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Heute Montag berichtete ich im Insider Briefing davon, dass die Strategen von Goldman Sachs ihre Prognosen für den Stoxx Europe 600 Index zähneknirschend nach oben angepasst haben. Nachdem das viel beachtete Börsenbarometer in den letzten Tagen auf über 550 Punkte vorstossen konnte, sieht man sich bei der amerikanischen Investmentbank gezwungen, das Zwölf-Monats-Ziel auf 580 (zuvor 540) Punkte zu erhöhen.
Gar noch einen Schritt weiter gehen die Strategen der UBS London um den früheren Credit-Suisse-Chefdenker Andrew Garthwaite. Sie stufen die europäischen Aktienmärkte aus taktischen Gründen von «Benchmark» auf «Overweight» herauf. Wie ihre Berufskollegen bei Goldman Sachs halten auch sie ein Ende des Kriegs in der Ukraine für wahrscheinlicher als bisher. Garthwaite und seine Mitstrategen sehen in diesem Zusammenhang Raum für eine Halbierung der Gaspreise und rechnen damit einhergehend mit rückläufigen Strompreisen. Die Kombination aus beidem sollte einerseits zu einer Entspannung bei der Teuerungsentwicklung führen, verspricht andererseits aber auch eine wirtschaftliche Belebung. Für letzteres stehe ausserdem der Wiederaufbau der Ukraine. Wir sprechen hier von Instandstellungsarbeiten an der dortigen Infrastruktur, welche bei der UBS London auf insgesamt 600 Milliarden Dollar oder drei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung des Euroraums geschätzt wird.
Die Swiss-Re-Aktien blicken auf eine erfreuliche Kursbilanz zurück (Quelle: www.cash.ch)
Ihrer taktischen Heraufstufung für die europäischen Aktienmärkte verleihen die Strategen mit nicht weniger als 58 Aktienempfehlungen Nachdruck. Auf der Liste stosse ich mit dem Backwarenhersteller Aryzta (Zwölf-Monats-Kursziel 2,10 Franken, aktuell 1,84 Franken), dem Schaffhauser Mischkonzern Georg Fischer (Zwölf-Monats-Kursziel 95 Franken, aktuell 71,70 Franken), der einstigen Novartis-Tochter Alcon (Zwölf-Monats-Kursziel 95 Franken, aktuell 81,50 Franken), dem Flughafen Zürich (Zwölf-Monats-Kursziel 244 Franken, aktuell 228 Franken), dem Luxusgüterhersteller Richemont (Zwölf-Monats-Kursziel 180 Franken, aktuell 183 Franken), dem Bauchemiespezialisten Sika (Zwölf-Monats-Kursziel 290 Franken, aktuell 241 Franken) und dem Rückversicherer Swiss Re (Zwölf-Monats-Kursziel 150 Franken, aktuell 140,50 Franken) auf sieben bekannte Namen aus der Schweiz.
Neugierig wie ich bin, habe ich mich kurz mal eben schlau gemacht: Es sind dies – zumindest aus Schweizer Sicht – genau dieselben sieben Aktien, welche schon vor wenigen Wochen auf der «European Conviction Stock Ideas List» der Grossbank anzutreffen waren.
Obwohl so viel «Unité de doctrine» zwischen der UBS London und dem Schweizer Mutterhaus lobenswert ist, müssen sich Garthwaite und seine Mitstrategen den Vorwurf gefallen lassen, ihrer Anlagekundschaft «Alten Wein in neuen Schläuchen» verkaufen zu wollen.
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BioVersys blickt auf einen eher verhaltenen Einstand an der SIX Swiss Exchange zurück. Bisher notierten die Aktien des Börsendebütanten über weite Strecken unter dem Ausgabepreis von 36 Franken.
Nun trifft allerdings eine Kaufempfehlung aus Deutschland ein. In der neusten Ausgabe des in hiesigen Börsenkreisen als «Düsseldorfer» bekannten Anlegerbriefs raten die Autoren ihrer Leserschaft dazu, mitzuspielen. Einerseits argumentieren sie damit, dass der gesamte Emissionserlös aus dem Börsengang dem Unternehmen und nicht den Altaktionären zugutekommt. Andererseits – und jetzt wird es ein bisschen abenteuerlich – sehen sie im Erfolg vergangener Börsengänge wie etwa jenen von Accelleron (+177 Prozent), Sandoz (+75 Prozent) oder Galderma (+84 Prozent) einen Grund, um einzusteigen.
Kursentwicklung der Aktien von BioVersys seit dem Börsengang (Quelle: www.cash.ch)
Für mich ist letzteres Argument nur schwer nachvollziehbar. Folglich kommt die Kaufempfehlung aus Deutschland eher etwas blauäugig daher. Während der Bedarf an neuartigen Antibiotika zweifelsfrei gross ist, lässt sich über das kurzfristige kommerzielle Potenzial solcher Wirkstoffe durchaus streiten – zumal neuartige Antibiotika aufgrund ihrer strategischen Bedeutung nicht selten nur mit allergrösster Zurückhaltung zur Anwendung kommen. Anlegerinnen und Anleger stehen mit ihren Interessen dann meist hinten an.
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3 Kommentare
Guter Punkt betreffend Antibiotika. Wer mehr wissen will , soll man auf die Aktienbewertung von Basilea über die letzten 10 und 20 Jahre schauen. Düsseldorfer - Hinweis auf Entwicklung Börsenwert von Sandoz und Accelleron ist an den Haaren herbei gezogen. Beide Firmen waren spinoffs mit etabliertem Geschäftsmodell und Zahlen die Aussagekräftig waren. Da ist für einen Vergleich mit Bioversys viel Wunschdenken dabei.
Danke lieber Anuswiss. Ich hätte das nicht besser formulieren können. Deckt sich voll und ganz mit meiner Einschätzung.
Danke für das Kompliment.