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Die Freude über den Vorstoss des Swiss Market Index (SMI) auf über 13'000 Punkte sollte rückblickend nur von kurzer Dauer sein. Seit das Börsenbarometer bei knapp 13'200 Zählern eine neue Bestmarke setzte, geht es nur noch abwärts. Mittlerweile hat der SMI bereits wieder 400 Punkte verloren. Dass die neue Bestmarke in die Zeit rund um den grossen Derivat-Verfall von letztem Freitag fällt, überrascht nicht. Wie so oft, werden die Karten neu gemischt.
Von den 400 Punkten geht mehr als ein Viertel auf das Konto der beiden Schwergewichte Roche und UBS. Bei den Genussscheinen der Pharma- und Diagnostikgruppe aus Basel ging am Donnerstag die Dividende ab, was den SMI mehr als 60 Punkte kostete. Die Aktien der grössten Schweizer Bank wiederum wurden für eine Verkaufsempfehlung sowie für eine einschneidende Kurszielreduktion – beide übrigens aus London heraus – abgestraft. Das zog das Börsenbarometer um weitere 40 Punkte nach unten.
Eigentlich hätte es wenigstens dem SMI mit Dividenden-Korrektur (SMIC) für ein neues Rekordhoch reichen müssen. Doch die UBS-Schwäche wusste dies zu vereiteln. Regelmässige Leserinnen und Leser wissen nur zu gut, weshalb ich mich hierzulande am SMIC und nicht am SMI orientiere.
Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Der in den Medien oft erwähnte Swiss Performance Index (SPI) ist – wie es der Name schon sagt - ein sogenannter Performance-Index. Der SMI hingegen ist ein Preis-Index. Bei ersterem werden die Dividenden aufgerechnet, bei zweiterem gehen diese zu Lasten des Index. Stellt man die beiden Börsenbarometer einander gegenüber, vergleicht man Äpfel mit Birnen. Aus diesem Grund wurde der SMIC geschaffen. Und dieser hangelt sich seit vielen Monaten still und leise von einer Bestmarke zur nächsten.
Die UBS-Aktien hatten in den letzten Tagen einen schweren Stand (Quelle: www.cash.ch)
Kommen wir nun aber wieder auf die UBS zu sprechen. Denn die Diskussion um noch strengere Eigenmittelvorschriften will einfach nicht abreissen. Beinahe täglich sickern neue Indiskretionen in die Medien durch. Ob bewusst oder unbewusst, lässt sich dabei nicht abschliessend sagen.
Da steht auf der einen Seite die grösste Schweizer Bank, welche durch die Credit-Suisse-Rettung noch gigantischer geworden ist. Sie muss sich schon heute den wohl strengsten Eigenmittelvorschriften der Welt beugen. Auf der anderen Seite steht da das Triumvirat bestehend aus Finanz-Departement, Schweizerischer Nationalbank und Eidgenössischer Finanzmarktaufsicht. Dieses Dreigestirn am Himmel über dem Finanzplatz Schweiz will mit allen Mitteln verhindern, dass sich ein weiterer Vorfall nach Drehbuch des Credit-Suisse-Kollapses wiederholt.
Was den Behörden vorschwebt, steht schon eine ganze Weile im Raum. Neu ist, dass von bis zu 40 Milliarden Dollar die Rede ist, um welche die UBS die Eigenmittel innerhalb weniger Jahre zusätzlich äufnen soll. Man muss keinen Abschluss in Betriebswirtschaft in der Tasche haben, um erahnen zu können, dass dies nicht ohne Abstriche bei der künftigen Ausschüttungspolitik möglich wäre. Gerade bei den Aktienrückkäufen wäre die Grossbank wohl zu einschneidenden Zugeständnissen gezwungen. Ausserdem gehen strengere Eigenmittelvorschriften mit einer geringeren Rendite auf dem Eigenkapital einher. Lange Rede, kurzer Sinn: Noch strengere Eigenmittelvorschriften würde die Wettbewerbsstellung der UBS im Vergleich mit der übermächtigen amerikanischen Konkurrenz erheblich schwächen.
Nachdem von Plänen der Grossbank zu lesen war, ihren Sitz ins Ausland – etwa nach Singapur oder in die USA – zu verlegen, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch, dass die UBS der hiesigen Politik in Bern gegenüber zu Zugeständnissen bereit sei. Erwähnt wird im Artikel neben einer Beschränkung der Investment-Banking-Aktivitäten auf maximal 30 Prozent des gesamten Geschäftsvolumens auch eine Stärkung der Eigenmittelbasis um 5 Milliarden Dollar. Ob das der Politik weit genug geht …?
Hohe Wellen warf am Donnerstag eine einschneidende Kurszielreduktion durch Goldman Sachs. In den letzten Jahren sorgte die amerikanische Investmentbank in hiesigen Börsenkreisen immer wieder mit teils abenteuerlich hohen Kurszielen für Gesprächsstoff. Nun setzt Analyst Chris Hallam den dicken Rotstift an und kürzt sein Zwölf-Monats-Kursziel auf 36 (zuvor 44,50) Franken. An der Kaufempfehlung hält er indes fest.
Noch einen Schritt weiter geht sein Berufskollege Antonio Reale bei der Bank of America. Er stuft die UBS-Aktien gar von «Neutral» auf «Underperform» herunter und streicht das Kursziel gleich auf 28 (zuvor 33) Franken zusammen. Reale befürchtet, dass die Diskussion rund um strengere Eigenmittelvorschriften noch auf Monate hinaus für Ungewissheit sorgen und auf die Kursentwicklung drücken könnte.
Für mich sieht das übrigens nach einem Analystenwechsel aus, welcher bei der amerikanischen Investmentbank zu einer Neubeurteilung der Valoren der grössten Schweizer Bank geführt hat. Diesem Umstand wurde am gestrigen Donnerstag kaum Beachtung geschenkt.
Ich selber sehe in den angeblichen Plänen für eine Sitzverlegung von Zürich in andere Finanzmetropolen vor allem eines: Eine Drohgebärde. Denn die UBS lebt von ihrer «Swissness» und unterstreicht diese bei jeder sich ihr bietenden Gelegenheit. Kommt hinzu, dass eine Sitzverlegung wohl ihren Preis hätte – sprich: mit Vermögensabflüssen und Kosten einherginge.
Dennoch wird die UBS die Situation genauestens abwägen. Dass die Grossbank den Interessen ihrer Anspruchsgruppen – etwa den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder den Aktionärinnen und Aktionären – ein grösseres Gewicht beimisst als jenen der Politik in Bern, liegt geradezu auf der Hand. Es wäre nicht gut, wenn nicht. Und den Politikerinnen und Politikern möchte ich mit den Worten begegnen, dass man eine Bank auch «ins Verderben regulieren» kann …
Vergangenen Freitag schrieb ich von Spekulationen, wonach die beiden Erstversicherer Helvetia und Baloise seit Monaten Gespräche über einen Zusammenschluss führen würden. Das berichtete kurz zuvor die Nachrichtenagentur Bloomberg. Wer sich rund um die Ergebnisveröffentlichung bei Baloise vom Dienstag klärende Worte erhoffte, wurde bitterlich enttäuscht. Kein Kommentar, hiess es seitens des Unternehmens.
Ich kommentierte die Spekulationen mit folgenden Worten:
... und weiter …
In einem mir zugespielten Kommentar spielt der für die UBS tätige Analyst Nasib Ahmed den Zusammenschluss schon mal durch. Seinen Berechnungen zufolge liessen sich mit einem solchen Schritt zusätzliche Aktionärswerte von bis zu zehn Prozent schaffen. So wie ich das verstanden habe, lässt er nur Kostensynergien im Umfang von 105 bis 210 Millionen Franken vor Steuern in sein Modell einfliessen. Doch auch beim Eigenkapital ortet der UBS-Analyst Synergien von bis zu 100 Millionen Franken – ebenfalls vor Steuern. Das ist schon allerhand.
Die Aktien von Helvetia kennen nur eine Richtung: Die nach oben (Quelle: www.cash.ch)
Wie Ahmed richtigerweise schreibt, hätte die Helvetia-Ankeraktionärin Patria mit ihrem Stimmenanteil von 34 Prozent ein entscheidendes Wort mitzureden. Er stuft die Aktien von Helvetia mit «Neutral» und einem Zwölf-Monats-Kursziel von 155 Franken und jene von Baloise ebenfalls mit «Neutral» und einem Zwölf-Monats-Kursziel von 190 (zuvor 180) Franken ein. Gerade die Kursprognose für die Valoren von Helvetia erscheint mir jedoch überholt.
Ich könnte mir gut vorstellen, dass der Kommentar aus der Feder des UBS-Analysten mittlerweile auch dem Baloise-Grossaktionär Cevian Capital vorliegt. Wenn die Planspiele des Autors bei den Skandinaviern da mal bloss keine Begehrlichkeiten wecken.
Bleiben wir doch noch ein bisschen bei den Börsenspekulationen. Der für Kepler Cheuvreux tätige Analyst Pablo Cuadrado reduziert sein Kursziel für die Aktien von SGS auf 96 (zuvor 102) Franken. Am «Hold» lautenden Anlageurteil hält er indes fest. Für Gesprächsstoff sorgt weniger die Anpassung selbst, als vielmehr die Gründe, welche dem neuen Kursziel zugrunde liegen.
Cuadrado geht nämlich davon aus, dass sich der Grossaktionär Groupe Bruxelles Lambert (GBL) schon bald von weiteren Teilen seines Pakets trennen könnte. Erst kürzlich entledigte sich dieser von Aktien im Gegenwert von knapp 750 Millionen Franken.
Als SGS und Bureau Veritas Mitte Januar einräumten, man würde Gespräche über einen Zusammenschluss führen, schwangen auch Vermutungen mit, wonach die jeweiligen Ankeraktionäre mit Blick auf einen Ausstieg treibende Kraft dahinter seien.
Ich schrieb in diesem Zusammenhang:
Inzwischen hat auch der Bureau-Veritas-Grossaktionär Wendel ein grösseres Paket bei institutionellen Investoren platziert. Also könnte der Analyst bei Kepler Cheuvreux mit seiner Vermutung durchaus richtig liegen. Ich schliesse nicht aus, dass GBL bei SGS früher oder später ganz den Ausstieg sucht.
Ob uns eine eher langweilige Woche bevorsteht, darüber entscheidet nicht zuletzt die US-Regierung in Washington. Mal schauen, welche Importe sie auch noch mit Strafzöllen belegen will. Vielleicht wissen wir schon nächsten Freitag mehr, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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1 Kommentar
Interessant, dass Sie den SMIC erwähnen. Wo findet man diesen Index? Im Cash Universum jedenfalls habe ich ihn nirgends entdeckt. Existiert auch ein ETF?
Danke.