Die Aktionäre hiesiger Versicherungsunternehmen können sich nicht beklagen: Alleine in den vergangenen 12 Monaten konnte der entsprechende Unterindex des Swiss Performance Index um mehr als 37 Prozent zulegen.
Allerdings gerieten die Versicherungsaktien hierzulande im Laufe des Freitagnachmittags ins Rutschen. Auslöser war eine vorsichtige Studie der MainFirst Bank. Nach der jüngsten Neubeurteilung durch den Markt hält der Studienverfasser die Branche für fair bewertet. Zahlreichen Unternehmen drohe in den kommenden Jahren sogar eine negative Ertragsentwicklung. Das Lebensversicherungsgeschäft stehe weiterhin unter Druck und im Sachversicherungsgeschäft werde das von tiefen Renditen geprägte Investitionsumfeld nicht in allen Fällen von höheren Prämienansätzen aufgefangen.
Konsequenterweise nimmt der Experte gleich bei mehreren Aktien Rückstufungen vor. Bei den Papieren von Bâloise zieht er zwar das Kursziel auf 85 (75) Franken nach, senkt gleichzeitig jedoch das Anlageurteil von «Neutral» auf «Underperform». Für das laufende Jahr wird beim Basler Traditionsunternehmen nur mit einem leicht höheren Reingewinn gerechnet. Das Combined Ratio sei aufgrund von Reserveauflösungen und realisierten Kapitalgewinnen auf einem sehr hohen und möglicherweise nicht nachhaltigen Niveau. Dadurch werde das weitere Aufwärtspotenzial begrenzt. Aufgrund der zu ambitiösen Konsensschätzungen werden die Papiere in der Sektorstudie als Schlüsselverkaufsempfehlung bezeichnet.
Nicht besser ergeht es den von «Neutral» auf «Underperform» zurück gestutzten Aktien von Helvetia. Nach Anpassungen im Bewertungsmodell wird das Kursziel neu mit 370 (330) Franken angegeben. Der Studienverfasser befürchtet, dass die Markterwartungen für dieses und das nächste Jahr zu hoch sind und liegt mit seinen Annahmen deshalb um durchschnittlich 7 Prozent darunter. Darüber hinaus hält er eine Eigenkapitalrendite von 10 bis 12 Prozent in Anbetracht des schwierigen Marktumfelds für eine Herausforderung.
Die Papiere von Nationale Suisse werden im Rahmen einer Erstabdeckung mit «Underperform» und einem Kursziel von 45 Franken eingestuft. Das Unternehmen verfüge zwar über einen der attraktivsten Ergebnisbeiträge aus dem Sachversicherungsgeschäft in ganz Europa und werde dadurch von freundlicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen profitieren. Ausserdem macht der Experte im Auslandsgeschäft weiteres Restrukturierungspotenzial aus. Nach der starken Kursentwicklung der letzten Zeit sieht er allerdings nur noch ein begrenztes Aufwärtspotenzial.
Bei den Aktien von Swiss Re nimmt der Experte eine Rückstufung von «Neutral» auf «Underperform» mit einem Kursziel von 72 (70) Franken vor. Aufgrund des substanziell hohen Überschusskapitals und des in diesem Jahr 150-jährigen Bestehens sei mit einer Sonderdividende zu rechnen. Allerdings befürchtet der Studienverfasser in der Rückversicherungsindustrie eine Verschlechterung bei der zukünftigen Prämiengestaltung.
Bei der Zurich Insurance Group findet der Experte weiterhin Gefallen am breit abgestützten Versicherungsportfolio und der soliden Bilanz. Die überdurchschnittlich hohe Dividende gebe den Aktien im laufenden Quartal eine Stütze. Dennoch nimmt er seine Anlageempfehlung von «Neutral» auf «Underperform» zurück. Das Kursziel beziffert der Experte neu auf 265 (240) Franken.
Einzige Kaufempfehlung der MainFirst Bank im Schweizer Versicherungssektor sind die mit «Outperform» und einem auf 165 (144) Franken eingestuften Aktien von Swiss Life. In seiner Zuversicht stützt sich der Experte auf die neuen firmeneigenen Mittelfristziele ab. Die bis Ende 2015 definierten Zielgrössen würden sich noch nicht im Aktienkurs und in der Bewertung widerspiegeln. Und trotz den substanziellen Wertberichtigungen auf dem für AWD aktivierten Goodwill sei die Dividende sicher.
Ich verfolge den für die MainFirst Bank tätigen Experten schon seit seinen Tagen bei der Bank Sarasin. Sein Leistungsausweis über all die Jahre kann sich sehen lassen. Umso mehr dürfte von der mir vorliegenden Sektorstudie Signalwirkung für die hiesigen Versicherungsaktien ausgehen – auch wenn ich seine Einschätzungen für Swiss Life und die Zurich Insurance Group alles andere als teile.
***
Am Hauptsitz von Novartis in Basel stellt man sich in diesen Tagen möglicherweise auf schwierige Monate ein. Der Verlust des Patentschutzes beim Schlüsselmedikaments Diovan wird sich bis weit ins laufende Jahr in der Geschäftsentwicklung des Gesundheitskonglomerats hinein fressen.
Novartis ist darauf angewiesen, den bei Diovan drohenden Umsatzzerfall mit jüngeren Produkten aufzufangen. Eines von ihnen ist Gilenya, das erste in Form einer Pille verabreichbare MS-Medikament. Aufgrund der vom Konkurrenzpräparat BG-12 von Biogen Idec ausgehenden Gefahr eines in Zukunft intensiveren Wettbewerbs übten sich Analysten bei ihrer Einschätzung für das kommerzielle Potenzial von Gilenya bisher in vornehmer Zurückhaltung.
Wie mir aus Übersee berichtet wird, regt sich in den USA jedoch Widerstand gegen die Marktzulassung von BG-12. Bei der US-Gesundheitsbehörde FDA sei eine vom Mitbewerber Teva Pharmaceuticals angestrengte Bürgerinitiative gegen die Zulassung der MS-Pille eingegangen. Teva Pharmaceuticals hat mit Copaxone ein eigenes allerdings nicht in Pillenform verabreichbares Medikament auf dem Markt.
Obschon die Erfolgschancen der Bürgerinitiative als gering eingeschätzt werden, könnte sie den Verkaufsstart von BG-12 beeinträchtigen. In diesem Fall müssten wohl viele Analysten bei Gilenya mit positiven Vorzeichen über ihre zukünftigen Umsatzerwartungen gehen.
Auch die jüngsten Entwicklungen rund um das ebenfalls vom Patentablauf betroffene Medikament Zometa spielen aus heutiger Sicht in die Hände von Novartis. Meines Erachtens wird das kommerzielle Potenzial der zahlreichen jungen Medikamente der Basler vom Markt verkannt, was im weiteren Jahresverlauf für die eine oder andere Überraschung sorgen könnte.
Analyst spricht gleich für mehrere Schweizer Versicherungsaktien Verkaufsempfehlungen aus – Und: Ist bei Novartis die Angst vor einem intensiveren Wettbewerb für die MS-Pille Gilenya übertrieben?
14.01.2013 11:47
Von cash Insider
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