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Kaum ein Schweizer Nebenwert, der nicht zu deutlich tieferen Kursen zu haben ist als noch im Hochsommer vergangenen Jahres. Wer sich damals nicht von der allgemeinen Euphorie anstecken und zum Einstieg verleiten liess, der hat nun die Qual der Wahl: Ihm bietet sich das eine oder andere - wenn auch nur vermeintliche - Schnäppchen.
Und obwohl sich die meisten Nebenwerte aus ihrem Dezember-Loch befreien konnten, kehrt bei den Banken und ihren Aktienstrategen so langsam der Appetit zurück. Das gilt insbesondere für die Überflieger-Aktien der letzten Jahre.
Dass heute Dienstag Verkaufsempfehlungen für gleich zwei dieser noch immer sehr beliebten Aktien eintreffen, kommt deshalb einem Tabubruch gleich.
Am meisten überrascht dabei die Erstabdeckung der Aktien von Sika mit "Underweight" und einem Kursziel von 120 Franken durch Morgan Stanley. Die Analysten um Alejandra Pereda stellen dabei nicht nur den Bewertungsaufschlag gegenüber dem langjährigen Durchschnitt, sondern auch jenen gegenüber vergleichbaren Rivalen in Frage. Im selben Atemzug warnen sie, dass sich auch der Chemiehersteller aus Baar der könne kann. Im ungünstigsten Fall rechnen die Analysten gar mit Kursen um 100 Franken.
Mit Komax trifft die zweite Verkaufsempfehlung ebenfalls ein in den letzten Jahren erfolgreiches sowie bei Analysten und Anlegern gleichermassen beliebtes Unternehmen. Absender der Empfehlung ist Analyst Daniel Strickler bei Kepler Cheuvreux. In einer Unternehmensstudie nimmt er nimmt die Abdeckung der Aktien mit "Reduce" und einem Kursziel von gerademal 220 Franken auf.
Kursentwicklung der Aktien von Komax (rot) und Sika (grün) über die letzten fünf Jahre (Quelle: www.cash.ch)
Der Weltmarktführer auf dem Gebiet von Kabelverarbeitungsmaschinen sei in einer attraktiven Nische tätig, werde gut geführt und verfüge über solide strukturell bedingte Wachstumsaussichten, so räumt Strickler zwar ein. Allerdings sieht er das Unternehmen ausgerechnet jetzt aggressiv in einen Ausbau der Produktionskapazitäten investieren, obwohl sich die Anhaltspunkte für eine Nachfrageverschlechterung in der Automobilindustrie häufen. Der Analyst rechnet deshalb mit negativen Folgen für die Umsatz- und Gewinnentwicklung.
Nachdem die Papiere von Komax alleine seit Oktober gut 20 Prozent verloren haben, errechnet sich selbst auf den konservativen Schätzungen von Kepler Cheuvreux für das kommende "nur" noch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von knapp 17. Mit 24 ist liegt jenes von Morgan Stanley für die Aktien von Sika deutlich darüber. Das wiederum erklärt sich mit den überdurchschnittlich guten Wachstumsaussichten des Chemieherstellers.
Mir ist bewusst, dass die Börse auch für die Aktien erfolgreicher Unternehmen keine Einbahnstrasse nach oben ist. Dennoch halte ich die Verkaufsempfehlungen für übertrieben, scheinen mir doch sowohl Sika als auch Komax solide aufgestellt, gut geführt und die Papiere deshalb attraktiv - wobei ich nur jene von Sika auf der Liste meiner Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2019 führe.
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Am gestrigen Montag spielten sich bei den Aktien von Aryzta teils dramatische Szenen ab. Ausgerechnet zur Mittagszeit, als viele Börsenhändler dem Arbeitsplatz fern waren, kosteten die Papiere des Backwarenherstellers mal schnell weniger als einen Franken.
Kurz zuvor hatte die Credit Suisse eine Verkaufsempfehlung mit einem geradezu aufsehenerregend tiefen Kursziel von 0,85 Franken ausgesprochen.
Aus Sicht der Schweizer Grossbank ist die Nettoverschuldung noch immer erdrückend hoch. Ausserdem rechnet sie damit, dass der Backwarenhersteller im laufenden Jahr an seinen operativen Gewinnvorgaben vorbeischrammt.
Was die Aktionäre nachdenklich stimmen sollte, ist wie Musik in den Ohren der Leerverkäufer. Händlern zufolge haben sie noch immer Wetten im Umfang von fast 10 Prozent der ausstehenden Aktien gegen das Unternehmen laufen.
Interessant ist, dass mir Londoner Quellen im Laufe des gestrigen Nachmittags von aggressiven Deckungskäufen angelsächsischer Leerverkäufer zu Kursen von 1 Franken oder knapp darüber berichteten. Sie nahmen die aggressive Verkaufsempfehlung der Credit Suisse damit nicht zum Anlass, um ihre Wetten gegen den Backwarenhersteller noch einmal zu erhöhen, sondern vielmehr dazu, zuvor leerverkaufte Aktien günstiger wieder zurückzukaufen.
Die Aktien von Aryzta können den Kurstaucher vom Montag wieder wettmachen (Quelle: www.cash.ch)
Noch heute hat Aryzta mit Altlasten im Zusammenhang mit der aggressiven Übernahmepolitik früherer Tage zu kämpfen. Rückblickend sperrten sich die heutigen Firmenverantwortlichen zu lange einer Bilanzsanierung. Die Zeche mussten die langjährigen Aktionäre in Form einer stark verwässernden Kapitalerhöhung bezahlen.
Vielen Analysten fehlt der Glaube an den Erfolg der eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen, was man ihnen angesichts der wenig ruhmreichen jüngeren Firmengeschichte nicht verübeln kann.
Firmenchef Kevin Toland gilt als ein genauso erfolgreicher wie erfahrener Turnaround-Manager. Das alleine reicht allerdings noch nicht. Erst wenn auf Worte auch Taten folgen - und diese Taten auch noch die erhofften Ergebnisse liefern - geht es für die Aktien seines Arbeitgebers wieder nach oben.
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