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Einmal mehr krempeln die Aktienstrategen der UBS um Chefdenker Gerry Fowler bei ihren taktischen Empfehlungen für Europa völlig um. Sie verfallen dabei in alte Verhaltensmuster. Waren vor noch wenigen Wochen etwa der Unterhaltungselektronikhersteller Logitech, das Pharmaunternehmen Novartis, der Risikokapitalspezialist Partners Group, der Mobilfunkanbieter Swisscom oder das Warenprüfunternehmen SGS auf der Liste mit kurzfristigen Kaufempfehlungen zu finden, geht die Schweiz neuerdings nämlich leer aus.

Ganz anders auf der Liste mit kurzfristigen Verkaufsempfehlungen. Auf dieser ist die Schweiz prominent vertreten – und zwar durch das Marktentwicklungsunternehmen DKSH, den Pharmagrossisten Galenica, den Laborausrüster Tecan, den Automationsanbieter Belimo, den Pharmazulieferer Bachem sowie das Schwergewicht Roche.

Bei Galenica und Tecan widersprechen die Strategen gar dem hauseigenen Analysten Sebastian Vogel. Er preist die Valoren von Galenica mit einem 12-Monats-Kursziel von 81 Franken und jene von Tecan mit einem 12-Monats-Kursziel von 425 Franken an. Beim Laborausrüster sah sich der Analyst erst kürzlich zu einer Reduktion seiner Gewinnschätzungen um bis zu neun Prozent gezwungen, nachdem das Unternehmen beim letztjährigen Umsatz enttäuscht hatte.

Aufstieg und Fall der Genussscheine von Roche (Quelle: www.cash.ch)

Zur Erinnerung: Bei den taktischen Empfehlungen stützen sich die UBS-Strategen in London auf quantitative Gesichtspunkte ab. So lassen sie etwa ihre Erwartungen an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die Gewinnerwartungen, die Bewertung oder auch die Positionierung der Anleger ins Modell miteinfliessen. Bei der qualitativen Analyse befindet am Ende des Tages ein Computermodell anhand von Daten darüber, ob eine Aktie nun kaufenswert ist oder nicht. Gerade im Wissen, dass einem an der Börse die Emotionen manchmal ganz schön einen Strich durch die Rechnung machen können, ist dieser Ansatz aber vielleicht ja gar nicht mal so verkehrt.

Eine weitere taktische Kaufempfehlung geht für die Valoren von DocMorris ein. Der für die Deutsche Bank tätige Analyst Jan Koch rechnet bei der Versandapotheke kurzfristig wieder mit steigenden Kursen.

Seines Erachtens schreitet der Siegeszug elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland schneller voran als gedacht und sieht in der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzesentwurfs durch den deutschen Bundesrat einen möglichen Aktienkurstreiber. Das gilt auch für die Valoren des Gegenspielers Redcare Pharmacy, welche ebenfalls taktisch zum Einstieg angepriesen werden.

Die Aktien von DocMorris werden bei der Deutschen Bank übrigens seit dem 20. Dezember mit "Buy" eingestuft. Der zuständige Analyst erhöhte sein Kursziel damals auf 102 (zuvor 49) Franken. Jetzt eine taktische Kaufempfehlung auszusprechen, nachdem sich der Börsenwert der Versandapotheke seit Januar letzten Jahres nahezu verdreifach hat, bedarf schon einiges an Mut – und der besagten Empfehlung Folge zu leisten sowieso.

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Eine Bestätigung der Kaufempfehlung durch Stifel-Analyst Jürgen Wagner reichte gestern Montag aus, um den Aktien von AMS Osram satte Kursgewinne zu bescheren. Darüber, dass Wagner beim Sensorenhersteller von Anhaltspunkten für eine weitere Nachfrageverschlechterung berichtet und vor einem möglicherweise schwachen Zahlenkranz warnt, wird grosszügig hinweggeschaut – ebenso über die Reduktion des Kursziels auf 3,20 (zuvor 3,80) Franken.

Bei genauerem Hinschauen fällt auf, dass der Analyst seine diesjährigen Gewinnschätzungen um nicht weniger als 62 Prozent zusammenstreicht. Das ist deutlich mehr, als dass die Kurszielreduktion vermuten liesse. Auch unter den Branchenfavoriten des amerikanischen Brokers sucht man die Aktien vergeblich.

Die Aktien von AMS Osram reagieren mit einem Kursfeuerwerk auf die Stifel-Empfehlung (Quelle: www.cash.ch)

Sowieso wird das Handelsgeschehen beim Sensorenhersteller nach der erfolgreichen – wenn auch teuer erkauften - Bilanzsanierung bestenfalls am Rande von fundamentalen Gesichtspunkten bestimmt. Vielmehr mischen Spekulanten unterschiedlichster Couleur mit. Ich denke da etwa an die vielen Leerverkäufer oder die Derivatkonstrukte einiger Banken auf die stark schwankenden Aktien.

Spätestens wenn AMS Osram am 9. Februar das Ergebnis für das Schlussquartal vorlegt und einen Ausblick abgibt, dürfte das Interesse vermehrt wieder den fundamentalen Gesichtspunkten gelten. Hoffentlich werden die nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre dann nicht von der bitteren Realität eingeholt...

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