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Börsenwoche im Schnelldurchlauf

Schweizer Aktienmarkt: Einflussreiche US-Bank wirft mit Verkaufsempfehlungen nur so um sich

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Ausländische Grossinvestoren kehren dem Schweizer Aktienmarkt den Rücken - Und: J.P. Morgan mit sechs Verkaufsempfehlungen in fünf Tagen.

06.12.2024   12:00
Von cash Insider
Flagge mit dem Logo von Swatch in Bern (2022).

Die Verkaufsempfehlung für die Swatch-Aktien vom Montag sollte nicht die einzige Verkaufsempfehlung von J.P. Morgan sein.

Quelle: imago/Panthermedia

Der cash Insider berichtet auch im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auf X/Twitter aktiv.

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Während die New Yorker Börse in den letzten Tagen neue Rekorde feierte, fehlt es dem Schweizer Aktienmarkt SMI weiterhin an Kraft. Wurde positiven Vorgaben aus Übersee auch bei uns einst mit steigenden Kursen begegnet, ist das schon eine ganze Weile nicht mehr so.

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Der Höhenflug der Leitbörse in New York entzieht anderen Aktienmärkten Gelder in Milliardenhöhe. Diese Gelder fehlen an anderen Börsen dann spürbar. Auch dem Schweizer Aktienmarkt wird so das Wasser abgegraben.

Erst am Dienstag unterlegte ich dies mit geradezu beeindruckendem Zahlenmaterial:

Es gilt in hiesigen Börsenkreisen mittlerweile als ein offenes Geheimnis, dass auch unter den mächtigen Grossinvestoren immer mehr ihr Glück an der New Yorker Börse suchen. Unser Schweizer Aktienmarkt mit seinen drei Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis verkommt dabei zum Statisten. Gefühlt macht die halbe Finanzwelt einen Bogen um unseren Heimmarkt.

Wer nach Anhaltspunkten sucht, wird schnell fündig – etwa bei den Beteiligungsmeldungen. In den vergangenen Tagen wurden der SIX Swiss Exchange gleich mehrere Beteiligungsreduktionen mit Signalwirkung gemeldet. Bei Lem reduzierte die Capital Group ihr Aktienpaket erstmals seit August 2020 wieder auf unter drei Prozent. Und auch bei Montana Aerospace musste sich der Fondsriese als Verkäufer von Aktien zu erkennen geben, nachdem er kürzlich den meldepflichtigen Schwellenwert von fünf Prozent unterschritt. In der Spitze hielten die Amerikaner im Frühling 2021 mehr als sieben Prozent am Zulieferer bekannter Flugzeughersteller wie Boeing. Janus Henderson hingegen hält erstmals seit Mitte August 2018 weniger als drei Prozent an Klingelnberg. Anfang 2022 waren es noch mehr als sechs Prozent. Mit Blackrock dünnte der weltgrösste Vermögensverwalter sein Swatch-Paket auf unter drei Prozent aus. Denselben Schritt vollzog Global Alpha Capital Management nahezu zeitgleich beim Stromzählerhersteller Landis+Gyr. Womöglich sind diese Beteiligungsreduktionen bloss die Spitze des Eisbergs...

Die amerikanische Blackrock reduziert ihr Swatch-Paket nahe den langjährigen Tiefstkurse (Quelle: www.cash.ch)

Da überrascht es mich nicht, wenn schwache Tage schon seit Wochen von hohen Handelsumsätzen, jegliche Erholungsversuche hingegen von eher mageren Umsätzen begleitet werden. Ausserdem ziehen Erholungsversuche immer wieder Verkäufe nach sich. Von Stärke zeugen diese Beobachtungen jedenfalls nicht.

Kommen wir an dieser Stelle auf J.P. Morgan zu sprechen. Alleine seit Montag sprach die amerikanische Investmentbank hierzulande fünf Verkaufsempfehlungen aus. Den Anfang machte am Montag Analystin Chiara Battistini. Sie stufte die Inhaberaktien der Swatch Group von «Neutral» auf «Underweight» herunter und setzte diese mit einem Kursziel von 135 (zuvor 180) Franken auf die «Negative Catalyst Watch List». Besser spät als nie, war der erste Gedanke, der mich am Montag beschlich. Andere Banken – darunter die UBS, die Bank of America oder Jefferies – sind schon seit Monaten pessimistisch für die Valoren des Bieler Uhrenherstellers.

Tags darauf strafte der ebenfalls für J.P. Morgan tätige Analyst David Adlington die Aktien des Hörgeräteherstellers Sonova von «Neutral» auf «Underweight» ab. Am 224 Franken lautenden Kursziel hielt er indes fest. Adlington warnt aufgrund einer unheilvollen Kombination aus hohen Erwartungen und schwieriger werdender Vergleichsbasis vor möglichen Enttäuschungen.

Am Mittwoch dann war der Versicherungsanalyst Farooq Hanif an der Reihe. Er stufte die dividendenstarken Aktien von Swiss Life von «Neutral» auf «Underweight» herunter und kürzte gleichzeitig das Kursziel auf 670 (zuvor 720) Franken. Hanif hält die anlässlich des Investorentages vorgestellten neuen Mittelfristziele bereits für eingepreist und die Valoren des Lebensversicherers aus Zürich deshalb für ausgereizt.

Was die Abteilungskollegen können, können wir auch. So oder so ähnlich dürften die beiden J.P.-Morgan-Analystinnen Sylvia Barker und Elodie Rall wohl gedacht haben. Barker nimmt die Abdeckung der Aktien von Adecco mit «Underweight» auf und setzt diese im Hinblick auf die Jahresergebnisveröffentlichung von Ende Februar auf die «Negative Catalyst Watch List». Und um ihrer Verkaufsempfehlung den nötigen Nachdruck zu verleihen, veranschlagt sie neuerdings ein Kursziel von 21,10 Franken. Es ist das tiefste mir bekannte Kursziel für die Valoren des Stellenvermittlers.

Rall geht hingegen bei den Aktien von Sika von «Neutral» auf «Underweight» bei einem überarbeiteten Kursziel von 209 (zuvor 250) Franken. Ihres Erachtens könnten sich die Margenerwartungen ihrer Berufskollegen bei anderen Banken im Laufe des nächsten Jahres als zu optimistisch erweisen. Ausserdem verweist die Analystin auf die Rolle des eigentlich in der Bauchemie tätigen Unternehmens als Zulieferer für die Automobilindustrie.

Auch die Aktien von Adecco befinden sich in einem hartnäckigen Kurs- und Stimmungstief (Quelle: www.cash.ch)

Ganz unter uns gesagt: Wirklich neue Erkenntnisse sucht man sowohl bei Adecco als auch bei Sika vergebens. Diese beiden Verkaufsempfehlungen und jene für Swatch Group sind geradezu bezeichnend für das Gebaren vieler Banken und ihrer Analysten. Alle drei Aktien weisen seit Jahresbeginn Kursabschläge zwischen 14 (Sika) und 43 Prozent (Adecco) auf und stehen in unmittelbarer Nähe zu ihren langjährigen Tiefstständen.

Heute Freitag legt der ebenfalls für J.P. Morgan tätige Analyst Andrew Wilson sogar noch nach. Er stuft die Partizipationsscheine von Schindler mit einem Kursziel von 245 (zuvor 235) Franken von «Neutral» auf «Underweight». Nach nunmehr drei Jahren seien die Margenverbesserungsmassnahmen weit gediehen, wie Wilson schreibt. Er fragt sich jedoch, was danach kommt und geht bis dahin von einem kursseitigen Durchhänger aus.

Das wären dann sechs Verkaufsempfehlungen aus dem Hause J.P. Morgan in gerade mal fünf Handelstagen. Interessant erscheint mir, dass vor allem Valoren von Unternehmen betroffen sind, bei welchen das Tagesgeschäft eine hohe Abhängigkeit von der Konjunkturentwicklung (Adecco, Schindler, Sika) oder vom Konsum (Swatch Group, Sonova) aufweist. Geht man in den Büroräumlichkeiten der amerikanischen Investmentbank etwa von einer weltweiten Rezession aus?

Bleiben wir noch kurz bei den Analystenstimmen. Ziemlich genau zwei Wochen ist es her, dass die Finanzwertespezialisten von Keefe Bruyette & Woods einknickten und die Aktien von Swiss Re von «Underperform» auf «Market Perform» heraufstuften. Gleichzeitig zogen sie das Kursziel auf 120 (zuvor 85) Franken nach.

Ich fragte mich damals, ob nach der zweitletzten auch die letzte Verkaufsempfehlung für die Valoren des Rückversicherers noch fallen würde. Seit dem heutigen Freitagmorgen haben wir Gewissheit: Ja, sie fällt. Analyst Ismael Dabo von Morgan Stanley zieht die Reissleine und geht von «Underweight» auf «Neutral». Damit fällt auch die letzte Verkaufsempfehlung für die Swiss-Re-Aktien.

So richtig überzeugt scheint der Analyst dennoch nicht zu sein, ist ihm die hohe Ergebnisanfälligkeit im Nichtleben-Rückversicherungsgeschäft und die grosse Spannweite bei den nächstjährigen Gewinnschätzungen doch sichtlich ein Dorn im Auge. Das Kursziel lautet neuerdings übrigens 134 (zuvor 113) Franken.

Ich wäre nicht überrascht, wenn kommende Woche weitere aufsehenerregende Aktienumstufungen eintreffen würden. Mehr dazu spätestens am nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.
 

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4 Kommentare

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plutos

Der SPI ist aktuell unterbewertet resp. die Big Techs und ein paar andere Anlagen überbewertet. Für mich ist die entscheidende Frage, ob das Wachstum der Big Techs in den USA sich auch auf den breiten Markt überträgt. Das haben wir bisher noch wenig gesehen und warten nun doch schon eine ganze Weile darauf. Sollte das stattfinden, ist der SPI grundsätzlich ein Kauf, weil die Exportnation Schweiz indirekt von einem Wachstumg in der Breite des US Marktes profitiert. Und so werden wir dann auch steigende Umsätze, Gewinne und Kurse in der CH sehen. Bis es soweit ist, sehen wir vielleicht noch mal einen Rücksetzer des SPI, der für einen Ausbau dieser Position interessant sein könnte.

Dem Schweizer Markt zugute kommt auch seine defensiven Werte und der sichere Hafen CHF, die beide in den kommenden Jahren sich abzeichnenden Chaos in der Welt, gesucht sein könnten. Das gäbe zusärztliche Aufwertungsimpulse.

Was aber natürlich nicht heisst, alles auf den SPI zu setzen. Aber eben auch vorsichtig zu sein, bei den US Werten. Die Big Techs sind überbewertet und ein Klumpenrisiko - es muss nur einen verblasen, dann folgt der Rest stehenden Fusses in die Tiefe. Viele Bewertungen sind zudem sehr stark von Heilsversprechen durch KI und VR (Meta) getrieben. Ausser bein NVDA hat bisher nichts davon die Investitionen auch nur annährend zu refinanzieren begonnen. Da lauern grosse Abschreibungsrisiken. Und schaut man sich den breiten US Markt an, so sieht man, dass dieser nicht signifikant besser performt hat, als der SPI. Daher: Es ist nicht alles Gold das glänzt. Auch Gold nicht.

derrückbauer

Danke, sehr interessant, plutos Analysen zu lesen.

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elan

Geschätzter Cash Insider,
Herzlichen Dank für Ihre Einschätzung und Begründung zu den sich häufenden Verkaufsempfehlung von CH Blue Chips.
Ich freue mich jeden Tag auf Ihre fundierten, schonungslosen Beiträge.
Beste Grüße

_cashinsider_

Werter Elan
Vielen Dank für diese Worte. Auf viele weitere "schonungslose" Beiträge :-)
Herzliche Grüsse, der cash Insider

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