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Die europäischen Aktienmärkte schnitten in den letzten Wochen unerwartet gut ab. Insbesondere bei angelsächsischen Grossinvestoren schien man den alten Kontinent wieder entdeckt zu haben, was sich unter anderem in einem Rekordzufluss in europäische Aktienfonds bemerkbar machte.

Darf man dem für BNP Paribas tätigen Strategen Glauben schenken, dann gehören diese Tage bereits wieder der Vergangenheit an. Durch ihr entschiedenes Eingreifen habe die Europäische Zentralbank die von der Schuldenkrise befallenen Peripherieländer zwar wiederbelebt. Dennoch seien die Patienten noch immer anfällig und nicht unsterblich.

Der Experte stuft die europäischen Aktien deshalb von «Outperform» auf «Neutral» zurück. Aufgrund der mittlerweile nicht mehr günstigen Bewertung, der weiterhin rückläufigen Schätzungen für die Unternehmensgewinne und des verloren gegangenen Momentums sei nicht mehr länger mit einer überdurchschnittlichen Aktienkursentwicklung zu rechnen.

Ins erste Quartal des nächsten Jahres hinein sieht der Stratege sogar die Möglichkeit eines Rückschlags. Die taktischen Indikatoren stünden mittlerweile in einem überhitzten Bereich und die sich abzeichnende Wende in der Geldpolitik werde zu einer Bewährungsprobe für die von der Schuldenkrise betroffenen Länder.

Der Experte rät der eigenen Anlagekundschaft in Aktien aus dem Versorger- und dem Gesundheitssektor zu setzen. Und obschon er die Bankaktien vom strukturellen Standpunkt her weiterhin für attraktiv hält, senkt der Experte sein diesbezügliches Anlageurteil von «Outperform» auf «Neutral».

Gestern reagierten die europäischen Aktienmärkte anfänglich zwar positiv auf die Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank. Allerdings gingen die Kursavancen im späten Handel vollumfänglich wieder verloren. Zum einen deshalb, weil sich ein Zinsschritt spätestens seit vergangener Woche abgezeichnet hatte. Zum anderen weil man sich über die Motive der Währungshüter uneins ist. Vermutlich ist die Leitzinssenkung nichts anders als ein verzweifelter Versuch, den unbequem starken Euro zu zähmen. Eine weitere Theorie besagt, dass die Europäische Zentralbank die kurzfristigen Zinsen absichtlich tief halten will, um die Anleger auf ihrer Suche nach Rendite in die Anleihen der Peripherieländer zu drängen.

Vor diesem Hintergrund liegt der für BNP Paribas tätige Stratege mit seinem heutigen Vorstoss vielleicht gar nicht mal so falsch. Etwas inkonsequent mutet allerdings die im Gegenzug vollzogene Hochstufung des amerikanischen Aktienmarktes von «Neutral» auf «Outperform» an.

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Auch gestern wartete Swiss Re wieder mit einer Ergebnisüberraschung auf. Prompt gerieten die Baissiers in Erklärungsnot, was denn auch die teilweise von Panik geprägten Deckungskäufe im Nachmittagshandel erklärt.

Doch wie schon in den ersten sechs Monaten liess die Ergebnisqualität auch im zurückliegenden dritten Quartal zu wünschen übrig. Neben umfassenden Reserveauflösungen half dem in Zürich beheimateten Rückversicherungskonzern auch eine deutlich tiefer als erwartete Steuerbelastung. Dementsprechend vorsichtig fallen mittlerweile auch die Kommentare aus der Analystengemeinde aus.

Nicht von der Hand zu weisen ist die Möglichkeit einer weiteren Sonderdividende. Anlässlich der gestrigen Analystenkonferenz liess der CFO durchblicken, dass eine solche derzeit Gegenstand von Abwägungen sei. Und tatsächlich spricht die starke Eigenkapitalbasis bei Swiss Re für eine Repatriierung und eine anschliessende Rückführung von Barmitteln an die Aktionäre.

Ich bleibe jedoch bei meiner Einschätzung, dass die Aktien des Börsenlieblings noch vor der nächsten Dividendenentrichtung wieder günstiger zu haben sein werden.

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Transocean musste sich in den vergangenen Wochen einiges anhören. In der Kritik stand vor allem die Strategie des in Zug niedergelassenen Ölserviceunternehmens: Anders als erfolgreichere Rivalen wurde die Förderflotte in der Vergangenheit nur auf Basis effektiv vorhandener Aufträge ausgebaut.

Anlässlich der Analystenkonferenz von gestern Nachmittag signalisierten die Firmenverantwortlichen erstmals in der Firmengeschichte eine Abkehr von diesem Vorgehen. So will das Unternehmen die Förderflotte bis im Frühjahr 2016 um fünf Plattformen der neusten Generation ausbauen, ohne dass dafür konkrete Aufträge vorliegen.

Diese strategische Kehrtwende und das besser als erwartete Ergebnis für das zurückliegende dritte Quartal bescherten den Aktien von Transocean gestern ein Kursfeuerwerk.

Dass Transocean dem Druck aus dem Aktionariat nachgibt, ist zwar zu begrüssen. Dennoch muss das Unternehmen den Beweis erst noch antreten, mit der neuen Strategie genauso erfolgreich wie die Konkurrenz sein zu können. Zumindest aus Analystenkreisen heisst es heute aber: Im Zweifelsfall für den Angeklagten.