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Für die nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre von Stadler Rail dürfte der gestrige Montag als ein rabenschwarzer Tag in die Geschichte eingehen. Nach einer Abstufung von "Hold" auf "Reduce" und einer einschneidenden Reduktion des Kursziels auf 33,50 (zuvor 44) Franken durch Kepler Cheuvreux verlor der Zugbauer an der Börse zeitweise mehr als 10 Prozent an Wert. Ausserdem wechselte mit mehr als einer Million gehandelter Aktien ein Vielfaches eines durchschnittlichen Tagesvolumens die Hand.

Keine 24 Stunden nach diesem Kursfiasko erhält Firmenpatron Peter Spuhler mit seiner Stadler Rail gleich aus drei unterschiedlichen Ecken Zuspruch, unter anderem seitens der UBS. Für Analyst Patrick Rafaisz steht die Börsenreaktion in einem völligen Missverhältnis zu den Vorbehalten rund um die Produktionsstätte des Zugbauers in Weissrussland. Seinen Schätzungen zufolge dürfte selbst im ungünstigsten Fall weniger als 5 Prozent des Jahresumsatzes wegfallen. Unabhängig davon kürzt er seine Gewinnschätzungen um bis zu 4 Prozent, um höheren Herstellkosten Rechnung zu tragen. Der UBS-Analyst rüttelt allerdings weder an der Kaufempfehlung, noch am 52 Franken lautenden 12-Monats-Kursziel für die Aktien.

Die UBS ist für Stadler Rail übrigens nicht irgendwer, sondern die Hauptverantwortliche des seinerzeitigen Börsengangs – was immer das für die Einschätzung der Aktien durch die Grossbank bedeuten mag.

Die Woche begann mit einer kalten Dusche für die Stadler-Rail-Aktionäre (Quelle: www.cash.ch)

Wie Vontobel-Analyst Michael Föth einräumt, lässt sich das finanzielle und operative Risiko momentan nicht genau beurteilen. Er begegnet der erhöhten Unsicherheit in seinem Bewertungsmodell zumindest aber mit einer höheren unternehmensspezifischen Risikoprämie. Dadurch verringert sich das Kursziel für die ebenfalls mit "Buy" eingestuften Aktien auf 50 (zuvor 53) Franken. An der starken Marktstellung des Zugbauers, seiner Technologieführerschaft und den langfristig attraktiven Aussichten ändere sich hingegen nichts.

Als Dritte im Bunde eilt den Aktien Analystin Stefanie Scholtysik von Mirabaud Securities zu Hilfe. Sie glaubt nicht, dass die Eskalation im Ukraine-Konflikt das Tagesgeschäft bisher stark belastet hat. Gleichzeitig verweist sie auf die randvollen Auftragsbücher des Zugbauers und hält den Kurseinbruch ebenfalls für völlig übertrieben. Scholtysik stuft die Papiere wie bis anhin mit "Buy" und einem Kursziel von 52,50 Franken ein.

Die Aktien von Stadler Rail setzen heute Dienstag zwar zu einer Kurserholung an. Im schwachen Börsenumfeld gehen die verteidigenden Wortmeldungen allerdings fast ein bisschen unter. Vielleicht wäre es nun Zeit für ein Zeichen von Firmenpatron Spuhler selbst – sprich: für einen grösseren Titelkauf durch ihn. Schliesslich flossen dem Ankeraktionär aus dem für seine Mitaktionäre enttäuschenden Börsengang einst geschätzte 1,4 Milliarden Franken zu. Dazu muss er allerdings zuerst den Ablauf der bis zu 16. März laufenden Sperrfrist im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des Jahresergebnisses abwarten, wie das Unternehmen selbst korrekterweise festhält.

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Noch bis vor wenigen Jahren galt die Bankensoftware-Schmiede Temenos als eine Erfolgsgeschichte, die hierzulande ihresgleichen sucht. Allerdings erhält die Erfolgsgeschichte immer mehr Risse – zuletzt in Form eines enttäuschenden Zahlenkranzes für das Schlussquartal.

Der für die UBS tätige Analyst Hannes Leitner zögerte nicht lange und setzte bei seinem 12-Monats-Kursziel für die Valoren des Genfer Unternehmens einmal mehr den Rotstift an. Neuerdings lautet es noch 93 (zuvor 97) Franken.

Obwohl die Aktien mittlerweile nur noch etwa halb so viel kosten wie im Frühsommer 2019 hält Leitner an seiner einst schon im November des Vorjahres ausgesprochenen Verkaufsempfehlung fest.

Seines Erachtens dürfte Temenos an den eigenen Mittelfristzielen vorbeischrammen. Die Genfer gehen bis Ende 2025 von einem jährlichen Umsatzwachstum zwischen 10 und 15 Prozent und einer kontinuierlichen Verbesserung der operativen Marge (EBIT) auf rund 41 Prozent aus. Der UBS-Analyst selber rechnet bloss mit einem jährlichen Umsatzwachstum von 9 Prozent und einer operativen Marge von 38 Prozent.

Kursentwicklung der Temenos-Aktien seit Mitte Oktober (Quelle: www.cash.ch)

Ich frage mich, was denn nun eigentlich aus den Übernahmespekulationen von Mitte Oktober geworden ist. Zur Erinnerung: Die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete damals davon, dass Temenos an den schwedischen Finanzinvestor EQT verkauft werden könnte. Und auch dem Nebenbuhler Thoma Bravo wurde ein Interesse an den Genfern nachgesagt, wobei ein Kaufpreis von 10 Milliarden Franken in den Raum gestellt wurde.

Muteten die umgerechnet 135 Franken je Aktie zu diesem Zeitpunkt nicht gerade grosszügig an, würde aus heutiger Sicht wohl so mancher Anteilseigner seine Aktien andienen...

 

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