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Auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt sind es mächtige Akteure aus Übersee wie der Vermögensverwalter Blackrock oder der Fondsriese Capital Group, welche darüber mitentscheiden, in welche Richtung sich die Kurse bewegen.
Seit Freitag sind bei der SIX Swiss Exchange gleich für zwei Unternehmen aus der Schweiz Beteiligungsmeldungen eingegangen, bei welchen die Capital Group entweder Aktien zugekauft oder sich von solchen getrennt hat. Sichtlich angetan scheinen die Amerikaner von den Valoren von Sonova, halten sie doch erstmals seit zwei Jahren wieder mehr als drei Prozent am Hörgerätehersteller. Zu den bedeutendsten Aktionären zählen sie beim Weltmarktführer aus Stäfa sogar schon seit Herbst 2011 - eine gefühlte Ewigkeit.
Kürzlich kündigte Sonova auf Künstlicher Intelligenz ausgerichtete neue Produkte an. Seither kennt die Aktienkursentwicklung nur eine Richtung: Die nach oben. Der Hörgerätehersteller werde dadurch wieder zum Technologieführer aufsteigen, wie zu vernehmen ist.
Kursentwicklung der Sonova-Aktien seit Januar dieses Jahres (Quelle: www.cash.ch)
Bei SGS dünnte die Capital Group ihr Aktienpaket hingegen aus. Sich als Verkäufer von Aktien zu erkennen geben musste sich der Fondsriese nur deshalb, weil der Schwellenwert von drei Prozent unterschritten wurde. Die Amerikaner waren beim Warenprüfunternehmen aus Genf erst im Mai dieses Jahres erstmals nach zwölf Jahren wieder in den Olymp der Grossaktionäre aufgestiegen.
Ich gehe davon aus, dass es nicht bei diesen beiden Beteiligungsveränderungen geblieben ist. Vermutlich sind die besagten Offenlegungsmeldungen bloss die Spitze des Eisbergs. Vor vier Wochen machte die Capital Group in hiesigen Börsenkreisen schon mit Aktienverkäufen beim Pumpenspezialisten Sulzer und bei dessen einstigem Tochterunternehmen Medmix von sich Reden. Es macht ganz den Anschein, als ob der Fondsriese seine Schweizer Aktienbeteiligungen grundlegend neu ausrichtet.
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Als der für die UBS tätige Analyst Sebastian Vogel im Februar 2021 bei Kursen von 420 Franken eine Verkaufsempfehlung für die Aktien der DocMorris-Mutter Zur Rose aussprach, kam das einem Tabubruch gleich. Gerade in angelsächsischen Börsenkreisen wurden damals - im Hinblick auf die Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland - Kursziele von 800 Franken und mehr herumgereicht.
Doch es sollte alles ganz anders kommen. Die landesweite Einführung elektronischer Medikamentenrezepte bei unseren nördlichen Nachbarn wurde gleich mehrmals vertagt und die finanziellen Mittel der Versandapotheke wurden knapper und knapper. Letztendlich sah sich das Unternehmen sogar dazu gezwungen, das lukrative Schweizer Geschäft an die Migros zu verscherbeln.
Selbst nach diesem Befreiungsschlag hielt der UBS-Analyst allerdings unbeirrt an seiner Verkaufsempfehlung fest. Veranschlagte er im Februar 2021 ursprünglich ein 12-Monats-Kursziel von 266 Franken, lag dieses zuletzt noch bei 27 Franken. Das wiederum entspräche aus heutiger Sicht einem Rückschlagspotenzial von nochmals 25 Prozent.
In den letzten Tagen standen die Aktien von DocMorris unter Verkaufsdruck (Quelle: www.cash.ch)
Trotz oder gerade wegen dieser Verkaufsempfehlung nahm DocMorris an der diesjährigen Best of Switzerland Conference der UBS teil. Einen kleinen Seitenhieb in Richtung Grossbank konnte man sich jedoch nicht verkneifen: Während von vielen anderen Unternehmen entweder der Firmenchef oder wenigstens der Finanzchef an der Konferenz teilnahm, entsandte die Versandapotheke «bloss» den Investors-Relations-Verantwortlichen.
Wie der UBS-Analyst in einem mir vorliegenden Kommentar schreibt, berichtete der Investors-Relations-Verantwortliche davon, dass das Unternehmen bei den elektronischen Medikamentenrezepten weiterhin Marktanteile dazugewinnt. Bei einer Mehrheit der heutigen Kundinnen und Kunden auf diesem Gebiet handelt es sich allerdings um solche, welche in der Vergangenheit schon verschreibungsfreie Präparate orderten oder Medikamentenrezepte einreichten, als es diese noch auf Papier gab. Lange Rede, kurzer Sinn: Die Gewohnheiten ändern sich vermutlich langsamer als ursprünglich gedacht.
Im laufenden Jahr geht man bei DocMorris von Marketingausgaben in Höhe von 80 bis 90 Millionen Franken aus. Ob das ausreicht, um sich gegen den übermächtigen Rivalen Redcare Pharmacy durchsetzen zu können, wird sich zeigen müssen.
Die Aktien von DocMorris tauchen heute Montag jedenfalls schon mal auf Jahrestiefstkurse - vermutlich ganz zur Freude der vielen Leerverkäufer.
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