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Am Swiss Performance Index (SPI) gemessen, steuert der Schweizer Aktienmarkt insgesamt auf eine leicht positive Wochenbilanz zu. Das breit gefasste Börsenbarometer notiert etwas über dem Schlussstand vom letzten Freitag.

Doch ganz so gemächlich, wie dieses leichte Plus eigentlich vermuten lassen würde, war das hiesige Börsengeschehen nicht. Ergebnisenttäuschungen wie beim Bauchemiehersteller Sika und beim Risikokapitalspezialisten Partners Group, Umsatzwarnungen wie beim Automobilzulieferer Komax und beim Laborausrüster Tecan oder Herunterstufungen wie etwa beim Schokoladeproduzenten Barry Callebaut oder beim Solarmodulhersteller Meyer Burger rissen die betroffenen Aktien regelrecht mit sich in die Tiefe. Das Geschehen war so unberechenbar und launisch wie lange nicht mehr...

...das mag übrigens auch damit zu tun haben, dass die Handelsumsätze für diese Zeit des Jahres ungewöhnlich dünn sind. Rückblickend war die Belebung der ersten Januar-Tage nicht von Dauer.

Mit Sika eröffnete am Mittwoch das erste Grossunternehmen aus dem Swiss Market Index (SMI) die Jahresberichterstattung – und sorgte prompt für enttäuschte Gesichter. Mit 11,24 Milliarden Franken setzte der Bauchemiespezialist insgesamt etwas weniger um als gedacht. Analysten waren im Vorfeld durchschnittlich von einem Jahresumsatz von 11,41 Milliarden Franken ausgegangen.

Ausgebremst wurde das Vorzeigeunternehmen unter anderem vom starken Franken – allerdings nicht nur. Mit 1,2 Prozent verfehlte das organische Umsatzwachstum im vergangenen Jahr selbst die pessimistischsten Einzelschätzungen. Diese reichten von 1,5 bis 2,5 Prozent.

Die Aktien von Sika stürzten regelrecht ab (Quelle: www.cash.ch)

Analyst Ebrahim Homani von CIC Market Solutions zögerte nicht lange und strafte die Aktien von Sika noch selbentags von "Buy" auf "Neutral" ab. Am 270 Franken lautenden Kursziel hält er indes fest. Viele seiner Berufskollegen bei anderen Banken setzten zwar bei ihren Schätzungen und Kurszielen den Korrekturstift an, bekräftigten aber gleichzeitig ihre Kaufempfehlungen. Den Valoren half das herzlich wenig.

Zu einer Umsatz- und Gewinnwarnung sah sich auch Komax gezwungen. Eigenen Angaben zufolge geht der Automobilzulieferer neuerdings von einem Jahresumsatz von rund 750 (zuvor 770) Millionen Franken bei einer operativen Marge (EBIT) von um die 9 (zuvor 11) Prozent aus.

Die Reaktionen aus dem Analystenlager liessen nicht lange auf sich warten. So zog die für Mirabaud Securities tätige Stefanie Scholtysik die Reissleine und stufte die Aktien mit einem Kursziel von 220 (zuvor 290) Franken von "Buy" auf "Hold" herunter. Ihre Gewinnschätzungen strich sie dabei um bis zu 30 Prozent zusammen, um der noch auf Monate hinaus schwachen Nachfrage und den ungünstigen Wechselkursverschiebungen Rechnung zu tragen.

Vermutlich sind die Ergebnisenttäuschung bei Sika und der Partners Group sowie die Umsatzwarnungen bei Komax oder Tecan bloss ein erster Vorgeschmack auf das, was in den kommenden Wochen alles noch kommen könnte. Ich befürchte, dass sich gerade die Frankenstärke und ihre unheilvollen Folgen wie ein roter Faden durch die gerade erst angelaufene Jahresberichterstattung ziehen dürfte.

Einen Schlagabtausch gab es bei SGS zu beobachten. Erst liess die französische Investmentbank Oddo mit einer einschneidenden Kurszielsenkung auf 80 (zuvor 95) Franken den Kurs der mit "Neutral" eingestuften Aktien einbrechen. Die zuständige Analystin Eya Drira warnt vor Margendruck, nachdem man sich ihr gegenüber seitens des Unternehmens zurückhaltend zeigte.

Auch ihr Berufskollege Karl Green bei der Royal Bank of Canada kündigte dem Genfer Unternehmen und dessen Aktien die Liebe und ging von "Outperform" auf "Sector Perform". In Erwartung einer grösseren Umstrukturierung unter der neuen Finanzchefin Géraldine Picaud (ex-Holcim) errechnet er neuerdings noch ein Kursziel von 77 (zuvor 90) Franken.

Dem hält die Société Générale mit einer Heraufstufung von "Sell" auf "Buy" entgegen. Analyst Will Kirkness verspricht sich unter der neuen Finanzchefin dank ergänzenden Firmenübernahmen und neuen Effizienzprogrammen ein Ende des jahrelangen Margenzerfalls. Auch die amerikanische Morgan Stanley kehrt in einer grossen Branchenstudie von ihrer Verkaufsempfehlung ab und geht mit einem Kursziel von 81 (zuvor 84) Franken von "Underweight" auf "Equal-weight".

Welches der beiden Expertenlager richtig liegt, zeigt sich spätestens am 26. Januar. Dann nämlich legt der Warenprüfkonzern sein letztjähriges Ergebnis vor.

Sowieso hielten die Banken und ihre Analysten uns Wirtschaftsjournalisten ganz schön auf Trab. Es trafen neben SGS nämlich weitere geradezu spektakuläre Umstufungen ein. Ich denke da etwa an die Abstufung der Valoren von Barry Callebaut von "Buy" auf "Sell" durch die UBS oder die Aufstufung jener von Temenos von "Underperform" auf "Buy" durch die Bank of America - nur um ein paar Beispiele zu nennen.

Rund um eine Investorenkonferenz der amerikanischen J.P. Morgan versuchte Idorsia-Chef Jean-Paul Clozel die Wogen zu glätten. Er geht davon aus, dass die Barreserven noch bis Anfang April reichen werden, wie er in einer Mitteilung an die Medien zitiert wird. Das Baselbieter Pharmaunternehmen versucht deshalb auf verschiedenen Wegen, an neue Gelder heranzukommen – unter anderem über eine Auslizenzierung von Wirkstoffen.

Kurszerfall bei den Idorsia-Aktien in den letzten Jahren (Quelle: www.cash.ch)

An der Börse verfehlte die Beruhigungspille die erhoffte Wirkung allerdings, gingen die Aktien alleine an diesem Tag doch um knapp sechs Prozent tiefer aus dem Handel. Letzteres könnte auch damit zu tun haben, dass die Jahresergebnisveröffentlichung auf den 25. April verschoben wird und die ordentliche Generalversammlung am 13. Juni stattfinden soll.

Nur noch 25 Rappen trennen die Valoren von Idorsia von ihren absoluten Tiefstkursen. Es riecht förmlich nach einer Kapitalerhöhung. Die Leerverkäufer – sie spekulieren Statistiken zufolge noch immer mit fast 25 Prozent sämtlicher ausstehenden Aktien gegen das Unternehmen – hätten dann sozusagen gewonnen. Man könnte also durchaus auch von unerwünschten Nebenwirkungen der Beruhigungspille sprechen.

Selbst wenn meine Hoffnung auf einen Befreiungsschlag in letzter Minute schwindet, so habe ich sie noch immer nicht ganz aufgegeben. Für Firmenchef und Mitgründer Jean-Paul Clozel und seine Gattin Martine geht es um nichts Geringeres als um ihr Lebenswerk. Mit dem seinerzeitigen Erlös aus dem Actelion-Verkauf an die amerikanische Johnson & Johnson müsste sich da doch eigentlich etwas machen lassen. Dass das Unternehmen selbst jetzt noch nicht konkret wird, zeugt meines Erachtens von einer gewissen Ratlosigkeit. Doch die Uhr tickt...

Nächste Woche nimmt die Jahresberichterstattung hierzulande langsam Fahrt auf. Aus dem SMI melden sich Geberit und Richemont zu Wort. Ausserdem steht bei Holcim das Urteil des französischen Kassationsgerichtshofs in der Syrien-Affäre an. Mehr dazu nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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