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Schweizer Aktienmarkt: Ist der rasanten Kurserholung wirklich zu trauen?

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Schnell steigende Kurse bei dünnen Umsätzen, UBS mit Licht und Schatten, neues höchstes Kursziel für Sandoz - Und: Bleibt Tecan ein «Stehauf-Männchen»?

16.08.2024   12:00
Von cash Insider
Ein Bolide verlässt mit qualmenden Reifen die Boxengasse.

Ein Bolide verlässt mit qualmenden Reifen die Boxengasse - vergleichbar mit dem SMI in den letzten Tagen.

Quelle: imago images / Sven Simon

Der cash Insider berichtet auch im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Die gute Nachricht zuerst: Seit gestern steht der Swiss Market Index (SMI) wieder bei mehr als 12'000 Punkten. Es ist, als hätte es den Börsenrücksetzer von vor zwei Wochen nie gegeben. Rezessionsängste, Forderung nach einer Not-Leitzinssenkung – war da mal was...?

Wer am Montag vor einer Woche die Nerven verlor und sich in die Eröffnung hinein von Aktien trennte, der dürfte spätestens jetzt beim Blick auf das Kurstableau verwundert die Augen reiben. Denn so schnell wie die Rezessionsängste aufkamen, sind sie auch wieder versandet. Erfreulich geringere Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung sowie zahme Teuerungsstatistiken reichten aus, um diese Stimmen verstummen zu lassen.

Einzig der Umstand, dass die von der Bank of America befragten Fondsmanager und Vermögensverwalter nicht mehr ganz so vor Zuversicht strotzen wie zuvor, erinnert vage an den Börsenrücksetzer – wobei selbst jetzt noch immer Dreiviertel der Umfrageteilnehmer an eine sanfte Landung der Weltwirtschaft glauben. Für mich sehen Rezessionsängste anders aus.

So überrascht es nicht, dass der SMI in den letzten knapp zwei Wochen kontinuierlich Boden gutmachen konnte. Mittlerweile trennen das Börsenbarometer fast 800 Punkte vom Zwischentief von Anfang August bei 11'417 Zählern.

So weit, so gut. Allerdings fällt mir auf, dass diese Erholung von ungewöhnlich mageren Handelsumsätzen begleitet wurde und noch immer wird. Zugegeben: Wir befinden uns an den Aktienmärkten inmitten der Sommerflaute. Doch selbst wenn man den saisonalen Gegebenheiten Rechnung trägt, sind die Handelsumsätze ungewohnt dünn.

Steigende Kurse bei dünnen Handelsumsätzen sind immer so eine Sache. Man weiss nicht genau, ob man ihnen einfach so blindlings trauen kann. Denn nicht selten erweisen sie sich als Brandbeschleuniger – und das bekanntlich in beide Richtungen. Umso mehr begegne ich der rasanten Börsenerholung der letzten Tage mit einer gesunden Portion Skepsis.

Wenden wir uns nun aber den hiesigen Unternehmen zu. In den letzten Tagen gehörte die mediale Bühne ganz der UBS. Der gestern Donnerstag veröffentlichte Zahlenkranz für das zweite Quartal kam an der Börse überraschend gut an. Bei Handelsende standen die Valoren der grössten Schweizer Bank mit fast fünf Prozent im Plus.

Die UBS-Aktien waren diese Woche gesucht (Quelle: www.cash.ch)

Mich überrascht dieser Tagesgewinn nicht zuletzt deshalb, weil die Grossbank mit einem Vorsteuergewinn von 1,47 Milliarden Dollar und einem Konzerngewinn von 1,14 Milliarden Dollar die von Analysten erwarteten 1,15 Milliarden Dollar beziehungsweise 608 Millionen Dollar deutlich übertraf. Die Ergebnisqualität liess jedoch zu wünschen übrig, steuerten das Global Wealth Management sowie das Personal & Corporate Banking doch weniger als erhofft zum Gruppenergebnis bei. Stattdessen blähten unter anderem einmalige Gewinne auf veräusserten Risikoaktiven das Ergebnis künstlich auf.

Für mich gibt es zwei mögliche Erklärungen, weshalb die Börse am Mittwoch grosszügig über die geringe Ergebnisqualität hinwegschaute und die Valoren der UBS mit Kursgewinnen bedachte: Zum einen schreitet die Integration der Credit Suisse schneller als gedacht voran und zum anderen wurde bekannt, dass die grösste Schweizer Bank schon seit Juni wieder eigene Aktien zurückkauft.

Ausserdem wäre da noch der Nettoneugeldzufluss von 27 Milliarden Dollar im Global Wealth Management. Diese Zahl ist umso beeindruckender, als dass UBS-Chef Sergio Ermotti zufolge seit Oktober 2022 rund 40 Prozent der Kundenberater der Credit Suisse die Bank verlassen haben. Immerhin waren die besagten Kundenberater bei der kleineren der beiden Grossbanken für 20 Prozent der verwalteten Vermögen verantwortlich.

Die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs will es wissen. Nach einer Überarbeitung seines Bewertungsmodells kommt der zuständige Analyst Chris Hallam neuerdings sogar auf ein 12-Monats-Kursziel von 37,10 (zuvor 35,50) Franken für die mit "Buy" eingestuften Aktien. Es ist das höchste mir bekannte Kursziel. Angesichts des rechnerischen Aufwärtspotenzials von mehr als 40 Prozent mutet es etwas inkonsequent an, dass man die Valoren der Grossbank bei Goldman Sachs nicht sogar auf die "Conviction Buy List" setzt.

Ich bleibe dabei: Die Rettung der Credit Suisse kommt für die UBS einem Quantensprung gleich, wenn es darum geht, im Wettbewerb mit den übermächtigen Rivalen aus Übersee mit gleichlangen Spiessen anzutreten. Immer in der Hoffnung, dass die Politik in Bern und die hiesigen Regulatoren nicht das Augenmass verlieren und die Spiesse mittels geradezu erdrückend strenger Eigenmittelvorschriften wieder kürzen. Denn wie der Untergang der Credit Suisse zeigt, liess sich dieser auch nicht mit einer höheren Eigenmittelunterlegung verhindern. Es braucht nicht mehr von derselben Medizin, die sich in der Krise als wirkungslos erwies. Vielmehr müssen dringend andere Instrumentarien her.

Auf eine Woche zum Vergessen blicken die Aktionärinnen und Aktionäre von Tecan zurück. Der Laborausrüster aus Männedorf enttäuschte in der ersten Jahreshälfte auf der ganzen Linie. Für den Umsatz ging es im Jahresvergleich um 14 Prozent auf 467,2 Millionen Franken nach unten, für den Reingewinn sogar um knapp 58 Prozent auf 22,5 Millionen Franken.

Und als ob das nicht schon Schmach genug wäre, war das Unternehmen gezwungen, die diesjährigen Finanzziele zu senken. Nicht nur beim Umsatz in Lokalwährungen, auch bei der operativen Gewinnmarge (EBITDA) musste es zurückkrebsen. Beides kam an der Börse gar nicht gut an, gingen die Tecan-Aktien am Dienstag doch um satte 17 Prozent tiefer aus dem Handel.

Die Gewinnwarnung setzte den Aktien von Tecan ganz schön zu (Quelle: www.cash.ch)

In Analystenkreisen übt man sich indes in Schadensbegrenzung. So hält man etwa bei der Deutschen Bank, Kepler Cheuvreux und der Berenberg Bank an den Kaufempfehlungen fest – wenn auch mit teils deutlich tieferen Kurszielen.

Dass der Laborausrüster die Katze erst jetzt – gut sechs Wochen nach Quartalsende – aus dem Sack lässt, sorgt verständlicherweise für Unmut. Die für Kepler Cheuvreux tätige Medizinaltechnikanalystin Maja Pataki schreibt gar von einem Vertrauensverlust, zumal die ursprünglichen Finanzziele erst im März kommuniziert worden waren und die Gründe für die jetzige Reduktion eigentlich nicht neu sind. Ausserdem bemängelt sie, dass das Unternehmen nicht bereits kurz nach Quartalsende die Öffentlichkeit suchte. Da die Probleme bei Tecan nicht struktureller Natur sind, bekräftigt sie dennoch ihre Kaufempfehlung für die Valoren. Mit dieser Einschätzung steht Pataki nicht alleine da.

Den Valoren von Tecan wird schon seit Jahren nachgesagt, sie seien so etwas wie ein "Stehauf-Männchen". Nach Enttäuschungen konnten sie sich meist ziemlich rasch wieder fangen. Mal schauen, ob das auch diesmal wieder der Fall ist.

Weiterhin gut im Markt liegen die Aktien von Sandoz. Vor wenigen Tagen erhöhte Analyst Fabian Wenner von der Bank Julius Bär sein Kursziel für die Valoren des Generikaherstellers auf 44 (zuvor 39) Franken. An der Kaufempfehlung hält er indes fest. Wenner hält die einstige Novartis-Tochter für gut aufgestellt, um im margenstarken Geschäft mit Biosimilars kräftig wachsen zu können. Er verweist zudem auf die hohen Eintrittsbarrieren für andere Anbieter auf diesem lukrativen Geschäftsfeld.

Obwohl es zuerst gar nicht danach aussah, hat Sandoz seit dem Börsendebüt vom Oktober letzten Jahres eine grundlegende Neubewertung und -beurteilung erfahren. Selbst im Wissen um die intakten Wachstumsaussichten, ist das einfache Geld womöglich gemacht.

Nach der Genesung von einer Lungenentzündung verabschiede ich mich nun für zwei Wochen in eine kurze Auszeit. Während dieser Zeit übernehmen meine Redaktionskollegen in Zürich das morgendliche Insider Briefing. An dieser Stelle schon mal ein grosses Dankeschön. Die nächste Kolumne erscheint am Montag, den 2. September 2024, zur Mittagszeit.

Herzlichst, der cash Insider

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.
 

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8 Kommentare

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jonny1

GUTE BESSERUNG!
Mein Depot ist auch wieder da, wo es vor dem Rücksetzer gewesen bin.

Naja, bis auf MEDMIX, welche für mich die Enttäuschung des letzten und des laufenden Jahres ist!

cash_insider

Vielen Dank. Ja, auch ich bin ziemlich enttäuscht über die schlechte Kursbilanz bei Medmix. In den letzten Wochen dürften Titelverkäufe seitens des US-Fondsriesen Capital Group auf die Notierungen gedrückt haben. Es macht ganz den Anschein, als ob die Amerikaner ganz aussteigen wollten bzw. ausgestiegen sind. Vermutlich aufgrund der für sie zu geringen Börsenkapitalisierung der ehemaligen Sulzer-Tochter.

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elan

Geschätzter Cash, gute Erholung wünsche ich. Ich freue mich jetzt schon auf Ihre pointierten Kommentare und Einschätzungen in alter Frische.
Beste Grüße

cash_insider

Ganz herzlichen Dank, geschättzer Elan. Reculer pour mieux sauter - oder wie sagen unsere Freunde aus der Westschweiz?! Herzliche Grüsse auch Ihnen.

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anuswiss

Wünsche dem Insider schöne Ferien und gute Erholung.
freundliche Grüsse

cash_insider

Ganz herzlichen Dank. Ich werde die Zeit nutzen, um den Akku wieder auf 100 Prozent hochzufahren. Herzliche Grüsse.

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anuswiss

Bin gespannt ob bei Tecan noch eine Busse von der SIX kommt wegen der
fehlenden ad hoc Meldung. Denn für die GL und wenn der VR seine Arbeit
getan hat, müsste den beiden Gremien schon länger klar gewesen sein,
dass sie weit von den Zielen entfernt sind.

cash_insider

Gute Corporate Governance sieht anders aus. Erst sechs Wochen nach Ende der Berichtsperiode im Rahmen der regulären Ergebnisveröffentlichung ein solches Ergebnis einzuräumen, ist schon allerdhand.

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