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Nein, die Baissiers sind derzeit alles andere als zu beneiden. Immer wenn der amerikanische Aktienmarkt einen Rückschlag andeutet, eilen ihm Vertreter der dortigen Notenbank mit verbalen Interventionen zu Hilfe. Ihre Botschaft an die Adresse der Marktakteure: Die Leitzinsen werden noch eine ganze Weile nicht erhöht.
Dieses Vorgehen scheint auch die Europäische Zentralbank (EZB) für sich entdeckt zu haben. Erst am Montagnachmittag drohte Notenbankchef Mario Draghi den Baissiers erstmals mit einem Rückkaufprogramm für Staatsanleihen nach amerikanischem Vorbild, sollte sich die wirtschaftliche Situation im Euroraum nicht umgehend stabilisieren.
Es erstaunt deshalb nicht, sind sich die Marktakteure dies- und jenseits des Atlantiks ihrer Sache ziemlich sicher. Der Rückschlag von Anfang Oktober wurde zum aggressiven Ausbau von Aktienengagements genutzt. In der Folge fiel die Erholung an den Märkten nicht nur schneller sondern auch noch umfassender als der Einbruch aus, was durchaus als eine äusserst seltene Beobachtung bezeichnet werden darf.
Gerade diese Sorglosigkeit ist es, die dem für das Cross Asset Research von Kepler Cheuvreux tätigen Aktienstrategen Sorgen bereitet. In Übersee seien vor allem die Privatanleger der gängigen Meinung, dass dem heimischen Aktienmarkt keine Gefahr drohe. «Sorglose Privatanleger sind ein Risiko», so warnt er.
Aus diesem Grund gehe die Gefahr eines Rückschlags an den Märkten nicht mehr länger von Europa, sondern von den USA aus. Dort sei die Unternehmensberichterstattung für das dritte Quartal weit fortgeschritten und das Jahresende in Reichweite. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die ihre Gewinne mitnehmenden Anleger die Oberhand über die Momentum-Käufer erhielten.
Der Experte glaubt nicht, dass der amerikanische S&P-500-Index nachhaltig über die Zone von 2050 bis 2060 Punkte klettern wird. Da das Börsenbarometer in überkauften Situationen aber selten in Korrekturlaune verfalle, werde ein Rücksetzer vermutlich noch ein bis zwei Wochen auf sich warten lassen.
Die Botschaft des Strategen an seine Anlagekundschaft fällt klar und unmissverständlich aus: Die jüngste Erholung an den europäischen Aktienmärkten ist nicht nachhaltig und ein Einstieg über die kommenden Monate deutlich günstiger. Derzeit stehe der Schutz des Anlagevermögens ganz klar im Vordergrund.
Und auf Worte lässt der Kepler-Cheuvreux-Experte auch Taten folgen, was ihn meines Erachtens noch sympathischer macht. Er stuft den europäischen Telekommunikationssektor von "Neutral" auf "Overweight" hoch. Im Gegenzug senkt er seine Einschätzung für den europäischen Versicherungssektor von "Overweight" auf "Neutral".
Wie andere Finanzwerte auch seien die Aktien europäischer Versicherungsgesellschaften günstig bewertet. Das überdurchschnittlich starke Abschneiden im Vergleich mit den mit "Underweight" eingestuften Bankaktien sei in Frage zu stellen, so der Stratege.
Bei Kepler Cheuvreux wähnt man die seit März 2009 zu beobachtende Aktien-Hausse seit diesem Sommer in der dritten und letzten Phase. Nicht zuletzt deshalb, weil der Beitrag der nicht mehr länger auf Hochtouren laufenden Schwellenländer an die Gewinnentwicklung westlicher Unternehmen erschöpft sei.
Nicht nur der amerikanische Aktienmarkt hat seine Rekordjagd wieder aufgenommen. Auch unser Swiss Performance Index klettert seit wenigen Tagen von einem Höchststand zum nächsten. Asche über mein Haupt: Das habe ich so nicht erwartet. Je höher die Börsen jetzt noch steigen, desto abrupter und tiefer der Sturz, sollte die langjährige Hausse in den nächsten Wochen am Ziel angelangt sein.
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Erst vor wenigen Wochen rollte an den Aktienmärkten eine Ausverkaufswelle rund um den Globus. Die Turbulenzen dürften der Belegschaft hiesiger Banken noch immer in den Knochen stecken.
Allerdings hat die Ausverkaufswelle auch etwas Gutes: Nicht nur die Statistiken der Schweizer Börse SIX zeigen im Oktober die lange herbeiersehnte Belebung der Handelsaktivitäten.
Einem Kommentar der MainFirst Bank entnehme ich, dass die Transaktionsvolumen in der Schweiz gegenüber September um 29 Prozent gestiegen sind. Im Jahresvergleich errechnet sich sogar ein Plus von 54 Prozent.
Etwas weniger stark belebte sich das Geschäft mit strukturierten Produkten, das im Oktober um 22 Prozent auf 2,42 Milliarden Franken anschwoll. Um die Anzahl Handelstage bereinigt ergibt das gegenüber der Vorjahresperiode einen Zuwachs von 17 Prozent.
Dem Verfasser des Kommentars zufolge bleibt die UBS mit einem Marktanteil von 38,5 Prozent führend, gefolgt von Vontobel mit 28,5 Prozent und Julius Bär mit 8,8 Prozent. Aufgrund von Marktanteilsverlusten fiel die Credit Suisse auf den sechsten Rang, gefolgt von Leonteq auf Rang sieben.
Der von der MainFirst Bank errechnete Indikator für die Bruttomarge kletterte im Oktober von 76 auf 91 Punkte und jener für die Kundenaktivitäten stieg von 72 auf 82 Zähler. Beim Bankinstitut fühlt man sich von dieser Entwicklung in der positiven Haltung für die Aktien von Vontobel, EFG International, Leonteq und Swissquote bestätigt.
Eine Schwalbe macht noch keinen Frühling und ein starker Monat lässt für unsere Banken noch kein neues Zeitalter anbrechen. Dennoch sind die jüngsten Entwicklungen ermutigend – pourvu que ça dure.