Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.
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Treten an Ort – passender als mit dieser müden Floskel liessen sich die letzten Tage am Schweizer Aktienmarkt kaum umschreiben. Am Swiss Market Index (SMI) gemessen notiert er noch immer in etwa dort, wo dieser am Gründonnerstag ins lange Osterwochenende ging. Auch dass sich das renommierte Börsenbarometer dabei in einem engen Handelsband von weniger als 100 Punkten bewegte, spricht Bände – genauso wie die für diese Jahreszeit eher dünnen Umsätze. Selbst die mit Spannung erwarteten US-Konsumentenpreise liessen letztere am Mittwochnachmittag nur mal eben kurz anziehen. Die US-Produzentenpreise tags erwiesen sich gar als ein Nullsummenspiel.
Da erstaunt es mich nicht, wenn das Gerüchte-Karussell langsam aber sicher Fahrt aufnimmt. So mutmasste gestern Donnerstag etwa das kleine Schweizer Börsenportal marktpuls.ch kurz nach sechs Uhr morgens über einen Zusammenschluss von Bâloise mit der Rivalin Helvetia. Offenbar seien die der beiden Erstversicherer bereit, ihre Kräfte zu einem gemeinsamen Unternehmen mit Sitz in Basel zu vereinen.
Vorbörslich schien das Gerücht die Aktienkurse der involvierten Unternehmen allerdings nicht zu bewegen. Und im weiteren Sitzungsverlauf gingen die Kursgewinne aus dem frühen Handel dann nach-und-nach wieder verloren. Auch bei den Warrants tendierte das Interesse gegen Null. Die Börse "kaufe das Gerücht vorerst wohl nicht", wie zu hören ist.
Kursentwicklung der Valoren von Helvetia und Bâloise in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)
Ob wo Rauch ist, auch Feuer ist, bleibe mal dahingestellt. Doch auch mir ist der jüngste Höhenflug der Helvetia-Aktien – noch bis vor wenigen Tagen von auffällig hohen Umsätzen begleitet - nicht entgangen. Neugierig wie ich bin, werde ich vor allem aber die derivatseitigen Aktivitäten im Auge behalten. Diesbezüglich blieb es zuletzt ziemlich ruhig.Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich diese bei Gerüchten gerne als Gradmesser hinzuziehe.
Mir fällt übrigens auf, dass sich bei Bâloise Mitglieder der Geschäftsleitung in den letzten gut zwei Wochen von Aktien im Gesamtwert von knapp einer Million Franken getrennt haben. Auch das will nicht so recht ins Bild passen.
Für Spekulationen anderer Couleur sorgte mein Berufskollege Lukas Hässig von Inside Paradeplatz. Er berichtete davon, dass die UBS die amerikanische Investmentbank J.P. Morgan mit einem möglichen (Teil-)Börsengang des Schweizer Geschäfts der Credit Suisse beauftragt habe. Unter Tidjane Thiam wollte die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken diese Geschäftseinheit oder Teile davon einst ja sogar selbst an die Börse bringen.
Ich muss neidlos eingestehen, dass sich mit einem Börsengang der Credit Suisse Schweiz aus Sicht der UBS gleich mehrere Fliegen mit ein-und-derselben Klappe schlagen liessen. Ich denke da etwa an die politischen Forderungen, aber auch die wettbewerbsrechtlichen Bedenken, die da momentan im Raum stehen. Dennoch frage ich mich, ob das neue Mutterhaus wirklich bereit ist, einfach so mir-nichts-dir-nichts auf die ihm winkenden Synergien verzichten wird.
Denn auch wenn es viele Politikerinnen und Politiker gerne sähen, lässt sich die Zwangsheirat nicht mehr nachverhandeln. Dementsprechend entspannt reagierte gestern Donnerstag auch die Börse auf die Spekulationen gingen die Aktien von UBS und Credit Suisse doch nur leicht höher aus dem Handel.
Apropos UBS: Mit Adam Terelak von Mediobanca Securities sprach diese Woche ein Veteran unter den Bankenanalysten eine Verkaufsempfehlung für die Aktien der grössten Schweizer Bank aus. Mit der Übernahme der Credit Suisse sei die Grossbank für den Finanzplatz Schweiz, nicht aber für die eigenen Aktionäre eingestanden. Er sieht in der Zwangsheirat einen Schlag ins Gesicht letzterer, sind üppige Dividenden und milliardenschwere Aktienrückkäufe damit doch nun erst einmal vom Tisch.
Und auch wenn der Mediobanca-Analyst es nicht explizit schreibt, lässt er zumindest zwischen den Zeilen durchblicken, dass die UBS so etwas wie "Verrat" an sich selber und an den Aktionären begangen habe.
So harsch auch diese Worte sind, so wenig fanden sie Gehör an der Börse. Es machte beinahe den Anschein, als ob die Verkaufsempfehlung ungehört verhallte.
Kommen wir an dieser Stelle aber noch auf die VAT Group zu sprechen. Ich berichtete am Gründonnerstag ja davon, dass die UBS im Hinblick auf die Quartalsumsatzveröffentlichung vor einer möglichen Enttäuschung beim Auftragseingang warnte. Und um es nicht bei Worten zu belassen, strich Analyst Jörn Iffert seine diesbezüglichen Schätzungen damals auf 165 Millionen Franken zusammen.
Seit gestern Donnerstag wissen wir nun, dass die Aufträge beim Vakuumventilehersteller aus dem Rheintal in den vergangenen Monaten regelrecht wegbrachen. Zwischen Januar und März gingen gerade einmal Aufträge in Höhe von 136 Millionen Franken beim Unternehmen ein, was um mehr als 50 Prozent unter dem Vorjahr und klar unter den durchschnittlich von Analysten erwarteten 181 Millionen Franken liegt. Die Differenz ist mitunter der Stornierung zuvor erhaltener Aufträge geschuldet.
Kursentwicklung Aktien der VAT Group seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Und obschon mit 200 bis 230 Millionen Franken auch die Umsatzvorgaben für das laufende Quartal mehrheitlich für enttäuschte Gesichter sorgte, erwiesen sich die Aktien der VAT Group als ziemlich widerstandsfähig. Dasselbe gilt heute Freitag übrigens auch für jene von Comet. Auch der Zulieferer aus Flamatt spürt momentan den Abschwung in der Halbleiterindustrie. Er strebt für dieses Jahr einen Umsatz zwischen 440 und 480 Millionen Franken bei einer operativen Marge (EBITDA) von 13 bis 15 Prozent an. Das liegt unter den von Analysten erwarteten 500 Millionen Franken und 18 Prozent. Nicht eben wenige unter ihnen dürften nun gezwungen sein, bei ihren Schätzungen den dicken Rotstift anzusetzen.
Nächste Woche stehen nur wenige Zahlenkränze an, bevor die Quartalsberichterstattung in der darauffolgenden Woche dann so richtig Fahrt aufnimmt. Mein Interesse gilt insbesondere den Ergebnissen von Sika und Holcim. Doch auch Schindler wird ja bekanntlich eine Enttäuschung nachgesagt. Mehr dazu kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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