht mal mehr ein Aufwärtspotenzial von 10 Prozent. Man muss als Analyst von einem grosszügigen Angebot schon sehr überzeugt sein, um die eigene Anlagekundschaft jetzt noch zum Einstieg anzustacheln. Ich frage mich deshalb, ob der für Kepler Cheuvreux tätige Analyst eventuell gar etwas weiss, was wir nicht wissen.

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich gerne die derivatseitigen Handelsaktivitäten als Gradmesser für Spekulationen jeglicher Couleur hinzuziehe. Was solche Aktivitäten anbetrifft, herrscht bei Actelion allerdings schon seit Tagen eher Flaute.

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Schon seit Monaten wird bei Novartis auf einen Verkauf des an Roche gehaltenen Aktienpakets spekuliert. Bisweilen blieb es allerdings bei Spekulationen - vermutlich auch deshalb, weil es ganz schön was braucht, um die nicht sonderlich gut handelbaren Inhaberaktien bei institutionellen Investoren unterbringen zu können.

Dennoch sollte Novartis in dieser Sache endlich vorwärtsmachen. Schon bald verlieren wichtige Schlüsselprodukte bei Roche nämlich den Patentschutz, unter anderem das Brustkrebsmedikament Rituxan. Die Hersteller billiger Nachahmerprodukte stehen bereits in den Startlöchern und reiben sich jetzt schon die Hände. Unter ihnen ist auch die Novartis-Tochter Sandoz.

Die beste Konkurrenz ist jene unter dem eigenen Dach, pflegte mein verstorbener Grossvater stets zu sagen. Aus Sicht von Novartis macht es allerdings wenig Sinn, substanziell am Basler Rivalen beteiligt zu sein, diesen jedoch gleichzeitig mit Nachahmerprodukten anzugreifen.

Sprich: Es muss rasch eine Lösung her. Diese könnte so aussehen, dass Novartis eine Wandelanleihe, wandelbar in Inhaberaktien von Roche, auflegt - auch wenn das ein Ausstieg auf Zeit wäre.

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Nur noch wenige Wochen trennen uns vom neuen Börsenjahr. Wer jetzt denkt, dass die Karten am Schweizer Aktienmarkt frühestens in den ersten Januar-Tagen neu gemischt werden, der irrt gewaltig.

Viele Grossinvestoren schliessen ihre Bücher bereits vor den Feiertagen. Bis dahin haben sie ihre Aktiendepots für gewöhnlich längst einer grundlegenden Straffung und Neuausrichtung unterzogen. Sofern sich am Finanzmarktumfeld nicht grundlegend etwas ändert, werden bis zum Jahresende bestenfalls noch kleinere Anpassungen vorgenommen - und das auch nur, falls es denn unbedingt sein muss. Im Fachjargon spricht man in diesem Zusammenhang gerne auch von "Window Dressing" (siehe Artikel vom 6. Dezember).

Rückblickend war sogar schon der November ein Monat der Extreme. Zuvor über Monate, wenn nicht gar über Jahre hinweg beobachtete Gesetzmässigkeiten wurden an den Märkten quasi über Nacht über den Haufen geworfen. Nichts scheint mehr, wie es mal war.

Die Aktien von CS (rot) und UBS (grün) holen gegenüber den Valoren von Roche (violett), Novartis (orange) und Nestlé (rosa) auf; Quelle: www.cash.ch

Erhebungen der amerikanischen Investmentbank Merrill Lynch zufolge zogen Anleger im vergangenen Monat so viel Kapital aus Anleihen- und Edelmetallfonds ab wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr. Ein Grossteil davon floss in die Aktienfonds. Letztere erlebten einen Kapitalzufluss wie seit zwei Jahren nicht mehr.

Das Ausmass der Umschichtungen aus Anleihen in Aktien und aus von der konjunkturellen Entwicklung unabhängigen Qualitätsaktien in die Finanzwerte lässt darauf schliessen, dass an den Finanzmärkten die Weichen für 2017 schon im November gestellt wurden. Noch wird sich allerdings zeigen müssen, ob und in welchem Ausmass sich dieser Trend im kommenden Jahr fortsetzen wird.
 

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