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Albert Edwards gilt in der Szene der Anlagestrategen als bunter Hund. Das hat einerseits mit seinem ziemlich eigenwilligen Kleidungsstil, andererseits aber auch mit seiner Rolle als unverbesserlicher Schwarzmaler zu tun. In einem entscheidenden Punkt hebt sich der Lebenslauf von Edwards allerdings von jenem anderer Berufskollegen ab: Er war fünf Jahre lang für die Bank of England tätig.

Im Cross Asset Research seines jetzigen Arbeitgebers, der französischen Société Générale, wurde eigens eine kleine Unterabteilung für den Experten geschaffen. Ihre Aufgabe ist, die Anlagekundschaft mit einer unabhängigen Sicht der Dinge zu bedienen.

Seinen neusten Strategiekommentar hat der viel beachtete Autor in seinem Ferienhaus in Südfrankreich nahe der spanischen Grenze verfasst. Wie in jedem Sommer zieht sich Edwards mit seiner Ehefrau dorthin zurück. Einen entspannten Eindruck vermittelt der Kommentar zum Rückschlag an den Rohstoffmärkten dennoch nicht.

Während sich seine Berufskollegen über die Gründe für den Letzteren streiten, lässt Edwards seine Leser wissen, dass ihn die jüngsten Entwicklungen in den Schwellenländern und bei den Rohstoffpreisen stark an 1997 erinnern würden. Allerdings seien die wenigsten Marktakteure alt genug, um sich an die Asienkrise von damals zu erinnern. Erst kürzlich habe er einem Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg entnehmen können, dass nicht weniger als zwei Drittel der an der Wall Street tätigen Händler noch nie eine Abfolge von Leitzinserhöhungen durch die dortige Notenbank miterlebt hätten, so der Stratege.

Anders als in der zweiten Hälfte letzten Jahres macht er nicht den stärkeren Dollar oder den Ölpreiszerfall für den Rückschlag an den Rohstoffmärkten verantwortlich. Für den Experten steht fest: Schuld ist vielmehr die rasche Verschlechterung der Zahlungsbilanzen und die dadurch ausgedünnten Fremdwährungsreserven führender Schwellenländer.

Darf man Edwards Glauben schenken, dann wurden in den vergangenen vier Jahren weltweit Fremdwährungsreserven im Gegenwert von mehr als zwei Billionen Dollar vernichtet – mit verheerenden Folgen für die Rohstoffmärkte.

Spätestens seit der Asienkrise von 1997 sei klar, dass es sich für Schwellenländer nicht ausbezahlt mache, den eigenen Wechselkurs absichtlich tief zu halten. Das könne zwar einige Jahre gut gehen und dem jeweiligen Land einen regelrechten Export-Boom bescheren. Früher oder später werde der künstliche Wohlstand dann aber wieder durch die Kräfte des sich selber regulierenden Marktes zerstört, so der Experte.

An dieser Stelle im Kommentar liefert der Autor eine ausführliche Erklärung, wie diese Kräfte wirken. So viel sei gesagt: Die Ausführungen von Edwards leuchten vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet ein.

Nicht vorenthalten möchte ich meinen Leserinnen und Lesern, was der Stratege über das Gold schreibt. Obschon das Edelmetall ebenfalls in den Strudel rückläufiger Rohstoffpreise geraten ist, gibt sich Edwards weiterhin optimistisch. Er pflichtet seinem Kollegen Marc Faber bei, der eigenen Angaben zufolge am liebsten die Notenbanken selber leerverkaufen würde, den Kauf von Gold jedoch für die nächstbeste Alternative hält.

China zeige der Geldpolitik eindrücklich ihre Grenzen auf, so Edwards. Der Versuch der Regierung in Peking, den heimischen Aktienmarkt künstlich aufzublähen, habe in Tränen geendet. Für den Experten geht die Signalwirkung des seit Juni an den Börsen von Shanghai und Shenzhen zu beobachtenden Kursrückschlags über die Landesgrenzen hinaus.

Denn auch im Westen hätten die führenden Zentralbanken mit ihrer Geldpolitik den Grundstein für eine von einer wirtschaftlichen Rezession begleiteten Finanzkrise gelegt, die weit über jene der Jahre 2007/08 hinausgehe. Anders als damals seien die Zinsen aber schon heute nahe bei Null und die Staatsverschuldung so hoch wie noch nie zuvor.

Den Notenbanken führender Wirtschaftsnationen bleibe nichts anderes übrig, als noch einmal kräftig die Notenpressen anzuwerfen. In diesem Umfeld dränge sich Gold aus Anlegersicht geradezu auf, so Edwards weiter.

Auf kurze Sicht hält der viel beachtete Stratege eine Fortsetzung der Talfahrt in die Region von 900 Dollar je Unze für möglich. Für die Zeit danach rechnet er dann mit einem Anstieg nach dem Vorbild der Jahre 1976 bis 1980. Damals schoss der Unzenpreis für das Edelmetall von 100 auf über 920 Dollar hoch.

Das Gold hat in den letzten Wochen weiter an Glanz verloren, was vor allem mit der sich in den USA abzeichnenden Zinswende in Zusammenhang stehen dürfte. Auch wenn ich die Ängste des für die Société Générale tätigen Edwards in Bezug auf die rekordhohe Verschuldung und die Folgen der ultralockeren Zins- und Geldpolitik durchaus teile, so glaube ich nicht, dass das Edelmetall in den nächsten Wochen oder Monaten eine Renaissance erleben wird.

Auf längere Sicht sind Anleger gefordert, wollen sie ihr Vermögen gegen die Folgen der sogenannten "Monetarisierung der Staatsschulden" schützen. Einen brauchbaren Schutz bieten vermutlich nur hypothekarisch fremdfinanzierte Renditeliegenschaften. Zumindest in der Schweiz ist der Markt für solche Objekte jedoch ausgetrocknet oder es werden Fantasiepreise bezahlt, die sich kaum noch rechnen lassen. Kleineren Privatanlegern bieten sich solche Anlagemöglichkeiten gar nicht erst, weshalb sich Gold zumindest als Depotbeimischung durchaus anbietet. Gefährlich wird es meines Erachtens dann, wenn der Glauben an die Werthaltigkeit des Papiergelds verloren geht. Die Geldpolitik führender Zentralbanken stellt zumindest meinen Glauben auf eine harte Probe.
 

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