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Die Flut hebt alle Boote - das besagt zumindest eine alte Börsenweisheit. Doch die Realität sieht anders aus. Auch am Schweizer Aktienmarkt hat sich die Spreu längst vom Weizen zu trennen begonnen.

Bei weitem nicht alle Schweizer Exportunternehmen erfreuen sich gleichermassen einer guten Auftragslage. Dem werden vermutlich gerade die Aktionäre von Sulzer zustimmen. Das Winterthurer Traditionsunternehmen hatte beim Bestellungseingang alleine in den ersten neun Monaten einen Rückgang um 7,6 Prozent auf 2,3 Milliarden Franken zu beklagen. Um Akquisitions- und Währungseinflüsse bereinigt resultierte immer noch ein Minus von 3,8 Prozent.

Gerade in den Geschäftseinheiten Sulzer Pumps und Sulzer Chemtech machte sich der seit Mitte Juni rückläufige Rohölpreis erstmals bemerkbar. Seit damals hat sich der Ölpreiszerfall weiter beschleunigt. Ein Fass Öl der Sorte Brent Crude kostete zuletzt 65,84 Dollar und damit 35 Prozent weniger als noch Ende September.

Einem Kommentar aus dem Aktienhandel der MainFirst Bank entnehme ich, dass mit ConocoPhillips erstmals ein führender Ölkonzern seine Investitionen für das kommende Jahr zusammengestrichen hat. Diese sollen im Jahresvergleich um rund 20 Prozent fallen. Die Botschaft an die Anlagekundschaft ist klar und unmissverständlich: Weitere grosse Ölkonzerne dürften diesem Beispiel folgen.

Vermutlich gehen die Folgen der drohenden Auftragsflaute auch bei Sulzer über jene für das Tagesgeschäft hinaus. Erst vor Wochenfrist sah sich der Rivale Schlumberger in diesem Zusammenhang zu ausserordentlichen Wertberichtigungen von umgerechnet 775 Millionen Franken gezwungen. Gut möglich, dass auch Sulzer für zu teure Übernahmen vergangener Tage Busse tun muss.

Für Sulzer kommt der Ölpreiszerfall zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, befindet sich das Unternehmen doch inmitten eines Transformationsprozesses. Mit dem Verkauf von Sulzer Metco an OC Oerlikon hat die Abhängigkeit von den Kunden aus der Öl- und Gasindustrie sogar noch zugenommen. Schätzungen der MainFirst Bank zufolge werden diese Kunden im laufenden Jahr rund 53 Prozent zum Umsatz beitragen. Es überrascht deshalb nicht, dass die firmeneigenen Prognosen mittlerweile als nur mehr schwer erreichbar gelten und das kommende Jahr ein weiteres Übergangsjahr werden wird.

Nicht vom Ölpreis betroffen ist Syngenta. Sich zufrieden auf die Schultern klopfen dürfen sich die Firmenverantwortlichen am Hauptsitz in Basel dennoch nicht.

Zu diesem Schluss kommt zumindest der für Bernstein Research tätige Experte. In einem Kommentar sagt er der Pflanzenschutzindustrie für die nächsten zwei Jahre ein Nullwachstum vorher. Die Nachfrage nach Fungiziden, Herbiziden und Insektiziden stehe in Abhängigkeit zur Getreidepreisentwicklung. Erschwerend komme in Europa die hohe Vergleichsbasis aus den letzten beiden Jahren hinzu.

Für den Experten steht deshalb fest: Die Wachstumserwartungen seiner Berufskollegen sind auch bei Syngenta zu hoch. In der Folge empfiehlt er die Aktien des Basler Agrarchemiekonzerns weiterhin mit "Underperform" und einem Kursziel von 265 Franken zum Verkauf. Nicht von ungefähr haben die Marktakteure in New York in der zweiten Hälfte November ihre Wetten gegen die dortigen Valoren von Syngenta abermals um 40 Prozent ausgebaut.

Gegensteuer kann das Unternehmen vermutlich nur noch mit einem strategischen Befreiungsschlag in Form einer Annäherung an den amerikanischen Partner DuPont oder den Rivalen Dow Chemical geben. In diese Richtung gehende Ambitionen wird den Entscheidungsträgern bislang allerdings nicht nachgesagt.

Die Liste der Schweizer Firmen mit einer drohenden Auftragsflaute liesse sich beliebig ausbauen, beispielsweise durch ABB, Burckhardt Compression und SGS. Alle diese Unternehmen verfügen über eine hohe direkte oder indirekte Abhängigkeit von Kunden aus der Öl- und Gasindustrie oder aus dem Bergbau. Bei diesen Aktien ist die Kurs- und Bewertungskorrektur höchst wahrscheinlich noch nicht ausgestanden.

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Mit dem am letzten Donnerstag in London abgehaltenen Investorentag löste die Zurich Insurance Group sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Dass sich die Haussiers und Baissiers im Anschluss daran gleichermassen in ihrer Meinung bestärkt fühlen, wirkt auf den ersten Blick ziemlich befremdlich.

Nachdem in den letzten Tagen vorwiegend negative Wortmeldungen aus der Analystengemeinde eintrafen, bricht mit Goldman Sachs die wohl mächtigste Grossbank überhaupt eine Lanze für die Aktien des Versicherungskonzerns.

Anders als viele seiner Berufskollegen erwartet der verantwortliche Experte eine Dividendenerhöhung auf 18 (17) Franken und ab dem kommenden Jahr eine Sonderdividende oder ein Aktienrückkaufprogramm. In der Folge werden die Papiere bei Goldman Sachs weiterhin mit "Conviction Buy" und einem 12-Monats-Kursziel von 336 Franken zum Kauf empfohlen.

Mit einer Dividendenrendite von 5,6 Prozent gehört die Zurich Insurance Group hierzulande zweifelsohne zu den Unternehmen mit der grosszügigsten Ausschüttungspolitik. Im kommenden Frühjahr wird das Unternehmen den Aktionären hohe 80 Prozent des diesjährigen Gewinns auszahlen.

Zumindest an dieser Schraube lässt sich in Zukunft nicht mehr weiter drehen. Mit anderen Worten: Der Versicherungskonzern ist schon auf Fortschritte bei der Gewinnentwicklung angewiesen, um den Aktionären in Zukunft grosszügigere Dividende entrichten zu können.

Die Papiere anderer Mitbewerber wie Bâloise oder Helvetia weisen derzeit zwar eine tiefere Dividendenrendite, gleichzeitig jedoch über finanziellen Spielraum die Ausschüttung substanziell zu erhöhen.