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Der Schweizer Aktienmarkt musste die jüngsten Kursgewinne in den letzten Tagen erst einmal verdauen. Folglich war für den Swiss Market Index (SMI) Treten-an-Ort angesagt. Allerdings liegen Erfolg und Misserfolg weiterhin nahe beieinander.

Wenn es so etwas wie ein Erfolgsrezept gibt, dann jenes, auf hiesige Überflieger wie Ypsomed oder Comet zu setzen. Die Aktien dieser beiden Unternehmen steuern auf ein prozentual zweistelliges Wochenplus zu – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Während der Medizinaltechnikhersteller aus Burgdorf mit überzeugenden Finanzzielen fürs neue Geschäftsjahr und Abspaltungsplänen für den Geschäftsbereich Diabetes Care aufwartete, profitierte der Halbleiterausrüster aus Flamatt von einer Wiederentdeckung durch die Zürcher Kantonalbank. Der zuständige Analyst Michael Inauen stufte dessen Aktien von "Marktgewichten" auf "Übergewichten" herauf und verlieh seiner Kaufempfehlung mit einem rechnerischen fairen Wert von 400 (zuvor 225) Franken den nötigen Nachdruck. Gekauft wird, was in den letzten Wochen und Monaten bereits gut lief.

Die Nvidia-Aktien sind nicht zu bremsem (Quelle: www.cash.ch)

Die Zahl der Woche lautet 15'000'000'000. So viele Dollars blieben bei Nvidia alleine in den ersten drei Monaten dieses Jahres als freier Cashflow hängen. Das macht einfach nur sprachlos. Es ist, als hätte der Chip-Gigant das Gelddrucken erfunden. Als Betriebsökonom frage ich mich, wie lange sich für die Amerikaner noch Bruttogewinnmargen von 75 Prozent und mehr erwirtschaften lassen. Denn die Abnehmer von heute – ich denke da etwa an Microsoft, Alphabet oder Apple - sind die Gegenspieler von morgen. Sie alle tüfteln mittlerweile an eigenen leistungsstarken KI-fähigen Chips.

Wenden wir uns nun aber wieder dem hiesigen Börsengeschehen zu. Was die Spatzen am Hauptsitz von Baloise schon seit Monaten von den Dächern pfeifen, ist seit wenigen Tagen gewiss: Der für seine aktive Einflussnahme berüchtigte Finanzinvestor Cevian Capital hat sich nun doch mit gut 3 Prozent bei der Versicherungsgruppe eingenistet.

Nachdem die Skandinavier Mitte Dezember mit gut einer Milliarde Franken bei der UBS eingestiegen waren, schien die Sache eigentlich schon vom Tisch. Doch die überraschende Absage der Aktionärinnen und Aktionäre an die Eintragungsbeschränkung bewegte die Entscheidungsträger dann vermutlich doch noch zum Umdenken.

Was genau Cevian Capital bei Baloise im Schilde führt, darüber lässt sich vorerst nur spekulieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass man das volle Dividendenpotenzial des Unternehmens entfalten will. Wie das aussehen könnte, schreibt UBS-Analyst Will Hardcastle. Seinen Berechnungen zufolge liesse sich die Kapitalbindung bei belgischen Lebensversicherungsbeständen problemlos um weitere 400 Millionen Franken reduzieren. Und auch bei Beständen in Deutschland und der Schweiz sieht er Optimierungsbedarf. Lange Rede, kurzer Sinn: Hardcastle sieht ein zusätzliches Dividendenpotenzial von bis zu einer Milliarde Franken, was knapp 15 Prozent des momentanen Börsenwerts entspricht.

Wichtige Erkenntnisse verspricht der 12. September. An diesem Tag veröffentlicht die Versicherungsgruppe nicht nur ihr Halbjahresergebnis, sie wird auch in Bezug auf die künftige Strategie informieren. Man darf gespannt sein...

Die Beteiligungsnahme von Cevian Capital an Baloise war nicht die einzige ziemlich bedeutende Beteiligungsmeldung. Gestern Donnerstag ging im allgemeinen Börsentrubel unter, dass sich Novartis nun endlich bei Sandoz von Aktien getrennt hat. Als Verkäuferin musste sich das einstige Mutterhaus nur deshalb zu erkennen geben, weil der meldepflichtige Schwellenwert von 3 Prozent unterschritten wurde – und das schon Mitte Mai. Es handelt sich dabei um ein 4,3-Prozent-Paket, welches Novartis bei der Abspaltung von Sandoz im Oktober auf Eigenbeständen zugeteilt wurde.

Ich wies bereits Ende März auf die Möglichkeit einer solchen Beteiligungsreduktion hin und schrieb:

Und tatsächlich stecken die Sandoz-Aktien die Beteiligungsreduktion bisher überraschend gut weg. Das dürfte auch damit zu tun haben, dass die Titel unter dem Dach von Novartis teilweise in Stiftungen untergebracht sind. Es erscheint daher unwahrscheinlich, dass die Basler in absehbarer Zeit ganz aussteigen.

Die Aktien von Sandoz haben nach einem verhaltenen Börsendebüt endlich Fahrt aufgenommen (Quelle: www.cash.ch)

Interessant scheint mir, dass die Capital Group erstmals seit Oktober 2012 wieder mehr als 3 Prozent an SGS hält. Der amerikanische Fondsriese hat zuletzt wacker Aktien zugekauft, wie mir berichtet wird. Das Geschäftsmodell des Warenprüfunternehmens gilt als vergleichsweise widerstandsfähig. Ausserdem sitzt bei den Genfern mit der ehemaligen Holcim-Finanzchefin Géraldine Picaud seit wenigen Wochen eine äusserst fähige Managerin auf dem Chefsessel.

Bei Straumann hat mit Blackrock niemand geringerer als der weltgrösste Vermögensverwalter eine Beteiligungsreduktion vorgenommen. Erstmals seit September 2015 halten die Amerikaner weniger als 5 Prozent am Dentalimplantatehersteller aus Basel. In der Spitze waren es einst sogar mehr als 7 Prozent.

Anders als SGS ist Straumann in einem hohen Grad von der Ausgabefreudigkeit der Kundinnen und Kunden abhängig. Trübt sich das Wirtschaftsumfeld ein, sitzt das Geld nicht mehr ganz so locker. Selbst auf die Gefahr hin, zu viel in diese Beteiligungsmeldungen hineinzuinterpretieren, macht es mir ganz den Anschein, als ob mächtige Grossanleger still und leise ihre Aktienportefeuilles umstellen...

Kommen wir an dieser Stelle noch auf die UBS zu sprechen. Die Grossbank – oder besser gesagt ihre Analysten - sorgten diese Woche gleich bei zwei Aktien aus der Schweiz für starke Kursbewegungen.

Bei der Versandapotheke DocMorris liess Analyst Sebastian Vogel die Notierungen zeitweise um mehr als 16 Prozent einbrechen. Den ihm vorliegenden Informationen zufolge seien die App-Downloads der Krankenversicherer seit der Einführung elektronischer Medikamentenrezepte in Deutschland deutlich höher als jene der Versandapotheken, wie der Analyst schreibt. Er befürchtet nun, dass die Krankenversicherer die grosse Reichweite nutzen könnten, um den Verkehr von den Apps der Versandapotheken wegzulenken. Umso mehr fühlt sich Vogel in seiner Verkaufsempfehlung sowie im 31,90 Franken lautenden 12-Monats-Kursziel für die Valoren bestätigt.

In die andere Richtung ging es für jene der SFS Group. Nach einer Heraufstufung von "Neutral" auf "Buy" bei einem 12-Monats-Kursziel von 140 (zuvor 98) Franken durch Abteilungskollege Joern Iffert gewannen die Aktien des Anbieters von mechanischen Befestigungssystemen in der Spitze bis zu 10 Prozent.

Trotz eines weiterhin anspruchsvollen Wirtschaftsumfelds traut Iffert dem Unternehmen im laufenden Jahr ein leichtes organisches Umsatzwachstum sowie Margenverbesserungen zu. Darauf abgestützt erhöht er seine Gewinnschätzungen für die kommenden Jahre um bis zu 12 Prozent. Die neuen Annahmen bewegen sich in etwa im Rahmen der durchschnittlichen Erwartungen seiner Berufskollegen bei anderen Banken.

Wirklich viel Fleisch am Knochen scheint mir da nicht zu sein. Umso mehr überrascht mich die geradezu euphorische Reaktion der Börse auf die Kaufempfehlung. Heute Freitag folgt übrigens gleich das nächste Kursfeuerwerk bei einer weiteren Aktie. Nach einer Heraufstufung von "Hold" auf "Buy" bei einem Kursziel von 15 (zuvor 10,25) Franken durch Stifel, ziehen die Kurse der Arbonia-Aktien kräftig an. Und das, obwohl der zuständige Analyst Tobias Fahrenholz seine Gewinnschätzungen für den Ostschweizer Bauzulieferer um bis zu 63 Prozent zusammenstreicht.

Es sind weniger die Kaufempfehlungen selbst, als vielmehr die übertrieben positive Reaktion der Börse, welche mich in diesen Tagen etwas irritiert...

Mal schauen, ob sich nächste Woche ähnliche Beobachtungen machen lassen. Mehr dazu nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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