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Rund um den Globus sind die Aktienkurse wieder im Steigen begriffen. Selbst der als träge verschrieene Swiss Market Index (SMI) konnte in den letzten zwei Wochen satte 700 Punkte gutmachen. Treibende Kraft hinter dieser Bewegung ist die Hoffnung, dass die amerikanische Notenbank bei den Leitzinserhöhungen eine gemächlichere Gangart einlegen könnte – wenn nicht gar eine längere Pause. Denn die bisherigen Zinsschritte entfalten ihre teuerungslindernde Wirkung mit Verzögerung. Dadurch laufen die Entscheidungsträger in Washington in ständiger Gefahr, die dortige Wirtschaft abzuwürgen. Ob die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Leitzinserhöhungen berechtigt ist, dürfte sich kommende Woche zeigen, wenn der Offenmarktausschuss zum zweitletzten Mal in diesem Jahr zusammenkommt.
Mit den steigenden Aktienkursen kehrt nun auch der (Risiko-)Appetit der Anleger zurück. Das weiss zumindest der für Barclays tätige Chefstratege Emmanuel Cau zu berichten.
Auch der SMI konnte in den letzten zwei Wochen Boden gutmachen (Quelle: www.cash.ch)
Er räumt zwar ein, dass Vermögensverwalter und Fondsmanager so hohe Liquiditätsbestände halten wie seit vielen Jahren nicht mehr. Ausserdem seien die Aktienportefeuilles noch immer sehr defensiv ausgerichtet. Der Stratege stützt sich dabei auf Erhebungen der Bank of America ab.
Allerdings sei die Angst, ein Jahresend-Rally zu verpassen, nicht nur allgegenwärtig, sondern auch riesengross. In angelsächsischen Börsenkreisen ist auch von "FOMO" die Rede. Diese Abkürzung steht für "Fear of missing out". Während chronisch unterinvestierte Vermögensverwalter und Fondsmanager zukaufen oder ihre zuvor getätigten Absicherungstransaktionen rückabwickeln würden, hätten namhafte Hedgefonds damit begonnen, ihre Wetten auf rückläufige Kurse zu schliessen. So berichtet Cau in einem Kommentar an seine Anlagekundschaft.
Der Barclays-Stratege selbst macht kein Geheimnis daraus, dass diese Marktakteure nun womöglich zu früh wieder bei Aktien aufspringen. Bankeigenen Erhebungen zufolge halten Kleinanleger, Vermögensverwalter und Fondsmanager in den momentanen Abschwung hinein sehr viel mehr Aktien, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Das könnte sich rächen, sollte es tatsächlich zu einer Rezession kommen. Spätestens dann seien nämlich auch die Kleinanleger gezwungen, sich aus wirtschaftlichen Gründen von Aktien zu trennen – gegebenenfalls auch mit Verlust. Von einer Kapitulation bei Aktien ist man dem Strategen zufolge weit entfernt. Genau eine solche aber macht er zur Voraussetzung für eine Stimmungsaufhellung, welche ihren Namen auch verdient hat.
Ganz uneigennützig sind diese Aussagen nicht, liegt Barclays mit dem Jahresendziel für den breit gefassten Stoxx Europe 600 Index von 390 Punkten doch um knapp 5 Prozent unter dem jetzigen Stand. Beim Stoxx Europe Index sind es mit 355 Punkten sogar fast 10 Prozent.
Der Druck, Aktien zuzukaufen, ist bei den Marktakteuren unterschiedlichster Couleur jedenfalls nicht unbeträchtlich, sollten die Kurse in den nächsten Wochen weiter steigen.
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Während ich vor dem Winteranbruch mit meinen Liebsten auf Zypern noch einmal Sonnen tankte, sprach mit BNP Paribas eine weitere Bank eine Kaufempfehlung für die Aktien von Meyer Burger aus. Analyst Sebastian Growe nahm die Erstabdeckung mit "Outperform" und einem Kursziel von 60 Rappen auf. Das Umfeld für europäische Solarunternehmen habe eine deutliche Verbesserung erfahren. Als Nischenanbieter werde gerade Meyer Burger überdurchschnittlich stark davon profitieren, so Growe weiter.
Kursentwicklung der Meyer-Burger-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Nun wird mir eine acht Seiten starke Studie aus den Handelsräumen von Goldman Sachs zugespielt. Darin kommen die Autoren – sie gehören dem "Midcap Equity" Desk an – auf einen fairen Wert von 1,50 Franken je Aktie. Und das nicht etwa vor, sondern vielmehr nach der geplanten Kapitalerhöhung. Ihres Erachtens winken dem Solarunternehmen alleine in den Vereinigten Staaten Steuererleichterungen in Höhe von umgerechnet 500 Millionen Franken. Damit sei die Beschleunigung der Expansion nach Übersee mehr als gerechtfertigt.
Anders als bei BNP Paribas werden die Aktien von Meyer Burger bei Goldman Sachs noch nicht offiziell abgedeckt. Ich könnte mir jedoch gut vorstellen, dass sich die amerikanische Investmentbank nach vollzogener Kapitalerhöhung zu diesem Schritt durchringen wird. Und der rechnerische faire Wert von 1,50 Franken je Titel lässt bereits erahnen, in welche Richtung es gehen könnte. Zur Erinnerung: Zuletzt kosteten dieselben Papiere keine 45 Rappen.