Der cash Insider berichtet auch im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf X/Twitter aktiv.
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Die Angst, dass der amerikanische Präsident Donald Trump einen Handelskrieg lostreten würde, schüttelte die Finanzmärkte nur kurz durch. Bei den Strafzöllen gegen Kanada und Mexiko sollte es bei Drohgebärden bleiben, fanden die involvierten Parteien in letzter Minute doch einen Kompromiss. Wären da noch die eher moderaten Strafzölle Washingtons auf Importe aus China. Ein ausgewachsener Handelskrieg sieht anders aus – selbst wenn das letzte Wort mit Peking noch nicht gesprochen sein dürfte.
Bei uns am Schweizer Aktienmarkt gingen die Akteure denn auch ziemlich rasch wieder zum «courant normal» über. Wie schon in der Woche zuvor galt das Interesse der Jahresberichterstattung. Und ebenfalls wie in der Woche zuvor zogen die Zahlenkränze teils starke Kursverwerfungen nach sich.
Einen gar kühlen Empfang gab es diese Woche etwa für den neuen Julius-Bär-Chef Stefan Bollinger. Anlässlich der Jahresergebnispräsentation stellte sich dieser am Montag erstmals der Öffentlichkeit. Das unmissverständliche Urteil der Börse am Ende des Tages: Ein sattes Minus von fast 14 Prozent für die Aktien der Zürcher Traditionsbank.
Es war weniger der Zahlenkranz selber, welcher die Kurslawine an diesem Tag lostrat. Vielmehr dürfte letztere den übertriebenen Vorschusslorbeeren geschuldet gewesen sein.
Denn während der milliardenschwere Jahresgewinn selbst die kühnsten Analystenschätzungen übertraf, wurden die übrigen Kennzahlen den Erwartungen zumindest gerecht. Eine Dividendenerhöhung blieb hingegen aus – ebenso das erhoffte Aktienrückkaufprogramm. Zur Erinnerung: In Analystenkreisen lautete die Frage im Hinblick auf die Ergebnisveröffentlichung nicht ob, sondern vielmehr in welchem Umfang die Zürcher Bank eigene Aktien zurückkaufen würde. Entsprechende Schätzungen lagen zwischen 200 und 300 Millionen Franken.
Der Kurs der Julius-Bär-Aktien stürzte zu Wochenbeginn regelrecht ab (Quelle: www.cash.ch)
Allerdings spielt Bollinger in diesem Zusammenhang auf Zeit und will sich noch nicht so recht in die Karten blicken lassen. Auch mit seinen Aussagen zur diesjährigen Entwicklung des Kosten-Ertrags-Verhältnisses konnte er bei den Analysten nicht punkten. Somit stirbt auch die Hoffnung auf eine rasche Abschöpfung des brachliegenden Sparpotenzials durch den neuen Firmenchef.
Die Finanzwertespezialisten von Keefe Bruyette & Woods zögerten nicht lange und straften die Aktien von Julius Bär von «Outperform» auf «Market Perform» ab. Gleichzeitig kürzten sie ihr Kursziel auf 66 (zuvor 72) Franken. Doch selbst die Londoner Analysten um Thomas Hallett müssen einräumen, dass der Kurseinbruch etwas gar üppig ausfällt.
Ich selber bin eigentlich zuversichtlich, dass der neue starke Mann bei Julius Bär der Zürcher Bank schon bald seinen persönlichen Stempel aufdrückt. Ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung erscheint mir die drastische Reduktion der Geschäftsleitung von 15 auf nurmehr fünf Personen. Obwohl eigentlich längst überfällig, dürften weitere einschneidende Schritte folgen – was früher oder später auch von der Börse gewürdigt werden sollte. Einen möglichen Kurstreiber sehe ich übrigens im diesjährigen Investorentag von kommendem Monat. Dann nämlich will der neue Firmenchef seine Pläne für die Zürcher Bank kommunizieren.
«Zurück auf Start» hiess es für die Aktien der UBS – als wäre das hiesige Börsengeschehen bloss eine Partie «Monopoly». Spielte die grösste Schweizer Bank kurz vor der Veröffentlichung des Jahresergebnisses noch weit vorne auf der diesjährigen SMI-Gewinnerliste mit, musste sie danach gleich mehrere Plätze abgeben.
Dass der Aktienkurs auf unter 30 Franken zurückgefallen ist, überrascht mich schon sehr. Denn die Grossbank blickt auf ein erfreuliches Schlussquartal zurück. Zugegeben: Wie ich schon im Insider Briefing vom Dienstagmorgen schrieb, ist die Qualität des Zahlenkranzes nicht über jeglichen Zweifel erhaben. So ist das starke Abschneiden auf Gruppenebene vorwiegend dem starken Beitrag aus dem Investment Banking zu verdanken – ein Geschäftszweig, welcher als höchst launisch gilt und in der Vergangenheit immer wieder durch starke Ergebnisschwankungen auffiel.
Ansonsten gab es eigentlich nicht viel, worüber man sich als Aktionärin oder Aktionär der UBS beklagen müsste. Mit einem Plus von 29 Prozent auf 0,90 Dollar je Aktie fällt die Dividendenerhöhung um einiges üppiger aus, als Analysten angenommen hatten. Durchschnittlich lagen die Erwartungen bei einer Erhöhung auf 0,80 Dollar je Aktie. Ausserdem will die Grossbank bis Ende Jahr für bis zu 3 Milliarden Dollar eigene Aktien zurückkaufen – wobei zumindest ein Teil davon von den künftigen Eigenmittelvorschriften abhängig gemacht wird.
Einen Erklärungsversuch, weshalb die Valoren jüngst dennoch unter Verkaufsdruck gerieten, unternimmt der für J.P. Morgan tätige Bankenanalyst Kian Abouhossein. Er erklärt sich die Kursverluste mit rein technischen Aspekten und schreibt, dass die UBS zwischen Anfang Oktober und Ende Dezember erst 13 Milliarden Dollar von den ausländischen Töchtern ins Stammhaus zurückgeführt habe. Somit würden noch immer knapp 7 Milliarden Dollar bei den ausländischen Töchtern liegen. Diese sollen in einem weiteren Schritt «repatriiert» werden, wie man dem im Fachjargon auch sagt.
Dem Analysten zufolge irritiert einerseits, dass die Grossbank die Rückführung in zwei Schritten vollziehen will, andererseits aber auch, dass die Gelder bisher nur ins Stammhaus, aber noch nicht an die Gruppe weitertransferiert wurden. Dadurch erfuhr deren Kernkapitalquote (CET1) im Laufe des Schlussquartals «bloss» eine Verbesserung von 13,3 auf 13,5 Prozent.
Unabhängig vom noch immer ausstehenden politischen Entscheid rund um den «UBS-Finish» - sprich die künftigen massgeschneiderten Eigenkapitalvorschriften für die Grossbank – sieht man bei J.P. Morgan im jüngsten Kursrücksetzer eine günstige Kaufgelegenheit. Die amerikanische Investmentbank preist die Aktien wie bis anhin mit «Overweight» und einem Kursziel von 34 Franken an.
Will man dem für Goldman Sachs tätigen Analysten Chris Hallam Glauben schenken, dann sind die Aktien der grössten Schweizer Bank aus Anlegersicht jetzt erst recht ein «Muss». Gestern Donnerstag erhöhte er sein 12-Monats-Kursziel auf 44,50 (zuvor 42,70) Franken und bekräftigte bei dieser Gelegenheit seine Kaufempfehlung. Es ist das höchste mir bekannte Kursziel. Hallam räumt zwar ein, dass sich noch strengere Eigenmittelanforderungen nicht einfach so mir-nichts-dir-nichts durch die Repatriierung von Kapital auffangen lassen. Allerdings reflektiere sich weder die Ertragskraft der Grossbank noch die Fähigkeit zur organischen Stärkung der Eigenkapitalbasis in angemessener Weise im Aktienkurs.
Für die UBS-Aktien glich die Woche einem wilden Ritt auf der Achterbahn (Quelle: www.cash.ch)
Auch sein Berufskollege Peter Berger bei der Basler Kantonalbank gewinnt dem vorliegenden Ergebnis vorwiegend positive Aspekte ab. Beim Analysten punkten kann die UBS insbesondere damit, dass sie mit dem Abbau von Risikopositionen in der «Bad Bank» schneller als gedacht vorankommt. Auf das solide Tagesgeschäft, die robuste Bilanz und die deutliche Unterbewertung abgestützt, erhöht Berger sein Kursziel für die mit «Übergewichten» eingestuften Aktien auf 38 (zuvor 35) Franken.
Ich teile diese Einschätzung, halte doch auch ich die zahlenbedingten Kursverluste für übertrieben. Die UBS ist und bleibt jedenfalls ein fester Bestandteil meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2025.
Ein allgegenwärtiges Thema bleibt die künstliche Intelligenz. Und das nicht nur medial, sondern auch an der Börse. Dass die Nachrichtenlage in diesem Zusammenhang auch gegen das eigene Unternehmen laufen kann, bekam am Dienstag der Hörgerätehersteller Sonova schmerzhaft zu spüren.
Zeitweise büssten die Valoren des Weltmarktführers aus Stäfa an diesem Tag mehr als drei Prozent ein, nachdem bekannt geworden war, dass der Rivale GN mit ReSound Vivia mit dem kleinsten KI-fähigen Hörgerät auf den Markt drängt. Anders als die Aktien von Sonova reagierten jene der dänischen GN-Mutter GN Store Nord mit einem Kurssprung von mehr als sieben Prozent.
Tags darauf legte mit Demant der zweite Erzrivale Sonovas das Ergebnis für die zweite Jahreshälfte vor. Dieses bewegte sich im Rahmen der tiefen Erwartungen. Dasselbe liesse sich über den Ausblick sagen. Dass die Dänen von einem «intensiven Wettbewerb» unter den führenden Anbietern berichteten, sorgte auch in hiesigen Börsenkreisen für Gesprächsstoff.
Als Sonova noch Phonak hiess, galt das Unternehmen aus Stäfa lange Zeit als unangefochtener Technologieführer. Ähnlich verhielt es sich auch, als die Schweizer der Weltöffentlichkeit ihre ersten KI-fähigen Produkte vorstellten. Doch spätestens die letzten Tage zeigen, dass man die beiden Erzrivalen GN und Demant deswegen noch lange nicht abschreiben sollte. Die technologische Kluft zwischen diesen führenden Anbietern ist über die Jahre geschrumpft und die Technologieführerschaft Sonovas dadurch nicht länger in Stein gemeisselt...
Nächste Woche wartet neben SGS, Swisscom und Schindler auch das Schwergewicht Nestlé mit Zahlen auf. Allerdings müssen sich die nicht eben erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre noch bis Donnerstag in Geduld üben. Mein Interesse gilt an diesem Tag insbesondere den diesjährigen Finanzzielen. Eine erste Würdigung meinerseits gibt es am kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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3 Kommentare
Sanova ist auch ok
ich bin mit allem was sie geschrieben haben einverstanden.
Vielen Dank Herr Ern. Herzliche Grüsse in die Ferne, cash Insider.