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Die Zahlen 21 und 26 dürften den Aktionärinnen und Aktionären von Nestlé in diesen Tagen nur allzu vertraut sein. Die 21 steht für die Prozentzahl, welche die Valoren des Nahrungsmittelmultis aus Vevey alleine seit Januar an Kurswert eingebüsst haben. Die 26 steht hingegen für die Prozentzahl, mit welcher die Entwicklung des Swiss Market Index (SMI) seither verfehlt wurde.
Ich kann mich nicht daran erinnern, in meinen mehr als drei Jahrzehnten an der Börse schon einmal einer ähnlich schwachen Kursbilanz der Waadtländer begegnet zu sein. Welch eine Schmach – nicht nur für den langjährigen Firmenchef Mark Schneider, sondern mittlerweile auch für seinen Nachfolger Laurent Freixe. Mit seiner Initiative «Back to Basics» konnte er an der Börse bisher herzlich wenig punkten.
Aus den Handelsräumen der Bank Vontobel erreicht mich ein warnender Kommentar. Darin schreibt der namentlich nicht genannte Autor, dass der Kurs der Nestlé-Aktien besser nicht auf 75 Franken oder darunterfällt. Ansonsten sei nochmals mit einer grösseren – diesmal derivativgetriebenen - Verkaufswelle zu rechnen.
Die Nestlé-Aktien zählen zu den diesjährigen SMI-Verlierern (Quelle: www.cash.ch)
Dem Experten zufolge erfreuen sich Derivatkonstrukte auf die drei SMI-Schwergewichte bei Grossinvestoren grosser Beliebtheit. Da die Valoren des Nahrungsmittelmultis vor 12 Monaten noch zwischen 95 und 100 Franken kosteten, könnte ein Unterschreiten der 75-Franken-Marke einen Kursrutsch lostreten.
Und sowieso fehlt ihm noch ein letzter Ausverkauf bei stark anschwellenden Handelsumsätzen, um von einer Bodenbildung sprechen zu können. Ob der hauseigene Aktienanalyst das genau so sieht? Schliesslich preist er die Aktien von Nestlé ja mit einem Kursziel von 100 Franken zum Kauf an...
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Vor gut sechs Wochen vollzog AMS Osram eine Aktienzusammenlegung – im Fachjargon spricht man auch von einem «Reverse Split» – im Verhältnis 10 zu 1. Kosteten die Valoren des Sensorenherstellers damals um die 12 Franken, waren sie zuletzt für weniger als 6 Franken zu haben.
Gerade mal 600 Millionen Franken bringt das Unternehmen noch an Börsenwert auf die Waage. Das ist bloss noch ein Bruchteil dessen, was man sich unter dem früheren Firmenchef Alexander Everke die Übernahme von Osram kosten liess. Nein - Aktionärswerte hat man mit der Übernahme der einstigen Siemens-Tochter beileibe nicht geschaffen...
...stattdessen stehen die langjährigen Aktionärinnen und Aktionäre vor einem kleineren Scherbenhaufen. Mit Osram lachte sich AMS nämlich ein stattliches Automobilzuliefergeschäft an. Und das erst noch im Zyklushoch und grösstenteils fremdfinanziert. Den Scherbenhaufen zusammenkehren darf der jetzige Firmenchef Aldo Kamper.
Die Aktien von AMS Osram haben in den letzten Jahren substanziell an Kurswert verloren (Quelle: www.cash.ch)
Doch auch er kann keine Wunder vollbringen. Der Turnaround erfährt immer wieder Verzögerungen – zuletzt ausgerechnet aufgrund einer hartnäckigen Flaute im Automobilzuliefergeschäft. Die Vorgaben fürs Schlussquartal dieses Jahres sowie fürs erste Quartal kommenden Jahres lassen jedenfalls tief blicken.
Mit Letko, Brosseau & Associates verliert nun ein mehrjähriger Grossaktionär die Geduld mit AMS Osram. Der auf Übernahmekandidaten spezialisierte Finanzinvestor dünnt das Aktienpaket auf weniger als drei Prozent aus. Die Amerikaner hatten sich im März 2020 – damals rissen Pandemieängste die Kurse in die Tiefe – mit gut drei Prozent beim Sensorenhersteller eingenistet. Damals kosteten die Valoren mehr als zehnmal so viel wie zuletzt.
Letko, Brosseau & Associates befinden sich übrigens in guter Gesellschaft. Über die Jahre gaben sich bei AMS Osram gleich mehrere prominente Finanzinvestoren die Klinke in die Hand. Ich denke da etwa an den bekannten Substanzinvestor «Rich» Pzena oder den Fondsriesen Fidelity. Sie alle versuchten sich an den Aktien des Sensorenherstellers – und verbrannten sich die Finger an diesen.
Ich schrieb schon vor genau einem Jahr, dass mich vor allem die hohen Fremdkapitalkosten von einem Einstieg beim Sensorenhersteller abhalten. Ich kommentierte die damals vollzogene Bilanzsanierung mit folgenden Worten:
...und weiter...
Die daraus erwachsenden Fremdkapitalkosten müssen erst einmal geschultert werden. Und das erst recht im jetzigen Umfeld.
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