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Auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt neigt sich eine bewegte Woche ihrem Ende entgegen, gab es für die Marktakteure in den letzten Tagen doch gleich zweimal einen Kursdämpfer.
Für den ersten Kursdämpfer sorgten die amerikanischen Konsumentenpreise. Mit einem Plus von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat zeigt sich die Teuerungsentwicklung auch im März von ihrer hartnäckigen Seite. Ökonomen waren von einem Plus von 3,4 Prozent ausgegangen, nach 3,2 Prozent im Februar. Die Kernrate – sie klammert die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise aus - wuchs im Jahresvergleich um 3,8 Prozent. Auch das lag etwas über den durchschnittlich erwarteten 3,7 Prozent. Damit ist eine erste Leitzinssenkung durch die amerikanische Notenbank im Juni zwar noch nicht ganz vom Tisch. Zumindest aber ist ein erster Zinsschritt seit Mittwoch weniger wahrscheinlich geworden.
Der zweite Kursdämpfer ist Christine Lagarde geschuldet. Auch die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB) und ihr Entscheidungsgremium konnten sich gestern Donnerstag erwartungsgemäss noch nicht zu einer Leitzinssenkung durchringen. Von ihren Aussagen lässt sich auf einen ersten Zinsschritt im Juni, nicht jedoch auf einen Folgeschritt im Juli schliessen. Vermutlich müssen die Marktakteure nun auch in Europa bei ihren Zinserwartungen über die Bücher.
Anfang Februar schrieb ich wie folgt zum Thema Zinserwartungen:
...und weiter...
Sowieso sollten die Marktakteure vorsichtig sein, was sie sich da denn eigentlich wünschen. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt nämlich, dass der amerikanische S&P 500 Index bei früheren Gelegenheiten nach dem ersten Zinsschritt innerhalb der darauffolgenden 200 Handelstage durchschnittlich mehr als 23 Prozent verloren hat. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Meist senken die Notenbanken die Leitzinsen erst, wenn es bereits zu spät ist und die Wirtschaft in eine Rezession abrutscht und die Unternehmensgewinne wegbrechen.
Der amerikanische S&P 500 Index kennt nur eine Richtung (Quelle: www.cash.ch)
Zuletzt häuften sich hierzulande die Anhaltspunkte dafür, dass sich internationale Grossinvestoren leise durch die Hintertür verabschieden. Das zeigen Erhebungen von Pretiorates.com. Wenn rückläufige Aktienkurse auf einen schwachen Franken treffen, gibt es eigentlich keine Zweifel daran, dass an diesen Erhebungen durchaus etwas Wahres sein könnte.
Ich äusserte am Dienstag folgende Vermutung:
...und...
Dass Givaudan auf ein starkes erstes Quartal zurückblickt, wurde in Analystenkreisen ja schon eine ganze Weile gemunkelt. Das der Aromen- und Duftstoffhersteller da gestern Donnerstag allerdings seinen Aktionärinnen und Aktionären zum Frühstück vorsetzte, ist ganz schön beeindruckend: Mit einem organischen Umsatzwachstum von 12,6 Prozent übertrafen die Genfer selbst die kühnsten Analystenschätzungen.
Dass die Börsenreaktion eher unterkühlt ausfiel, dürfte den einschneidenden Folgen des starken Frankens geschuldet sein. Mit 1,82 Milliarden Franken lag der Gruppenumsatz im ersten Quartal letztendlich nur leicht über den durchschnittlich erwarteten 1,8 Milliarden Franken. Dank des erfreulichen Umsatzbeitrags aus dem margenstarken Geschäft mit Feinriechstoffen rechne ich in den kommenden Handelstagen dennoch mit steigenden Gewinnerwartungen. Vieles erscheint mir bei Givaudan nach dem guten Lauf der Aktien der letzten Wochen bereits eingepreist.
Ebenfalls unter dem starken Franken ächzt die VAT Group. Zugegeben: Mit 198,5 Millionen Franken bewegte sich der Umsatz im ersten Quartal innerhalb der firmeneigenen Zielbandbreite von 185 bis 205 Millionen Franken. Dennoch schrammte der Halbleiterausrüster aus dem Rheintal an den von Analysten durchschnittlich erwarteten 205,6 Millionen Franken vorbei.
Punkten konnte die VAT Group mit dem um 73 Prozent höheren Auftragseingang von 235,8 Millionen Franken. Einzig der für die UBS tätige Analyst Joern Iffert wird seine Schätzungen unter negativen Vorzeichen überarbeiten müssen, war er im Vorfeld doch sogar von einem Auftragseingang in Höhe von 250 Millionen Franken ausgegangen.
Die Aktien der VAT Group stiessen diese Woche erstmals seit dem Börsengang auf über 500 Franken vor (Quelle: www.cash.ch)
Für Gesprächsstoff sorgen hingegen die Umsatzvorgaben fürs laufende Quartal von 235 bis 255 Millionen Franken. Analysten hatten sich hier mit durchschnittlich 258 Millionen Franken etwas mehr erhofft.
Gestern Donnerstag wurden zeitweise Kurse von mehr als 500 Franken für die Aktien des Halbleiterausrüsters bezahlt. Zur Erinnerung: Ende Oktober waren sie einst noch für rund 320 Franken zu haben.
Es ist nicht zuletzt der von New York ausgehende KI-Hype, welcher den Valoren in den vergangenen Monaten regelrecht Flügel verlieh. Der Auftragseingang und die Umsätze hinken der Kursentwicklung noch immer weit hinterher. Aber der Fantasie sind an der Börse ja bekanntlich keine Grenzen gesetzt.
Am Mittwochnachmittag war es soweit: Etwas mehr als ein Jahr nach dem Kollaps der Credit Suisse stellte der Bundesrat endlich das lange erwartete Massnahmenpaket zur Regulierung des Bankenplatzes Schweiz vor. Das nicht weniger als 339 Seiten starke Regelwerk sieht 22 zusätzliche Massnahmen vor, nachdem sich das bisherige Regelwerk - als es darauf an kam - ja bekanntlich als "Papier-Tiger" erwiesen hatte.
An die Kandare genommen wird wenig überraschend die UBS. Was genau das für den Banken-Koloss denn nun bedeutet, lässt sich noch nicht abschliessend sagen – und erst recht nicht in Zahlen fassen.
Vorläufige Entwarnung gibt der für J.P. Morgan tätige Bankenanalyst Kian Abouhossein. Er geht davon aus, dass die künftig vermutlich noch strengeren Eigenkapitalvorschriften keinen grossen Einfluss auf die Ausschüttungspolitik der grössten Schweizer Bank haben dürften. Will man dem Analysten Glauben schenken, dann können sich die Aktionärinnen und Aktionäre der UBS in den nächsten vier Jahren auf Dividenden und Aktienrückkäufe im Umfang von insgesamt 27,5 Milliarden Dollar freuen. Die Aktien werden bei der amerikanischen Investmentbank deshalb auch weiterhin mit "Overweight" und einem Kursziel von 31 Franken zum Kauf angepriesen.
An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Schweiz schon heute die strengste Bankenregulierung der Welt hat. Nirgendswo sonst sind die Kapitalanforderungen höher. Dennoch wussten diese den Kollaps der Credit Suisse nicht zu verhindern. Nicht eine zu dünne Eigenkapitaldecke war das Problem. Vielmehr zwangen sie Liquiditätsprobleme in die Knie – ausgelöst durch einen digitalen Bankansturm.
Einmal mehr muss der Schweizer Gesetzgeber schauen, dass er nicht am eigentlichen Ziel vorbeischiesst. Nun, da mit der fusionierten UBS endlich eine Grossbank entstanden ist, welche den übermächtigen amerikanischen Rivalen genügend Paroli bieten könnte, sollte man schauen, dass sie bei den Eigenkapitalvorschriften international mit gleichlangen Spiessen kämpfen kann. Die amerikanische Banken-Lobby akzeptiert bekanntlich nicht einmal die deutlich zahmeren Basel-3-Vorschriften und drängt die Politik in Washington sogar auf eine Lockerung des jetzigen Regelwerks.
Dass die UBS-Aktien seit Mittwochnachmittag schmerzhafte Kursverluste zu beklagen hatte, lässt sich nicht zuletzt auch mit einer allgemeinen Branchenschwäche erklären und sollte nicht überdramatisiert werden.
Kommen wir an dieser Stelle noch kurz auf DocMorris zu sprechen. Am frühen Mittwochmorgen verkündete die Versandapotheke in einer Medienmitteilung die Zulassung für CardLink. durch die deutsche Gematik. Und das mit Stolz, wartet die Gegenspielerin Redcare Pharmacy doch bis heute auf die Zulassung ihrer volldigitalen Einlösung für elektronische Medikamentenrezepte.
Während nicht eben wenige Analysten – darunter jener der Deutschen Bank – an diesem Morgen von einer sehr positiven Kursreaktion ausgegangen waren, sollte alles ganz anders kommen. Bei Börsenschluss standen die Aktien von DocMorris mehr als acht Prozent im Minus.
Eine mögliche Erklärung finde ich in einem Kommentar aus dem Aktienhandel der Credit Suisse, wonach der hauseigene UBS-Analyst den Einlösungsprozess über CardLink als nicht gerade benutzerfreundlich einstuft und befürchtet, dass viele Patientinnen und Patienten den Einlösungsvorgang vorzeitig abbrechen und ohne eine Bestellung zu platzieren verlassen könnten.
Der besagte Analyst stuft die Valoren von DocMorris denn auch schon eine gefühlte Ewigkeit mit "Sell" ein. Seit Anfang April lautet das 12-Monats-Kursziel 31,90 (zuvor 29) Franken.
Andere Berufskollegen sind da deutlich zuversichtlicher. Heute Freitag etwa nimmt der für Hauck & Aufhäuser tätige Analyst Christian Salis die Erstabdeckung der Aktien mit einer Kaufempfehlung und einem Kursziel von 130 Franken auf. Anlegerinnen und Anlegern biete sich bei der Versandapotheke eine Gelegenheit, wie es sie nur einmal im Leben gebe, wie er geradezu euphorisiert schreibt.
Die kommenden Monate werden zeigen, wie schnell sich DocMorris ein vernünftiges Stück des 50 Milliarden Euro schweren Kuchens abschneiden und ob sich die Versandapotheke gegen den finanzkräftigen Rivalen Redcare Pharmacy behaupten kann.
Kommende Woche nimmt die Quartalsberichterstattung hierzulande nur sehr langsam Fahrt auf. Mein Interesse gilt vor allem den Umsatzzahlen des Bauchemiespezialisten Sika vom Dienstag. Mehr dazu mit ziemlicher Sicherheit am nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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3 Kommentare
.. chapeau, lieber insider - ich frage mich, ob Sie wohl der Einzige sind, der den Durchblick noch hat - leider wird Ihre Kolumne wohl nur von wenigen gelesen... frrur mich svhon auf die nächste👋😉
Nein, ich denke, da lesen ziemlich viele mit.
Vielen Dank für diese Worte, lieber Buenios. Und doch, doch: Ich habe nach bald 17 Jahren schon eine gewisse Reichweite ;-)