Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass der Wochenkommentar von Albert Edwards zu meinen Pflichtlektüren zählt. Auch wenn die Ansichten des für die Société Générale tätigen Strategen genauso extrem wie umstritten sind – nachdenklich stimmen sie mich trotzdem. Und genau das will Albert Edwards damit wohl auch bezwecken.
In seinem gestern Nachmittag erschienenen Kommentar holt der Stratege zum Rundumschlag gegen die Zentralbanken aus. Über die vergangenen 30 Jahre habe die Zins- und Geldpolitik der Wirtschaft nicht geholfen, sondern ihr bloss stärkere Ausschläge beschert. Die Interventionen hätten sich oftmals schon nach wenigen Jahren als Bumerang erwiesen, so das vernichtende Urteil Edwards. Und auch den jetzigen quantitativen geldpolitischen Lockerungsmassnahmen sagt der Stratege dasselbe Schicksal vorher. Denn auf längere Sicht drohe eine rapid anziehende Teuerung. Eine solche stelle sich allerdings erst dann ein, wenn die Öffentlichkeit das Vertrauen in die Zentralbanken und ihre Politik verloren habe.
Es sei nicht gerade karriereförderlich für einen Strategen, sich mit seinen Prognosen zu weit aus dem Fenster zu lehnen, so Edwards. Dennoch bekräftigt er in seinem jüngsten Kommentar seine Erwartung, dass der amerikanische Aktienmarkt gemessen am S&P-500-Index vorübergehend auf 450 Punkte fällt. Vom gestrigen Schlussstand aus betrachtet entspräche dies einem Rückgang um über 70 Prozent.
Zum ersten Mal seit Monaten äussert sich Edwards auch zum Gold. Und seine Prognosen für das Edelmetall sind nicht weniger atemberaubend: In Anlehnung an seinen Arbeitskollegen Dylan Grice errechnet er für das Gold derzeit einen fairen Preis von 11'100 Dollar die Unze.
Auch in den Jahren 1974 bis 1976 habe das Edelmetall zuerst um 47 Prozent korrigiert um sich danach bis ins Jahr 1980 zu verachtfachen. Eine Investition in physisches Gold sei eine Wette gegen die Kompetenz der Zentralbanken und damit eine Wette, die er selbstverständlich noch immer gerne eingehen würde, so Edwards weiter.
Mit ihren fünfstelligen Prognosen für die Gold-Unze stehen Edwards und Grice nicht alleine da. Auch andere Strategen stellen dem Edelmetall die monetäre Basis der USA gegenüber. Ob die USA allerdings den Goldstandard wieder einführt, wage ich an dieser Stelle zu bezweifeln.
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Wie gewonnen, so zerronnen. Das dürften sich in den letzten Wochen auch die Aktionäre von Straumann gedacht haben. Vom zwischenzeitlichen Kursplus von knapp 20 Prozent seit Jahresbeginn ist kaum noch was übrig.
Am kommenden Dienstag wird der Hersteller von Dentalimplantaten über die Umsatzentwicklung der ersten drei Monate des Geschäftsjahres 2013 informieren. Der vom Erzrivalen Nobel Biocare am gestrigen Tag vorgelegte Zahlenkranz fiel zwar nicht ganz so katastrophal aus wie im Vorfeld befürchtet wurde. Dennoch hinterlassen die Folgen der Schuldenkrise in Europa tiefe Spuren in der Nachfrage, und auch in Nordamerika häufen sich die Anhaltspunkte für eine Abkühlung. Darüber hinaus kämpft die Branche in Japan nach Medienberichten über fehlgeschlagene Behandlungen um ihren guten Ruf.
Mit einem Umsatzbeitrag von rund 60 Prozent aus Europa bläst Straumann derzeit ein eiskalter Wind ins Gesicht. Gemeinsam mit Nordamerika trägt Europa sogar 85 Prozent zum Gesamtumsatz bei. Nicht auszudenken, was eine Abkühlung der zuvor in Nordamerika beobachteten Absatzerholung für das Basler Unternehmen bedeuten würde.
Möglicherweise hatten die Firmenverantwortlichen anlässlich der Jahresergebnispräsentation von Mitte Februar eine gewisse Vorahnung. Denn nur damit lässt sich erklären, wieso sie den Ball schon damals flach hielten und für das laufende Geschäftsjahr, wenig aussagekräftig, eine Verbesserung der Ertragslage vorhersagten.
Straumann hat für den kommenden Dienstag für 9 Uhr früh eine Analystenkonferenz anberaumt. An der Konferenz wird sich erstmals Marco Gadola als neuer CEO der Finanzgemeinde stellen. Wie der Markt auf den Quartalsumsatz reagieren wird, hängt deshalb möglicherweise vor allem von Gadola ab. Als profunder Branchenkenner dürfte er die Analysten auf seine Seite ziehen und sich so kursseitige Vorschusslorbeeren sichern.