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Hinter uns liegen bewegte Tage. Die vielen Unternehmensergebnisse, die Präsidentschaftswahlen in den USA und der Zinsentscheid der dortigen Notenbank – sie alle bewegten hierzulande die Aktienkurse. Auch die vergleichsweise dünnen Handelsumsätze boten einen geradezu idealen Nährboden für stärkere Kursausschläge auf beide Seiten. Die negativen Kursausschläge überwogen dabei, wie ein Blick auf die Liste der Wochenverlierer unschwer erkennen lässt.
Am ärgsten erwischte es die Valoren von Meyer Burger. Für diese ging es – als späte Reaktion auf die tiefroten Halbjahreszahlen vom vergangenen Freitag - um gut 25 Prozent nach unten. Keine 40 Millionen Franken bringt das Solarunternehmen mehr an Börsenwert auf die Waage.
Momentan werden die Aktien neben Research Partners auch noch von der Zürcher Kantonalbank, Octavian, Goldman Sachs, der UBS und Jefferies mitverfolgt. Da wäre ich nicht überrascht, wenn der eine oder andere Analyst die Research-Abdeckung bald einstellen würde. Bis in den Frühsommer hinein hatten einige von ihnen übrigens sogar noch Kaufempfehlungen ausstehen.
Die Kursschwäche der vergangenen Tage dürfte nicht zuletzt auch der politischen Machtverschiebung in Washington geschuldet sein. Mit Gurit ist nämlich ein Zulieferer für Windkraftwerke weit oben auf der Verliererliste von dieser Woche zu finden. Die Valoren des Herstellers von Spezialkunststoffen kosten rund 20 Prozent weniger als vor einer Woche. Der Grund hierfür liegt geradezu auf der Hand: Unter Donald Trump dürfte die amerikanische Energiepolitik womöglich eine 180-Grad-Wende erfahren.
Meyer Burger blickt an der Börse auf eine rabenschwarze Woche zurück (Quelle: www.cash.ch)
Unabhängig davon gerieten in den letzten Tagen auch die Aktien von AMS Osram unter die Räder. Am gestrigen Donnerstag wurden zeitweise Kurse von weniger als 7 Franken bezahlt – so wenig wie noch nie in der Geschichte des Sensorenherstellers.
Der Zahlenkranz für das dritte Quartal bewegte sich zwar sowohl im Rahmen der firmeneigenen Vorgaben als auch der Erwartungen der Analysten. Doch wie schon so oft liess der Ausblick zu wünschen übrig.
Für das Schlussquartal dieses Jahres wird den nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre ein Umsatz zwischen 810 und 910 Millionen Euro bei einer operativen Gewinnmarge (EBITDA) von 15 bis 18 Prozent in Aussicht gestellt. Analysten waren durchschnittlich von einem Umsatz von 930 Millionen Euro sowie einer sequenziellen Margenverbesserung im Vergleich zu den 18,8 Prozent im vergangenen Quartal ausgegangen. Mit anderen Worten: Nicht eben wenige müssen bei ihren Schätzungen einmal mehr den dicken Korrekturstift ansetzen – zumal AMS Osram von einem «voraussichtlich schwachen» ersten Quartal nächsten Jahres ausgeht – was auch immer das bedeuten mag.
Mittlerweile bekommt auch das Reinheft von Firmenchef Aldo Kamper immer mehr Tolggen. Allerdings muss ich zugeben, dass er von seinem langjährigen Vorgänger von Alexander Everke von Beginn weg kein einfaches Erbe vermacht bekommen hat.
Die jüngste Enttäuschung war übrigens eine Enttäuschung mit Ansage. Zum einen trübt sich die Situation in der Automobilindustrie noch immer ein. Durch die milliardenschwere Übernahme von Osram ist die Abhängigkeit vom Automobilzuliefergeschäft deutlich gestiegen. Das rächt sich nun.
Zum anderen wartete der Apple-Auftragsfertiger Foxconn erst kürzlich mit enttäuschenden Zahlen auf. Anstatt den von Analysten prognostizierten 15 Prozent steigerten die Taiwanesen den Umsatz im Oktober «bloss» um knapp neun Prozent. Das wiederum ist dem überraschend schleppenden Absatz der neusten Generation von iPhones geschuldet.
Als der für die UBS tätige Analyst Harry Blaiklock die Aktien von AMS Osram vor wenigen Wochen mit einem 12-Monats-Kursziel von 16 (zuvor 12) Franken von «Neutral» auf «Buy» heraufstufte, schrieb ich, dass sich vor ihm schon so mancher Berufskollege an den Valoren des Sensorenherstellers versuchte – und man sich stets die Finger verbrannte. Folglich wünschte ich ihm damals, dass seine Kaufempfehlung doch unter einem günstigeren Stern stehe. Meine Wünsche wurden wohl nicht erhört...
Kommen wir an dieser Stelle auf die vielen Börsengerüchte zu sprechen. Gestern Donnerstag etwa berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass der Einstieg des Finanzinvestors Cevian Capital bei Baloise das Interesse ausländischer Versicherungsgiganten wie Axa oder Allianz geweckt habe. Auch der Name Zurich Insurance fiel – was von Firmenchef Mario Greco rund um den Zwischenbericht fürs dritte Quartal allerdings umgehend dementiert wurde.
Als Baloise im September die neue Strategie kommunizierte, begegnete ich dieser mit folgenden Worten:
Ich kann mir gut vorstellen, dass Cevian Capital auch einem Verkauf des Baloise-Pakets ins Ausland nicht abgeneigt wäre – sofern denn der Preis stimmt. Getreu dem Motto: Lieber den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach.
Beeindruckende Kursentwicklung der Baloise-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Die Finanzwertespezialisten von Keefe Bruyette & Woods bringen einen weiteren möglichen Käufer für Baloise ins Spiel: Generali. Der italienische Versicherungsgigant musste in der Vergangenheit auch schon als finanzkräftiger Interessent herhalten. Aus der Sicht des zuständigen Analysten William Hawkins wäre Generali das geradezu perfekte Mutterhaus für Baloise. Und das auch aus geografischer Sicht.
Nach der Zahlenenttäuschung vom Dienstag gerät auch Adecco ins Zentrum von Spekulationen. Dabei dreht sich alles um die Ausschüttungspolitik. Der Stellenvermittler werde nicht um eine einschneidende Dividendenkürzung herumkommen, wie es heisst.
Kräftig Öl ins Spekulationsfeuer giesst Vontobel-Analyst Michael Foeth. Er preist die Aktien zwar wie bis anhin zum Kauf an, streicht seine diesjährigen Dividendenschätzungen gleichzeitig jedoch auf 1 (zuvor 2,50) Franken je Titel zusammen. Das Kursziel lautet neuerdings noch 35 (zuvor 43) Franken.
Die neuen Dividendenannahmen entsprechen knapp 60 Prozent des voraussichtlichen Jahresgewinns – und zu aktuellen Kursen einer Dividendenrendite von etwas mehr als 4 Prozent.
Losgetreten hat diese Spekulationen der für die Deutsche Bank tätige Analyst Jon Bell. In einem Kommentar schreibt er, dass er Sika vor dem nächsten Firmenkauf wähnt. Er stuft die Aktien des Bauchemiespezialisten in Vorfreude darauf mit «Buy» und einem Kursziel von 325 Franken ein.
Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich kein Freund milliardenschwerer Firmenübernahmen bin. Früher gefiel mir die Akquisitionspolitik Sikas deutlich besser, zielte diese doch auf kleinere und damit auf «leicht verdaubare Happen» ab.
Im Hinblick auf nächste Woche bin ich nun gespannt, ob das Gerüchtekarussell weiter Fahrt aufnimmt. Mehr dazu nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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