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Börsenwoche im Schnelldurchlauf

Schweizer Aktienmarkt: Handelsgeschehen überraschend lustlos

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Eine Flaute die überrascht, Roche werden wiederentdeckt, neuer Cosmo-Chef kann punkten - Und: Cevian gegen UBS bei Baloise?

21.06.2024   12:08
Von cash Insider
An den Börsen ist es heute eher ruhig.

An den Börsen ist es heute eher ruhig.

Quelle: Pixabay

Der cash Insider berichtet auch im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Zwei Schritte vor - und zwei wieder zurück. Treffender liessen sich die letzten Tage bei uns am Schweizer Aktienmarkt kaum umschreiben. Im Vorfeld des grossen Derivatverfalls von heute Freitag waren die Umsätze ganz schön mager und das Handelsgeschehen ziemlich lustlos. Für gewöhnlich wirft der Verfall nämlich seinen Schatten voraus und sorgt schon Tage zuvor für anschwellende Umsätze. Nicht einmal nach der überraschenden Leitzinsreduktion durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) vom Donnerstagmorgen kam Hektik auf. Ganz im Gegenteil.

Unternehmensseitig war die Nachrichtenlage ebenfalls dünn – als ob die Sommerflaute in diesem Jahr früher als sonst eingesetzt hätte – und auch aus dem Lager der Aktienanalysten trafen kaum Umstufungen oder Kurszielveränderungen ein. Man könnte dahinter auch die trügerische Ruhe vor dem Sturm vermuten. Erste Gewinnwarnungen seitens des Automobilzulieferers Komax sowie des Motorradherstellers Pierer Mobility lassen ab Mitte Juli eine ziemlich bewegte Unternehmensberichterstattung mit starken Kursausschlägen bei den betroffenen Aktien vermuten.

Allerdings ist es nicht zuletzt den Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis geschuldet, dass der Swiss Market Index (SMI) schon seit Tagen mit angezogener Handbremse unterwegs ist. Noch immer gräbt der Höhenflug von Nvidia und Co in New York auch dem Schweizer Aktienmarkt das Wasser ab.

Die Citigroup knickte diese Woche regelrecht ein. Hatte die amerikanische Grossbank am späten Freitag in einem 70 Seiten starken Strategiepapier noch zum Kauf von europäischen Aktien in Schwächen geraten, will sie davon keine 72 Stunden später nichts mehr wissen. Vielmehr stuft sie diese von "Overweight" auf "Neutral" herunter und setzt taktisch neuerdings auf den amerikanischen Aktienmarkt – schliesslich spielt dort ja die Musik.

Dass die Strategen den Schweizer Aktienmarkt zu den attraktivsten in ganz Europa zählen, half diesem in den vergangenen Tagen herzlich wenig. Wie mir aus Börsenkreisen berichtet wird, wurden auch hierzulande Gelder abgezogen.

In dieses Bild passt auch, dass Kepler Cheuvreux den Anteil europäischer Aktien in den Wertschriftenportefeuilles halbiert hat. Neuerdings räumt ihnen der Broker gerade mal eine Gewichtung von 5 Prozent ein. Amerikanische Aktien sind wie bis anhin mit 20 Prozent vertreten - und das bei einer Aktienquote von insgesamt 40 (zuvor 45) Prozent. Die Strategen begründen diesen drastischen Schritt mit den Neuwahlen in Frankreich und der davon ausgehenden Ungewissheit für Europa.

Mit einem blauen Auge kamen die Genussscheine von Roche davon. Das mag auch damit zu tun haben, dass Kepler Cheuvreux die Valoren der Pharma- und Diagnostikgruppe aus Basel auf die "European Selected List" setzte. Und das als einziger Titel aus der Schweiz – wohlverstanden.

Die Aufnahme in die Favoritenliste erfolgt gleich aus mehreren Gründen, wie der bekannte Broker in einem mir zugespielten Kommentar schreibt. Zum einen scheinen die zuständigen Strategen um Arnaud Girod sichtlich Gefallen daran zu finden, der "European Selected List" wieder ein bisschen "Swissness" beizumischen. Zum anderen halten sie die Gewinnaussichten für grundlegend unterschätzt und gehen bis Ende 2028 von einem durchschnittlichen jährlichen Gewinnwachstum von 8 Prozent aus. Auch vom hauseigenen Analysten werden die Genussscheine von Roche schon seit April mit "Buy" und einem Kursziel von 285 Franken zum Kauf angepriesen.

Zum Thema Roche schrieb ich Ende Mai folgendes:

...und weiter...

Mittlerweile sind die Genussscheine von Roche aus ihrem Abwärtstrend nach oben ausgebrochen und haben über den gleitenden 200-Tage-Durchschnitt zurückgefunden. Vor diesem Hintergrund kommt die Aufnahme des Schwergewichts in die Favoritenliste von Kepler Cheuvreux vermutlich in einem gar nicht mal so ungünstigen Zeitpunkt.

Die Valoren von Roche erwachen endlich zu neuem Leben (Quelle: www.cash.ch)

Eine der wenigen Wortmeldungen aus der Analystengemeinde kam diese Woche von Gian Marco Werro von der Zürcher Kantonalbank. Vermutlich schlug sie an der Börse auch deshalb so deutlich ein. Er stutze den rechnerischen fairen Wert für die Aktien von DocMorris zwar auf 100 (zuvor 105) Franken zurecht, hob sein Anlageurteil aber dennoch von "Marktgewichten" auf "Übergewichten" – was den Valoren der Versandapotheke einen Tagesgewinn von mehr als sechs Prozent bescherte.

Werro hält die Kursverluste der letzten Wochen und Monate für übertrieben, sind elektronische Medikamentenrezepte in Deutschland doch gekommen, um zu bleiben. Er geht davon aus, dass DocMorris den Jahresumsatz bis Ende 2027 verdoppeln kann. Etwas Geduld dürfte sich aus Anlegersicht deshalb ausbezahlt machen, wie der Analyst weiter schreibt.

Mich überrascht die Heraufstufung durch die Zürcher Kantonalbank nicht, gab sich ihr Analyst kürzlich doch deutlich zuversichtlicher als zuvor. Dennoch zögerte er damals trotz eines rechnerischen fairen Werts von 105 Franken noch und hielt am "Marktgewichten" lautenden Anlageurteil fest. Nun wurde der Kursabschlag gegenüber dem von ihm errechneten fairen Wert wohl zu gross.

Den Valoren von DocMorris kommt auch weiterhin die undankbare Rolle der am meisten leerverkauften Aktien in der Schweiz zu. Wie Erhebungen der Beratungsfirma S&P Global zeigen, wurde zuletzt mit jeder vierten ausstehenden Aktie auf rückläufige Kurse spekuliert – wobei es sich bei einem Teil davon um Absicherungstransaktionen seitens von Wandelanleihegläubigern handeln dürfte.

Diese Wetten und die vielen ausstehenden Derivate auf die Valoren von DocMorris lassen nur erahnen, dass die Versandapotheke an der Börse ein Spielball der Spekulanten bleiben könnte. Den Aktionärinnen und Aktionären werden deshalb nicht nur Geduld, sondern auch gute Nerven abverlangt. Wie sagte die Börsenlegende André Kostolany einst doch so schön: "Aktiengewinne sind Schmerzensgeld – erst kommt der Schmerz, dann das Geld".

Kaum Beachtung fand eine kräftige Kurszielerhöhung für die Aktien von Cosmo auf 84 (zuvor 76) Franken durch Analyst Nicolas Pauillac von Kepler Cheuvreux. Gleichzeitig bekräftigte er seine Kaufempfehlung. Der neue Firmenchef Giovanni Di Napoli – er stiess vom amerikanischen Partner Medtronic zum Unternehmen – scheint den Analysten anlässlich eines Treffens zutiefst beeindruckt zu haben. Das gilt insbesondere für dessen Kenntnisse in Sachen GI Genius, einem KI-gestützten Endoskopie-Modul. Darauf abgestützt erhöht der Analyst seine künftigen Umsatz- und Gewinnerwartungen für GI Genius.

Kursentwicklung der Aktien von Cosmo seit Januar (Quelle: www.cash.ch)

Auch mir erscheint Di Napoli als die ideale Besetzung für den Chefsessel bei Cosmo. Dank seiner Expertise im KI-Bereich hat er das Zeug, um GI Genius zum kommerziellen Erfolg zu führen. Dass die Börse kaum auf die Kurszielerhöhung reagiert hat, erkläre ich mir mit der starken Kursbilanz der Valoren von Cosmo. Seit Ende Oktober letzten Jahres hat sich der Unternehmenswert dank der vertieften Zusammenarbeit mit Medtronic mehr als verdoppelt. Auch wenn die Aktien ihr rasantes Tempo der letzten Monate nicht aufrecht erhalten können, bleiben sie ein fester Bestandteil meiner Schweizer Aktienfavoriten für 2024.

Kommen wir an dieser Stelle noch kurz auf Komax zu sprechen. Eigentlich war schon klar, dass beim Automobilzulieferer nicht ganz alles zum Besten steht. Denn schliesslich wurden in der hiesigen Presse schon vor Wochen Stimmen laut, wonach am Hauptsitz Kurzarbeit eingeführt werden soll. Vor wenigen Tagen liess das Unternehmen dann eine kleinere Bombe platzen: Es zeichne sich beim diesjährigen Gruppenumsatz ein Rückgang von 20 Prozent ab, räumte die Firma in einer Medienmitteilung ein. Und weiter: Man erwarte deshalb nur noch einen leicht positiven operativen Jahresgewinn.

In der Folge waren viele Analysten dazu gezwungen, ihre Umsatz- und Gewinnschätzungen mit dem dicken Korrekturstift zu überarbeiten. Der für Stifel tätige Christian Arnold kürzte sein Kursziel gar auf 125 (zuvor 160) Franken. Er fühlt sich in seiner Verkaufsempfehlung für die Aktien bestätigt – während viele seiner Berufskollegen bei anderen Banken die Valoren auch weiterhin zum Kauf anpreisen. Wenigstens scheint bei den Kurszielen eine gewisse Vernunft eingekehrt zu sein. So traut Vontobel-Analyst Arben Hasanaj den Aktien mittlerweile noch Kurse von bis zu 190 (zuvor 270) Franken zu. Und auch Analystin Stefanie Scholtysik von Mirabaud Securities gibt sich geläutert mit "Hold" und einem Kursziel von 160 (zuvor 220) Franken.

Beiläufig sei erwähnt, dass der SIX Swiss Exchange zwei Wochen vor dieser doch ziemlich einschneidenden Umsatz- und Gewinnwarnung ein Titelverkauf aus der Teppich-Etage von Komax in Höhe von knapp 90'000 Franken gemeldet wurde...

Cevian Capital gegen die UBS könnte es bei Baloise heissen. Wie seit dem frühen Freitagmorgen bekannt ist, hat der schwedische Finanzinvestor sein Aktienpaket innerhalb kürzester Zeit von 3 auf 5 Prozent ausgebaut. Die Skandinavier – sie sind bekannt für ihre aktive Einflussnahme – können es wohl kaum erwarten, bei der Versicherungsgruppe aus Basel ihren Einfluss geltend zu machen.

Ich wäre jedenfalls nicht überrascht, wenn sich weitere Finanzinvestoren in der Hoffnung auf das schnelle Geld bei Baloise einnisten würden. Schliesslich gelten die Basler ja schon seit Jahren als "heisser Übernahmekandidat" für einen industriellen Käufer aus dem Ausland. Diese Stimmen sind nach der überraschenden Absage der Aktionärinnen und Aktionäre an die schützende Eintragungsbeschränkung nicht eben leiser geworden.

Ein entscheidendes Wort in Sachen Verkauf des Unternehmens ins Ausland hätte die UBS mitzureden. Durch die Verschmelzung der eigenen Fondstochter mit jener der Credit Suisse ist die Grossbank zur grössten Einzelaktionärin mit einem Stimmenanteil von gut 9 Prozent aufgestiegen. Die UBS in der Retterin der Heimat - das hatten wir ja schon mal...

Wer weiss – vielleicht ist die Firmengeschichte von Baloise ja schon nächsten Freitag wieder um ein Kapitel reicher, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.
 

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1 Kommentar

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falera

Um durchstarten zu können, braucht Roche rasche Erfolge in den lebenswichtigen Themen der Gesundheit. Abnehmmittel, die erst noch später auf den schon gesättigten Markt kommen, sind Ergänzungen, aber nicht matchentscheidend.

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